Nächste Woche ist Allerseelen – und da bietet sich vorab schon ein Thema an: die schier unausrottbaren grammatikalischen Fehler in Todesanzeigen.
Besonders augenfällig sind die falschen Bezüge: Ein Satz wie Nach langer Krankheit nehmen wir Abschied von unserem geliebten Vater steht da häufig. Das ist natürlich Unsinn. Denn der Vater war lange krank – nicht die Schar der Hinterbliebenen.
Aus demselben Grund verbietet sich auch eine Formulierung wie Tief erschüttert und für uns alle unfassbar verschied unsere Tochter. Da ist allenfalls die Familie tief erschüttert, aber nicht die Tote.
Gegen solche Patzer ist selbst der Allerhöchste nicht gefeit: Versehen mit den Sterbesakramenten, hat Gott unsere gute Mutter erlöst oder Gott der Herr hat kurz nach dem Ableben seiner Frau auch unseren Onkel zu sich geholt – diese Formulierungen sind zwar abstrus, aber alltäglich.
Und weil es so schön ist: Gott hat seinen treuen Hubertusjünger in die ewigen Jagdgründe abberufen stand einmal in einer Anzeige für einen verblichenen Waidmann. Hier stimmte zwar der Bezug, aber die Bilder waren durcheinander geraten. Entweder sind wir im deutschen Wald oder bei den Indianern.
Nun passieren solche Fehler in der Aufregung nach einem Todesfall. Da denkt keiner an sprachliche Finessen. Aber dann sollten es andere tun. Zum einen gilt es Stilblüten dieser Art in den Musterordnern von Bestattungsunternehmen oder Anzeigenabteilungen ausmerzen. Zum anderen geht es um Beratung. Wenn ein Sohn seiner Mutter gedenken will, die im Alter von 99 Jahren unverhofft gestorben ist, so sollte ihm jemand von dieser Formulierung abraten – um ihn nicht der Lächerlichkeit auszusetzen.
Etwas anderes ist es, wenn jemand noch zu Lebzeiten seine Todesanzeige aufgesetzt hat und sie unbedingt so abgedruckt sehen will. Meine Urgroßmutter hatte schon Jahre vor ihrem Ableben den ihr genehmen, in punkto Selbsteinschätzung recht pointierten Text verfasst: Am …. des Jahres … verstarb im Alter von …. Jahren die allseits beliebte und hoch geachtete Altkronenwirtin Anna Maier geborene Glunz. In ihrem arbeitsreichen Leben hatte sie zwölf Kinder geboren und war ihnen stets eine gute, treusorgende Mutter gewesen. So wollte sie es haben, und so geschah es auch. Da biss die Maus keinen Faden ab.
Apropos Maus: "Aus die Maus" heißt eine von Christian Sprang herausgegebene Sammlung von skurrilen Todesanzeigen, der ob des großen Erfolgs die Bücher "Wir sind unfassbar" und "Ich mach mich vom Acker" gefolgt sind. Sie demonstrieren, dass die früher eher unüblichen Anzeigen in der Ich-Form im Vormarsch sind.
Nur drei markante Beispiele: Ich habe es geschafft, Ich bin dann mal weg, und besonders lakonisch: Ich bin tot.
Da kann man grammatikalisch nicht mehr viel falsch machen.
Freitag, 18. Oktober 2013
Keine Mitra ohne Stola
Während sich dieser Tage Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst in Richtung Vatikan aufmachte, flog ein anderer hoher geistlicher Würdenträger in die Gegenrichtung: Abtprimas Notker Wolf, der weltweit Oberste aller Benediktiner, kam aus Rom zum Leutkircher „Talk im Bock“, einer weit über die Grenzen der Region hinaus beachteten, hochkarätig beschickten Reihe.
Und der aus dem Allgäu stammende Star-Mönch machte, wie bei ihm gewohnt, eine sehr gute Figur – ob beim Gespräch, an der Querflöte oder im schwarzen Skapulier.
Skapulier? Im Bericht unserer Zeitung über seinen denkwürdigen Auftritt war es richtig geschrieben, wohlgemerkt. Was aber gar nicht so selbstverständlich ist, denn sehr oft stößt man auf die unfreiwillig komische Variante dieses Wortes: Skalpulier.
Skapulier kommt nicht von Skalp
Nun ist dieser Name eines Kleidungstücks von Ordensleuten nicht gerade alltäglich. Er steht für den langen Umhang aus zwei hinten und vorne herunterhängenden Stoffbahnen, der von Mönchen oder Nonnen über ihrem Gewand getragen wird und oft auch mit einer Kapuze versehen ist.
Aber mit einem Skalp hat das Skapulier natürlich nichts zu tun. Da geht mit manchen wohl die Erinnerung an Karl May durch. Dieses englische Wort für die Kopfhaut mitsamt den Haaren, die in manchen alten Kulturen, vor allem bei den Indianern, als Trophäe im Kampf galt, stammt vielmehr aus Skandinavien.
Auch zum Skalpell besteht keinerlei Bezug. Das chirurgische Instrument hat seinen Namen vom lateinischen scalpellum, einer Verkleinerungsform von scalprum = das Messer, Meißel. Das Skapulier hingegen geht auf die lateinische Wurzel scapelarium zurück. So nannten die Römer ein Schulterkleid – von scapula = das Schulterblatt, was bei uns auch der medizinische Fachausdruck für diesen Teil des Knochengerüsts ist.
Sinnfällige Symbolik
Aus dem Lateinischen kommen eben die meisten Ausdrücke für die Bekleidung des geistlichen Standes, wobei hier die oft sehr sinnfällige Symbolik eine große Rolle spielt – vor allem bei liturgischen Handlungen. Kasel (casula = Häuschen, Zelt) heißt das Messgewand und erinnert somit an das Zeltheiligtum, das die Israeliten des Alten Testaments bei ihrer Wüstenwanderung mit sich führten.
Die Albe (alba = weiß) ist das Kleid unter der Kasel und soll die anzustrebende Reinheit des Herzens symbolisieren.
Unter Manipel (manipulus = eine Hand voll) versteht man das steife Stück Stoff am Handgelenk, das auf das Schweißtuch des Arbeiters in Gottes Weinberg anspielt.
Und die Stola (stola = Rüstung, Kleidung), die als schalartige Binde um den Hals gelegt wird, deutet man als das Joch Christi, das der Priester in aller Bescheidenheit und Demut auf sich nehmen soll.
Machtfülle und Bescheidenheit
In aller Bescheidenheit und Demut. Wenn in den letzten Wochen Bilder von Tebartz-van Elst durch die Medien gingen, so trug er oft eine Mitra (ursprünglich griechisch für Stirnbinde, Turban). Diese typische, spitz zulaufende Kopfbedeckung der Bischöfe lässt sich aus Herrschaftszeichen der Antike herleiten und demonstriert vor allem Machtfülle.
Keiner in der Kirche trägt allerdings jemals eine Mitra ohne Stola. Vielleicht war dem Limburger Bischof diese enge Verbindung nicht klar genug.
Und der aus dem Allgäu stammende Star-Mönch machte, wie bei ihm gewohnt, eine sehr gute Figur – ob beim Gespräch, an der Querflöte oder im schwarzen Skapulier.
Skapulier? Im Bericht unserer Zeitung über seinen denkwürdigen Auftritt war es richtig geschrieben, wohlgemerkt. Was aber gar nicht so selbstverständlich ist, denn sehr oft stößt man auf die unfreiwillig komische Variante dieses Wortes: Skalpulier.
Skapulier kommt nicht von Skalp
Nun ist dieser Name eines Kleidungstücks von Ordensleuten nicht gerade alltäglich. Er steht für den langen Umhang aus zwei hinten und vorne herunterhängenden Stoffbahnen, der von Mönchen oder Nonnen über ihrem Gewand getragen wird und oft auch mit einer Kapuze versehen ist.
Aber mit einem Skalp hat das Skapulier natürlich nichts zu tun. Da geht mit manchen wohl die Erinnerung an Karl May durch. Dieses englische Wort für die Kopfhaut mitsamt den Haaren, die in manchen alten Kulturen, vor allem bei den Indianern, als Trophäe im Kampf galt, stammt vielmehr aus Skandinavien.
Auch zum Skalpell besteht keinerlei Bezug. Das chirurgische Instrument hat seinen Namen vom lateinischen scalpellum, einer Verkleinerungsform von scalprum = das Messer, Meißel. Das Skapulier hingegen geht auf die lateinische Wurzel scapelarium zurück. So nannten die Römer ein Schulterkleid – von scapula = das Schulterblatt, was bei uns auch der medizinische Fachausdruck für diesen Teil des Knochengerüsts ist.
Sinnfällige Symbolik
Aus dem Lateinischen kommen eben die meisten Ausdrücke für die Bekleidung des geistlichen Standes, wobei hier die oft sehr sinnfällige Symbolik eine große Rolle spielt – vor allem bei liturgischen Handlungen. Kasel (casula = Häuschen, Zelt) heißt das Messgewand und erinnert somit an das Zeltheiligtum, das die Israeliten des Alten Testaments bei ihrer Wüstenwanderung mit sich führten.
Die Albe (alba = weiß) ist das Kleid unter der Kasel und soll die anzustrebende Reinheit des Herzens symbolisieren.
Unter Manipel (manipulus = eine Hand voll) versteht man das steife Stück Stoff am Handgelenk, das auf das Schweißtuch des Arbeiters in Gottes Weinberg anspielt.
Und die Stola (stola = Rüstung, Kleidung), die als schalartige Binde um den Hals gelegt wird, deutet man als das Joch Christi, das der Priester in aller Bescheidenheit und Demut auf sich nehmen soll.
Machtfülle und Bescheidenheit
In aller Bescheidenheit und Demut. Wenn in den letzten Wochen Bilder von Tebartz-van Elst durch die Medien gingen, so trug er oft eine Mitra (ursprünglich griechisch für Stirnbinde, Turban). Diese typische, spitz zulaufende Kopfbedeckung der Bischöfe lässt sich aus Herrschaftszeichen der Antike herleiten und demonstriert vor allem Machtfülle.
Keiner in der Kirche trägt allerdings jemals eine Mitra ohne Stola. Vielleicht war dem Limburger Bischof diese enge Verbindung nicht klar genug.
Freitag, 11. Oktober 2013
Von Vatikanbankern und Doppelweibern
Bei der Vatikanbank wurden rund 1000 illegitime Konten entdeckt, verkündete Spiegel Online Anfang der Woche. So richtig verwunderlich sei das aber nicht, schon lange stehe das Institut im Verdacht, dass dort illegale Transaktionen in Milliardenhöhe getätigt werden.
Hier interessiert nun der Gebrauch von illegitim und illegal. Während das Wort illegal bei mafiösen Mauscheleien logisch erscheint, ist der Begriff illegitime Konten zumindest ungewöhnlich.
Beide Wörter gehen auf lateinisch lex, legis = Gesetz zurück. Illegal kam im Sinn von ungesetzlich, gesetzwidrig, unrechtmäßig im 17. Jahrhundert als Entsprechung von lateinisch illegalis ins Deutsche. Aber kurze Zeit später wurde ein zweites Mal auf diesen Wortstamm zurückgegriffen und für die gehobene Rechtssprache der Begriff illegitim (lateinisch illegitimus) entlehnt. Illegitim heißt ebenfalls ungesetzlich, aber die Betonung liegt nicht so sehr auf dem Gesetzesverstoß – und deswegen setzte der Spiegel-Journalist es hier ein.
Im Gebrauch gibt es also Nuancen. So brennt jemand wohl illegal Schnaps, aber nicht illegitim. Auf der anderen Seite spricht man von einer illegitimen Thronfolge, aber nicht von einer illegalen.
Allgemein bekannt geworden ist das Wort illegitim aber vor allem im Sinn von unehelich, wobei heute – weil der Begriff uneheliches Kind abwertend klingt – immer häufiger von nichtehelichen Kindern gesprochen wird.
Schließlich kennen wir illegitim auch noch in der Bedeutung nicht vertretbar, nicht berechtigt.
Da bietet sich heute ein schöner Beispielsatz an: Ist es illegitim, die Frage zu stellen, wozu ein Bischof einen 31 Millionen teuren Palast braucht?
Palast ist ein gutes Stichwort, wenn es um solche Bedeutungsverschiebungen bei doppelten Entlehnungen geht. Bleiben wir beim lateinischen Erbe: Auf palatium beruhen zwei Wörter : zum einen Pfalz, ein Begriff für die Residenzen deutscher Herrscher im Mittelalter, zum anderen Palas/Palast, von 1100 an die Bezeichnung für die Herrschaftsräume einer Burg und später für ein Schloss. Sowohl der Pfeiler (frei stehende Säule) als auch der jüngere Spezialbegriff Pilaster (flacher Wandpfeiler) gehen auf pilarium zurück.
Aus moneta wurde schon sehr früh unser Wort Münze, und als Moneten tauchte es ein zweites Mal im 18.Jahrhundert auf.
Dichten und diktieren kommen beide von dictare, was so viel heißt wie etwas zum Nachschreiben vorsagen.
In doppelt steckt auch eine lateinische Wurzel: duplus. Die brachte uns noch das Fachwort Duplex und auf dem Umweg über das Französische auch Wörter wie Double und Doublette.
Da fällt einem ein hübsches Dada-Poem von Kurt Schwitters ein:
Hier interessiert nun der Gebrauch von illegitim und illegal. Während das Wort illegal bei mafiösen Mauscheleien logisch erscheint, ist der Begriff illegitime Konten zumindest ungewöhnlich.
Beide Wörter gehen auf lateinisch lex, legis = Gesetz zurück. Illegal kam im Sinn von ungesetzlich, gesetzwidrig, unrechtmäßig im 17. Jahrhundert als Entsprechung von lateinisch illegalis ins Deutsche. Aber kurze Zeit später wurde ein zweites Mal auf diesen Wortstamm zurückgegriffen und für die gehobene Rechtssprache der Begriff illegitim (lateinisch illegitimus) entlehnt. Illegitim heißt ebenfalls ungesetzlich, aber die Betonung liegt nicht so sehr auf dem Gesetzesverstoß – und deswegen setzte der Spiegel-Journalist es hier ein.
Im Gebrauch gibt es also Nuancen. So brennt jemand wohl illegal Schnaps, aber nicht illegitim. Auf der anderen Seite spricht man von einer illegitimen Thronfolge, aber nicht von einer illegalen.
Allgemein bekannt geworden ist das Wort illegitim aber vor allem im Sinn von unehelich, wobei heute – weil der Begriff uneheliches Kind abwertend klingt – immer häufiger von nichtehelichen Kindern gesprochen wird.
Schließlich kennen wir illegitim auch noch in der Bedeutung nicht vertretbar, nicht berechtigt.
Da bietet sich heute ein schöner Beispielsatz an: Ist es illegitim, die Frage zu stellen, wozu ein Bischof einen 31 Millionen teuren Palast braucht?
Palast ist ein gutes Stichwort, wenn es um solche Bedeutungsverschiebungen bei doppelten Entlehnungen geht. Bleiben wir beim lateinischen Erbe: Auf palatium beruhen zwei Wörter : zum einen Pfalz, ein Begriff für die Residenzen deutscher Herrscher im Mittelalter, zum anderen Palas/Palast, von 1100 an die Bezeichnung für die Herrschaftsräume einer Burg und später für ein Schloss. Sowohl der Pfeiler (frei stehende Säule) als auch der jüngere Spezialbegriff Pilaster (flacher Wandpfeiler) gehen auf pilarium zurück.
Aus moneta wurde schon sehr früh unser Wort Münze, und als Moneten tauchte es ein zweites Mal im 18.Jahrhundert auf.
Dichten und diktieren kommen beide von dictare, was so viel heißt wie etwas zum Nachschreiben vorsagen.
In doppelt steckt auch eine lateinische Wurzel: duplus. Die brachte uns noch das Fachwort Duplex und auf dem Umweg über das Französische auch Wörter wie Double und Doublette.
Da fällt einem ein hübsches Dada-Poem von Kurt Schwitters ein:
Der Herr von DoppelmoppelNur noch der Vollständigkeit halber: Falls er mit dem Doppelweib keine zweite Ehe einging, so galt das nicht als illegal. Wenn ihr Doppelzeitvertreib allerdings Kinder zeitigte, so waren diese illegitim.
hat alle Dinge doppel.
Er hat ein Doppelkinn
mit Doppelgrübchen drin.
Er führt ein Doppelleben,
das zweite stets daneben.
Er hat ein Doppelweib
zum Doppelzeitvertreib.
Der Herr von Doppelmoppel
hat eben alles doppel.
Freitag, 4. Oktober 2013
Das zweigeteilte Muttiland
Von der deutschen Einheit war gestern naturgemäß andauernd die Rede. Man habe zwar schon sehr viel erreicht, aber es gebe auch Felder, auf denen die Trennung noch nicht überwunden sei. In der Tat. Geht es zum Beispiel um die Koseformen für Mutter, so ist Deutschland weiter zweigeteilt. In den westlichen Bundesländern nennen laut einer Umfrage 57 Prozent ihre Mutter Mama, aber nur rund 21 Prozent Mutti. In der Ex-DDR ist es fast genau umgekehrt: 55 Prozent sagen Mutti und 24 Prozent Mama.
Nun ist das zum einen logisch: Mutti wurde schon immer eher im Norden und vor allem im Nordosten gebraucht, und zwar ganz stark in Sachsen. Im Süden dagegen blieb es eine Randerscheinung. Aber Sprachforscher führen noch eine andere Erklärung an: Danach habe sich die schon zur NS-Zeit sehr beliebte Mutti eher in den totalitären sozialistischen Staat hinüber gerettet als in die nach 1945 völlig umgekrempelte BRD – und das wirke nach.
In einem Punkt ist dieser Unterschied heute allerdings verwischt: Wenn Angela Merkel als Mutti apostrophiert wird, haben wir ein gesamtdeutsches Phänomen. Wobei hier eine hochinteressante Doppeldeutigkeit entstanden ist: Auch unzufriedene Unionspolitiker haben schon immer gerne über die Mutti gelästert, wenn ihnen etwas gegen den Strich ging.
Vor der Wahl aber versuchten ihre Gegner in der Politik, den Medien und den Internet-Foren, dieses Mutti mit einem verächtlichem bis hämischen Unterton zu verwenden – als Synonym für Rückständigkeit, Behäbigkeit, Transusigkeit, Trotteligkeit… Und dieselben Gegner waren es, die nun nach dem fulminanten Wahlsieg in ein spöttisches Deutschland, einig Muttiland! ausgebrochen sind, weil jetzt diese unerträgliche Bemutterung weitergehe.
Andere wiederum – ebenfalls aus den Reihen der Merkel-Skeptiker – hatten zuvor eindringlich vor diesem vermeintlichen Schlagetot-Wort Mutti gewarnt. Denn da klinge auch Verlässlichkeit an, Vertrautheit, Dankbarkeit, Unantastbarkeit, und das könne kontraproduktiv wirken. Wenn man so will, sind sie bestätigt worden: Nicht zuletzt die Annahme, die Kanzlerin habe sich um Deutschland bestens gekümmert und werde dies auch weiter tun, trieb ihr die Wähler zu. Gerade in Kommentaren des Auslands klang übrigens die Bewunderung für diese mütterliche Vorsorge an, die die Deutschen wohl bei Angela Merkel schätzten – und das obwohl sie ja nicht einmal Mutter ist.
Wenn einst der erste deutsche Bundespräsident als Papa Heuss tituliert wurde, so hatte das übrigens ebenfalls mit diesem Element der verlässlichen Vorsorge zu tun. Man hätte auch Opa Heuss sagen können, so großväterlich-gütig wirkte er. Das werden wir bei Angela Merkel allerdings kaum mehr erleben. Wenn die Zeichen nicht trügen, tritt sie 2017 nicht mehr an.
Also nichts mit Deutschland, einig Omaland.
Nun ist das zum einen logisch: Mutti wurde schon immer eher im Norden und vor allem im Nordosten gebraucht, und zwar ganz stark in Sachsen. Im Süden dagegen blieb es eine Randerscheinung. Aber Sprachforscher führen noch eine andere Erklärung an: Danach habe sich die schon zur NS-Zeit sehr beliebte Mutti eher in den totalitären sozialistischen Staat hinüber gerettet als in die nach 1945 völlig umgekrempelte BRD – und das wirke nach.
In einem Punkt ist dieser Unterschied heute allerdings verwischt: Wenn Angela Merkel als Mutti apostrophiert wird, haben wir ein gesamtdeutsches Phänomen. Wobei hier eine hochinteressante Doppeldeutigkeit entstanden ist: Auch unzufriedene Unionspolitiker haben schon immer gerne über die Mutti gelästert, wenn ihnen etwas gegen den Strich ging.
Vor der Wahl aber versuchten ihre Gegner in der Politik, den Medien und den Internet-Foren, dieses Mutti mit einem verächtlichem bis hämischen Unterton zu verwenden – als Synonym für Rückständigkeit, Behäbigkeit, Transusigkeit, Trotteligkeit… Und dieselben Gegner waren es, die nun nach dem fulminanten Wahlsieg in ein spöttisches Deutschland, einig Muttiland! ausgebrochen sind, weil jetzt diese unerträgliche Bemutterung weitergehe.
Andere wiederum – ebenfalls aus den Reihen der Merkel-Skeptiker – hatten zuvor eindringlich vor diesem vermeintlichen Schlagetot-Wort Mutti gewarnt. Denn da klinge auch Verlässlichkeit an, Vertrautheit, Dankbarkeit, Unantastbarkeit, und das könne kontraproduktiv wirken. Wenn man so will, sind sie bestätigt worden: Nicht zuletzt die Annahme, die Kanzlerin habe sich um Deutschland bestens gekümmert und werde dies auch weiter tun, trieb ihr die Wähler zu. Gerade in Kommentaren des Auslands klang übrigens die Bewunderung für diese mütterliche Vorsorge an, die die Deutschen wohl bei Angela Merkel schätzten – und das obwohl sie ja nicht einmal Mutter ist.
Wenn einst der erste deutsche Bundespräsident als Papa Heuss tituliert wurde, so hatte das übrigens ebenfalls mit diesem Element der verlässlichen Vorsorge zu tun. Man hätte auch Opa Heuss sagen können, so großväterlich-gütig wirkte er. Das werden wir bei Angela Merkel allerdings kaum mehr erleben. Wenn die Zeichen nicht trügen, tritt sie 2017 nicht mehr an.
Also nichts mit Deutschland, einig Omaland.
(Seite 1 von 1, insgesamt 4 Einträge)
Kommentare