"Ich habe einen solchen Rochus auf die Bayern", so explodierte ein Dortmund-Fußballfan am Dienstagmorgen, als er vom Transfer Mario Götzes in Richtung Bayern München hörte. Wer will es ihm verargen – und wer will es nun einem Sprachglossenschreiber verargen, wenn es hier ein Thema wittert. Denn wie Stichproben ergeben, angefangen beim Autor selbst, ist der Hintergrund dieser Redensart eher unbekannt. Man weiß wohl, dass es dabei um eine Stinkwut geht, aber mehr nicht.
Hat der Ausdruck mit Rochus zu tun, dem großen Pestheiligen der katholischen Kirche? Könnte ja sein, denkt man zunächst. Zurzeit wünschen mit Sicherheit Abertausende von Borussen aus dem Pott den großkopferten Lederhosenkickern wegen des Götze-Raubs die Pestilenz an den Hals. Aber der scheidet als Pate für die Redensart definitiv aus. Dieser Rochus war ein reicher Franzose des 14. Jahrhunderts, der sein Vermögen an die Armen verschenkte, die Franziskanerkutte anzog und auf Pilgerfahrt nach Rom aufopferungsvoll Pestkranke pflegte, bis er selbst angesteckt wurde.
Der Ursprung ist wieder einmal das Rotwelsche, jene seit 1250 nachweisbare Sondersprache auf deutscher Basis, die sich gesellschaftliche Randgruppen zur Abgrenzung schufen und in der sich viele Einsprengsel aus anderen Sprachen finden – vor allem aus dem Jiddischen. So kommt Rochus ganz einfach vom jiddischen rauches für Zorn.
Für dieses Phänomen, beim Rotwelschen auf eine falsche Fährte gelockt zu werden, gibt es ja mehrere bekannte Beispiele: Wo der Barthel den Most holt ist eine gängige Redensart. Aber da geht kein durstiger Bartholomäus in den Keller, sondern ein Dieb auf Tour – Barsel ist jiddisch das Brecheisen, Moos das Geld.
Auch können Pleitegeier nicht fliegen. Pleite kommt vom jiddischen pleto = Flucht, weil man sich einem drohenden Bankrott gern durch die Flucht entzieht, und jiddisch Gejer ist schlichtweg Geher.
Die Saure-Gurken-Zeit hat nichts mit grünem Gemüse zu tun, sondern soll auf die beiden hebräischen Wörter sarot (Leiden) und jakrut (Teuerung) zurückgehen.
Und bei Ölgötze als Ausdruck für einen steif dasitzenden Menschen sehen manche Sprachforscher neben anderen Erklärungen auch eine Herkunft von ol joez, was jiddisch hoher Rat heißt.
Apropos Ölgötze: Jener Mario Götze spielte am Mittwoch gegen Madrid alles andere als ölig, sondern war allein schon mit seiner Flanke auf Robert Lewandowski zum 1:0 einer der Garanten für die Sause in Schwarz-Gelb. Real-Trainer José Mourinhos finstere Miene nach dem Spiel sprach jedenfalls Bände: Der hat einen Riesenrochus auf seine Mannen.
Freitag, 19. April 2013
Gedanken zum Gedankenstrich
Im gewichtigen Band 31 von Meyers Enzyklopädischem Lexikon ist zum Thema Gedankenstrich ein einziges Beispiel angegeben: "Leck mich am – !" Das ist in seiner derben Direktheit nicht zu überbieten, aber es führt auch direkt zum Kern: Wie das Wort Gedankenstrich schon sagt, stand dieses Satzzeichen früher vor allem für etwas, das nicht niedergeschrieben wurde. Ein Strich reichte, und man ergänzte in Gedanken das Richtige.
Nehmen wir nur einmal den berühmtesten Gedankenstrich der deutschen Literatur, den Heinrich von Kleist in seiner 1808 erschienenen wunderbaren Novelle "Die Marquise von O…" setzte: Während der napoleonischen Kriege erstürmt eine Rotte russischer Soldaten einen Palast in Oberitalien, in dem auch besagte Marquise wohnt. Ein russischer Graf bringt die völlig erschöpfte Dame vor der Soldateska in Sicherheit. Und dann folgt der Satz:
Heute hat der Gedankenstrich mehr Funktionen als nur die Auslassung, und weil hier der Wildwuchs wuchert, ein paar Anmerkungen: Eine wichtige Aufgabe des Halbgeviertstrichs, wie er im Deutsch der Schriftsetzer heißt, ist das Markieren von Einschüben zur näheren Erklärung oder zur Hervorhebung.
Ein aktuelles Beispiel:
Auch ein ganzer Satz lässt sich zwischen zwei Gedankenstrichen einschieben.
Was man noch beachten muss: Ob nach dem ersten Gedankenstrich eines Einschubs ein Satz mit Prädikat, also gebeugtem Verb, folgt oder ohne Prädikat, der Anfang wird immer kleingeschrieben. Wenn allerdings ein Gedankenstrich in einer Zeitungsunterzeile zwei verschiedene inhaltliche Blöcke trennt, wird nach dem Gedankenstrich großgeschrieben:
Eine wichtige Funktion des Gedankenstrichs ist zudem das kurze Innehalten vor einer unerwarteten Wende oder einem ironischen Schlenker. Ein hübsches Beispiel:
Manche Stuttgarter haben übrigens den Sieg von Mittwochabend schon wieder als Bestätigung ihres geliebten Schlachtrufs interpretiert: "Wir können alles – außer Hochdeutsch."
Ein möglicher Konter der frustrierten Freiburger wäre: "Ihr könnt alles – außer Badisch." Das wäre gedankenstrichtechnisch ebenso richtig, nützt den Breisgauern jetzt aber leider nichts mehr.
Da bietet sich dann nur noch die Kurzform an: "Ihr könnt uns – !" Auch richtig, und auch sehr direkt. Siehe oben!
Nehmen wir nur einmal den berühmtesten Gedankenstrich der deutschen Literatur, den Heinrich von Kleist in seiner 1808 erschienenen wunderbaren Novelle "Die Marquise von O…" setzte: Während der napoleonischen Kriege erstürmt eine Rotte russischer Soldaten einen Palast in Oberitalien, in dem auch besagte Marquise wohnt. Ein russischer Graf bringt die völlig erschöpfte Dame vor der Soldateska in Sicherheit. Und dann folgt der Satz:
"Hier – traf er, da bald darauf ihre erschrockenen Frauen erschienen, Anstalten, einen Arzt zu rufen; versicherte, indem er sich den Hut aufsetzte, dass sie sich bald erholen würde; und kehrte in den Kampf zurück."Dezenter kann man nicht andeuten, dass der edle Retter en passant die ohnmächtige Marquise schwängerte.
Heute hat der Gedankenstrich mehr Funktionen als nur die Auslassung, und weil hier der Wildwuchs wuchert, ein paar Anmerkungen: Eine wichtige Aufgabe des Halbgeviertstrichs, wie er im Deutsch der Schriftsetzer heißt, ist das Markieren von Einschüben zur näheren Erklärung oder zur Hervorhebung.
Ein aktuelles Beispiel:
"Freiburgs Trainer Christian Streich – sonst immer für ein Bonmot gut – war nach dem verlorenen Pokalhalbfinale ziemlich bedient."
Auch ein ganzer Satz lässt sich zwischen zwei Gedankenstrichen einschieben.
"Freiburgs Trainer Christian Streich – er lässt sich sonst ja kein Bonmot entgehen – war nach dem verlorenen Pokalhalbfinale ziemlich bedient."Was der Duden auch erlaubt:
"Freiburgs Trainer Christian Streich fürchtet – wohl nicht zu Unrecht –, dass jetzt ein Ausverkauf seiner guten Spieler droht."Diese direkte Abfolge von zweitem Gedankenstrich und Komma vor dem Relativpronomen ist für Sprachästheten allerdings gewöhnungsbedürftig.
Was man noch beachten muss: Ob nach dem ersten Gedankenstrich eines Einschubs ein Satz mit Prädikat, also gebeugtem Verb, folgt oder ohne Prädikat, der Anfang wird immer kleingeschrieben. Wenn allerdings ein Gedankenstrich in einer Zeitungsunterzeile zwei verschiedene inhaltliche Blöcke trennt, wird nach dem Gedankenstrich großgeschrieben:
"Bittere Niederlage des SC Freiburg – Zum Saisonende droht Ausverkauf".
Eine wichtige Funktion des Gedankenstrichs ist zudem das kurze Innehalten vor einer unerwarteten Wende oder einem ironischen Schlenker. Ein hübsches Beispiel:
"Er bekam ein Zimmer mit fließend Wasser – an den Wänden."Diese Pointe zündet ja nur, wenn ein Gedankenstrich gesetzt wird. Aber übertreiben darf man diese Stilfigur nicht, sonst schleift sich die Wirkung schnell ab.
Manche Stuttgarter haben übrigens den Sieg von Mittwochabend schon wieder als Bestätigung ihres geliebten Schlachtrufs interpretiert: "Wir können alles – außer Hochdeutsch."
Ein möglicher Konter der frustrierten Freiburger wäre: "Ihr könnt alles – außer Badisch." Das wäre gedankenstrichtechnisch ebenso richtig, nützt den Breisgauern jetzt aber leider nichts mehr.
Da bietet sich dann nur noch die Kurzform an: "Ihr könnt uns – !" Auch richtig, und auch sehr direkt. Siehe oben!
Freitag, 12. April 2013
Die Tomate als Ethnophaulismus!
Warum sind eigentlich Tomaten treulos? Eine gute Frage – und nicht so einfach zu beantworten. Viele Redensarten, die mit Pflanzen, mit Blumen, Obst und Gemüse zu tun haben, sind ja in der Regel leicht herzuleiten. Warum jemand eine Pflaume, eine Mimose oder ein Mauerblümchen ist, eine taube Nuss, ein süßes Früchtchen oder eine alte Zwiebel, rein wie eine Lilie, blau wie ein Veilchen oder scharf wie ein Rettich erschließt sich jeweils ohne längere sprachgeschichtliche Sondierungen. Desgleichen, warum man sich in die Nesseln setzt, eingeht wie eine Primel, das Gras wachsen hört oder sich auf den Lorbeeren ausruht. Alles kein Problem.
Aber es gibt dann doch Redewendungen, die sich nicht auf Anhieb selbst erklären. Jemanden über den grünen Klee loben, also seine guten Eigenschaften fast übertrieben herauszustreichen, hat mit der alten Symbolik des Klees zu tun. Er galt mit seiner tiefgrünen Farbe schon immer als Inbegriff der Frische und des kräftigen Gedeihens, war also sehr positiv besetzt.
Wenn mit jemand nicht gut Kirschen essen ist, so geht das auf frühere Zeiten zurück, als die Kirsche noch ein Luxusgut war und allenfalls in Schloss- und Klostergärten angebaut wurde. Zu verstehen ist die Redensart als eine Warnung vor zu vertraulichem Umgang mit den hohen Herren, die Untergebene nur zu gerne mit Kirschkernen bombardierten.
Und nun zur treulosen Tomate. Da gibt es drei Lesarten: Vielleicht hat die Redensart damit zu tun, dass die ersten Tomatenanbauer in unseren Breiten ihre Schwierigkeiten mit diesem exotischen Gemüse hatten und zunächst meinten, es lohne ihre Mühe nicht.
Die zweite, weniger plausible Erklärung bezieht sich auf die alte Bezeichnung Paradies- oder Liebesapfel für die Tomate. Weil man damals meinte, Tomaten seien giftig, wäre dann treulos eine Umschreibung für die vergiftete, enttäuschte Liebe.
Am wahrscheinlichsten ist jedoch, dass die treulose Tomate aus dem Ersten Weltkrieg stammt. Weil das eigentlich mit Deutschland und Ungarn-Österreich verbündete Italien nicht in den Krieg eingriff und sich 1915 gar noch auf die Seite der Alliierten schlug, galten die Italiener als wortbrüchig und treulos. Da sie den Anbau der problematischen Tomaten schon perfektioniert hatten und diese zudem lustvoll verzehrten, wurden sie damit identifiziert.
Wenn das stimmt, so ist diese Redensart also alles andere als freundlich. Im Gegenteil: Wir haben es dann mit einem sogenannten Ethnophaulismus zu tun. So heißt das schöne Fremdwort für abwertende Bezeichnungen von Nationalitäten (griechisch ethnos = Volk, phaulis = wertlos, böse), mit denen sich so trefflich Ersatzkriege führen lassen. Deswegen sollte man mit ihnen sehr vorsichtig umgehen. Wir mögen es ja auch nicht, wenn die Italiener Wurstel zu uns sagen.
Übrigens hat diese Plauderei rein gar nichts zu tun mit dem Spiel von Bayern München gegen Juventus Turin am Mittwochabend. Oder doch? Da hatten Juve-Spieler zuvor in der Tat den „Krieg“ gegen die Bajuwaren ausgerufen. Auch ein Missgriff. Aber der Krieg blieb dann aus. Die Italiener verloren allerdings. Und warum? Gegen diese Bayern war einfach kein Kraut gewachsen.
Aber es gibt dann doch Redewendungen, die sich nicht auf Anhieb selbst erklären. Jemanden über den grünen Klee loben, also seine guten Eigenschaften fast übertrieben herauszustreichen, hat mit der alten Symbolik des Klees zu tun. Er galt mit seiner tiefgrünen Farbe schon immer als Inbegriff der Frische und des kräftigen Gedeihens, war also sehr positiv besetzt.
Wenn mit jemand nicht gut Kirschen essen ist, so geht das auf frühere Zeiten zurück, als die Kirsche noch ein Luxusgut war und allenfalls in Schloss- und Klostergärten angebaut wurde. Zu verstehen ist die Redensart als eine Warnung vor zu vertraulichem Umgang mit den hohen Herren, die Untergebene nur zu gerne mit Kirschkernen bombardierten.
Und nun zur treulosen Tomate. Da gibt es drei Lesarten: Vielleicht hat die Redensart damit zu tun, dass die ersten Tomatenanbauer in unseren Breiten ihre Schwierigkeiten mit diesem exotischen Gemüse hatten und zunächst meinten, es lohne ihre Mühe nicht.
Die zweite, weniger plausible Erklärung bezieht sich auf die alte Bezeichnung Paradies- oder Liebesapfel für die Tomate. Weil man damals meinte, Tomaten seien giftig, wäre dann treulos eine Umschreibung für die vergiftete, enttäuschte Liebe.
Am wahrscheinlichsten ist jedoch, dass die treulose Tomate aus dem Ersten Weltkrieg stammt. Weil das eigentlich mit Deutschland und Ungarn-Österreich verbündete Italien nicht in den Krieg eingriff und sich 1915 gar noch auf die Seite der Alliierten schlug, galten die Italiener als wortbrüchig und treulos. Da sie den Anbau der problematischen Tomaten schon perfektioniert hatten und diese zudem lustvoll verzehrten, wurden sie damit identifiziert.
Wenn das stimmt, so ist diese Redensart also alles andere als freundlich. Im Gegenteil: Wir haben es dann mit einem sogenannten Ethnophaulismus zu tun. So heißt das schöne Fremdwort für abwertende Bezeichnungen von Nationalitäten (griechisch ethnos = Volk, phaulis = wertlos, böse), mit denen sich so trefflich Ersatzkriege führen lassen. Deswegen sollte man mit ihnen sehr vorsichtig umgehen. Wir mögen es ja auch nicht, wenn die Italiener Wurstel zu uns sagen.
Übrigens hat diese Plauderei rein gar nichts zu tun mit dem Spiel von Bayern München gegen Juventus Turin am Mittwochabend. Oder doch? Da hatten Juve-Spieler zuvor in der Tat den „Krieg“ gegen die Bajuwaren ausgerufen. Auch ein Missgriff. Aber der Krieg blieb dann aus. Die Italiener verloren allerdings. Und warum? Gegen diese Bayern war einfach kein Kraut gewachsen.
Freitag, 5. April 2013
Osterlachen mit Nachhall
Hatten wir an diesem Ostersonntagmorgen Grund zum Lachen? Als das Thermometer unter 0 Grad anzeigte? Als leise der Schnee rieselte? Da konnte einem das Lachen vergehen.
Dabei hat der Ostermorgen sehr wohl etwas mit Humor zu tun. Zumindest hatte er es über Jahrhunderte hinweg, und die Erinnerung daran ist noch nicht ganz verblasst. Vom Risus paschalis spricht man, vom Osterlachen, und gemeint ist damit ein aus dem späten Mittelalter stammender Brauch, die Gläubigen bei der Auferstehungsfeier zum Lachen zu bringen. Nach sieben Wochen Fasten und dem traurigen Geschehen des Karfreitags sollten die Menschen angesichts der Freude über die Auferstehung Christi befreit auflachen können.
"Wir wollen alle fröhlich sein in dieser österlichen Zeit", so heißt es noch heute in einem Kirchenlied. Die Gläubigen des 14. und 15. Jahrhunderts nahmen dies allerdings viel wörtlicher, direkter, naiver. Zu feiern galt es den Sieg über den Tod, und da kam dann auch eine gute Portion Schadenfreude mit ins Spiel. Als ob der Heiland dem Gevatter Tod ein Schnippchen geschlagen hätte…
In höhnischen Gedichten und lockeren Schwänken machte man den Sensenmann zum Gespött – tiefenpsychologisch allerdings auch nicht ganz unverständlich in einer Zeit der Pestseuchen mit ihren Hekatomben von Toten.
Schließlich wurden diese Bräuche aber immer derber, die Späße immer obszöner, und die Kirchen hallten am Ostermorgen wohl oft von wieherndem Gelächter wider. In Basel soll 1518 ein Pfarrer gar auf allen Vieren und quiekend wie ein Schwein durch das Münster gerannt sein. Dass es gerade der Basler Reformator und Zwingli-Freund Johannes Oekolampad war, der schon vor dem protestantischen Bildersturm von 1529 einen flammenden Appell gegen die Unsitte des risus paschalis verfasste, kann dann nicht verwundern.
Die evangelische Entrüstung über die Entweihung des Gottesdienstes scheint aber auch bei der katholischen Gegenseite ein Umdenken eingeleitet zu haben. Die Exzesse nahmen mit der Zeit ab, von den Osterpossen blieben allenfalls sogenannte Ostermärlein, kleine witzige Geschichten, die in die Osterpredigten eingestreut wurden, um die Kirchgänger zum Schmunzeln zu bringen. Zwischendurch fast zum Erliegen gekommen, flackern diese amüsanten Einsprengsel heute da und dort wieder auf.
Gegen Humor im kirchlichen Umfeld ist ja eigentlich auch nichts einzuwenden. Da gibt es hübsche Beispiele, gerade mit Bezug zur Osterzeit:
Ein selbsternannter Dichter hat für eine ländliche Gemeinde ein Passionsspiel geschrieben, das mit der Ölbergszene am Gründonnerstagabend anhebt: Jesus und seine Jünger weilen im Garten Gethsemane. Da nahen die Schergen des Hohepriesters, um Jesus zu verhaften. Ein mutiger Jünger tritt hervor und fragt ihren Anführer: "Wen suchet ihr?" Und der Hauptmann antwortet: "Wir suchen den Herrn Jesum Christ, der für uns gestorben und auferstanden ist."
Es darf gelacht werden.
Dabei hat der Ostermorgen sehr wohl etwas mit Humor zu tun. Zumindest hatte er es über Jahrhunderte hinweg, und die Erinnerung daran ist noch nicht ganz verblasst. Vom Risus paschalis spricht man, vom Osterlachen, und gemeint ist damit ein aus dem späten Mittelalter stammender Brauch, die Gläubigen bei der Auferstehungsfeier zum Lachen zu bringen. Nach sieben Wochen Fasten und dem traurigen Geschehen des Karfreitags sollten die Menschen angesichts der Freude über die Auferstehung Christi befreit auflachen können.
"Wir wollen alle fröhlich sein in dieser österlichen Zeit", so heißt es noch heute in einem Kirchenlied. Die Gläubigen des 14. und 15. Jahrhunderts nahmen dies allerdings viel wörtlicher, direkter, naiver. Zu feiern galt es den Sieg über den Tod, und da kam dann auch eine gute Portion Schadenfreude mit ins Spiel. Als ob der Heiland dem Gevatter Tod ein Schnippchen geschlagen hätte…
In höhnischen Gedichten und lockeren Schwänken machte man den Sensenmann zum Gespött – tiefenpsychologisch allerdings auch nicht ganz unverständlich in einer Zeit der Pestseuchen mit ihren Hekatomben von Toten.
Schließlich wurden diese Bräuche aber immer derber, die Späße immer obszöner, und die Kirchen hallten am Ostermorgen wohl oft von wieherndem Gelächter wider. In Basel soll 1518 ein Pfarrer gar auf allen Vieren und quiekend wie ein Schwein durch das Münster gerannt sein. Dass es gerade der Basler Reformator und Zwingli-Freund Johannes Oekolampad war, der schon vor dem protestantischen Bildersturm von 1529 einen flammenden Appell gegen die Unsitte des risus paschalis verfasste, kann dann nicht verwundern.
Die evangelische Entrüstung über die Entweihung des Gottesdienstes scheint aber auch bei der katholischen Gegenseite ein Umdenken eingeleitet zu haben. Die Exzesse nahmen mit der Zeit ab, von den Osterpossen blieben allenfalls sogenannte Ostermärlein, kleine witzige Geschichten, die in die Osterpredigten eingestreut wurden, um die Kirchgänger zum Schmunzeln zu bringen. Zwischendurch fast zum Erliegen gekommen, flackern diese amüsanten Einsprengsel heute da und dort wieder auf.
Gegen Humor im kirchlichen Umfeld ist ja eigentlich auch nichts einzuwenden. Da gibt es hübsche Beispiele, gerade mit Bezug zur Osterzeit:
Ein selbsternannter Dichter hat für eine ländliche Gemeinde ein Passionsspiel geschrieben, das mit der Ölbergszene am Gründonnerstagabend anhebt: Jesus und seine Jünger weilen im Garten Gethsemane. Da nahen die Schergen des Hohepriesters, um Jesus zu verhaften. Ein mutiger Jünger tritt hervor und fragt ihren Anführer: "Wen suchet ihr?" Und der Hauptmann antwortet: "Wir suchen den Herrn Jesum Christ, der für uns gestorben und auferstanden ist."
Es darf gelacht werden.
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