Alles fliegt
Der Morgen Gold im Munde hat, ich aber fühl' mich hundematt.
Wie viel Wahrheit in diesem Schüttelreim liegt, kann einem manchmal schmerzlich bewusst werden. Zum Beispiel, wenn eine dicke, schwarze Fliege die Nacht irgendwo im Schlafzimmer verbracht hat und sich morgens - sobald die ersten Sonnenstrahlen durch die Rollläden blitzen - auf den hauptsächlichen Daseinszweck eines Insekts aus der Familie der Brachycera besinnt: Fliegen fliegen. Also fliegt sie.
Da sie auch den hartnäckigsten Nachstellungen trotzt und fortan immer nervöser umherschwirrt, ist an Schlaf nicht mehr zu denken. Stattdessen geht einem allerhand durch den Kopf. Zum Beispiel ein Vers des US-Dichters Ogden Nash aus den 1960ern: The Lord in his wisdom made the fly, but then forgot to tell us why. Auf Deutsch: Der Herr in seiner Weisheit schuf die Fliege, vergaß dann aber, uns zu erklären, warum. Wie leicht zu erkennen, war jener Nash ein kongenialer Bruder im Geiste von Heinz Erhardt, und der Tiefendimension solcher Nonsens-Poesie kann man sich kaum verschließen.
Aber auch der Satz Fliegen fliegen gibt Anlass zum Sinnieren. In seiner Kürze wird er nur noch von Sätzen wie Tu es oder Ich bin übertroffen. Dazu kommt noch die Besonderheit, dass das Subjekt Fliegen und das Prädikat fliegen identisch sind. Deshalb gibt es ja auch jene uralte Rätselfrage aus Pennälerzeiten nach einem Satz mit sechs identischen Wörtern in Folge. Die Lösung: Wenn hinter Fliegen Fliegen fliegen, fliegen Fliegen Fliegen nach.
Dass französisch prendre la mouche (wörtlich: die Fliege nehmen) auf Deutsch sich furchtbar aufregen heißt, passt übrigens auch noch hierher. Man kann sich in der Tat furchtbar aufregen über ein derart lästiges Biest. Dabei gibt es doch eine probate Lösung: Man öffnet das Fenster - und wie zur Bestätigung einer beliebten deutschen Redensart macht die Fliege flugs die Fliege.
Apropos: Da derzeit ein Großteil der urlaubsreifen Nation die Fliege macht, wollen wir uns mitsamt den Sprachplaudereien anschließen. Spätestens nach dem 8. September - An Maria Geburt fliegen die Schwalben furt - fliegen wir dann wieder ein.
Freitag, 24. Juli 2015
Nichts geht mehr!
Nichts geht mehr!
In der Plauderei der letzten Woche war kurz die Rede vom Vabanquespiel. Dieser Begriff scheint nicht jedem geläufig zu sein, und so kommen wir auf ihn zurück - mit dem Nebeneffekt, hier zur Abwechslung mal eine Lanze für das Französische zu brechen.
Denn wie rasant die Amerikanisierung bei uns fortschreitet, mögen drei Beispiele aus den letzten Tagen beweisen: Erfrischung to go stand auf dem Aldi-Prospekt, der aus der Zeitung purzelte. Am Friseurladen hing am Montag das Schild Closed. Und wie die derzeit allerorten prangenden Plakate nahelegen, fiel den beiden Allgäukrimi-Fließbandproduzenten Kobr und Klüpfel wohl nichts Besseres ein, als ihre neue Tour My Klufti zu nennen. Nebenbei bemerkt: Warum ihr Buch Grimmbart heißt, obwohl sich der alte Name des Dachses in der Fabel Grimbart schreibt, erschließt sich eigentlich nicht - falls es nicht eine Unachtsamkeit ist, die sich eben einschleicht, wenn vor lauter Lit-Comedy-Show das heimische Idiom ins Hintertreffen gerät.
Aber jetzt zum Thema: Va banque spielen kennen wir in der Bedeutung alles wagen, um alles zu gewinnen oder alles zu verlieren; alles auf eine Karte setzen; alles aufs Spiel setzen; ein hohes Risiko eingehen. Die Wendung - genau übersetzt: es gilt die Bank - stammt aus dem 18. Jahrhundert, als das gesellschaftliche Leben noch sehr stark von Frankreich aus bestimmt wurde. Quelle ist der Jargon der Glücksspieler. Beim Vabanquespiel setzt man alles ein, was man hat, genauer gesagt: man spielt um die Bank, also um den gesamten Einsatz am betreffenden Spieltisch.
Überhaupt verdanken wir der Sprache unserer Nachbarn jenseits des Rheins einige Fachausdrücke aus dem Innenleben der Casinos - vor allem beim Roulette. Man setzt auf Pair (gerade) oder Impair (ungerade), auf Cheval (zwei Zahlen) oder Carré (vier Zahlen). Man folgt dem Croupier, wenn er sein Faites vos jeux! (Macht euer Spiel) verkündet, und man folgt ihm erneut - manche auch nur widerwillig - beim finalen Rien ne va plus! (Nichts geht mehr).
Zurück zum Vabanquespiel: Angeblich fiel das Wort zwischen Hermann Göring und Adolf Hitler, nachdem England den Deutschen 1939 den Krieg erklärt hatte. Göring riet Hitler eindringlich: "Wir wollen doch das Vabanquespiel lassen.", worauf Hitler antwortete: "Ich habe in meinem Leben immer va banque gespielt." Wohl wahr.
Am Schluss hieß es auch Nichts geht mehr! - und ein ganzes Volk hatte verloren.
In der Plauderei der letzten Woche war kurz die Rede vom Vabanquespiel. Dieser Begriff scheint nicht jedem geläufig zu sein, und so kommen wir auf ihn zurück - mit dem Nebeneffekt, hier zur Abwechslung mal eine Lanze für das Französische zu brechen.
Denn wie rasant die Amerikanisierung bei uns fortschreitet, mögen drei Beispiele aus den letzten Tagen beweisen: Erfrischung to go stand auf dem Aldi-Prospekt, der aus der Zeitung purzelte. Am Friseurladen hing am Montag das Schild Closed. Und wie die derzeit allerorten prangenden Plakate nahelegen, fiel den beiden Allgäukrimi-Fließbandproduzenten Kobr und Klüpfel wohl nichts Besseres ein, als ihre neue Tour My Klufti zu nennen. Nebenbei bemerkt: Warum ihr Buch Grimmbart heißt, obwohl sich der alte Name des Dachses in der Fabel Grimbart schreibt, erschließt sich eigentlich nicht - falls es nicht eine Unachtsamkeit ist, die sich eben einschleicht, wenn vor lauter Lit-Comedy-Show das heimische Idiom ins Hintertreffen gerät.
Aber jetzt zum Thema: Va banque spielen kennen wir in der Bedeutung alles wagen, um alles zu gewinnen oder alles zu verlieren; alles auf eine Karte setzen; alles aufs Spiel setzen; ein hohes Risiko eingehen. Die Wendung - genau übersetzt: es gilt die Bank - stammt aus dem 18. Jahrhundert, als das gesellschaftliche Leben noch sehr stark von Frankreich aus bestimmt wurde. Quelle ist der Jargon der Glücksspieler. Beim Vabanquespiel setzt man alles ein, was man hat, genauer gesagt: man spielt um die Bank, also um den gesamten Einsatz am betreffenden Spieltisch.
Überhaupt verdanken wir der Sprache unserer Nachbarn jenseits des Rheins einige Fachausdrücke aus dem Innenleben der Casinos - vor allem beim Roulette. Man setzt auf Pair (gerade) oder Impair (ungerade), auf Cheval (zwei Zahlen) oder Carré (vier Zahlen). Man folgt dem Croupier, wenn er sein Faites vos jeux! (Macht euer Spiel) verkündet, und man folgt ihm erneut - manche auch nur widerwillig - beim finalen Rien ne va plus! (Nichts geht mehr).
Zurück zum Vabanquespiel: Angeblich fiel das Wort zwischen Hermann Göring und Adolf Hitler, nachdem England den Deutschen 1939 den Krieg erklärt hatte. Göring riet Hitler eindringlich: "Wir wollen doch das Vabanquespiel lassen.", worauf Hitler antwortete: "Ich habe in meinem Leben immer va banque gespielt." Wohl wahr.
Am Schluss hieß es auch Nichts geht mehr! - und ein ganzes Volk hatte verloren.
Freitag, 17. Juli 2015
Mal Mordlust, mal Mordslust
Was goht mi mei saudomms Gschwätz vo geschtern a!" Von Reinhold Maier, Baden-Württembergs erstem Ministerpräsidenten, stammt dieser für einen Politiker eher peinliche Ausspruch. Aber auch beim Duden scheint man manchmal nach dieser Devise zu verfahren. Unvergessen ist das Einknicken beim lange Zeit zu Recht verlästerten sogenannten Deppen-Apostroph nach der Rechtschreibreform. Früher ein Unding, war Willi's Würstchenbude plötzlich erlaubt - "zur Verdeutlichung der Grundform eines Eigennamens".
Aha.
Dieser Tage war nun in einer Zeitung wieder einmal von der Unions-Kanzlerin die Rede, was eigentlich Unsinn ist. Aber siehe da, auch hier hat der Duden eine Kehrtwendung gemacht. Früher war der Bindestrich nach einem Fugen-s verpönt. Zur Verdeutlichung: Damit sich Laute besser hintereinander sprechen lassen, haben sich sogenannte Fugenelemente herausgebildet. Bei besagter Unionskanzlerin ist es das s, damit die Abfolge von n und k leichter über die Lippen geht.
Dasselbe Phänomen haben wir in Worten wie Tagesanfang, Hundesteuer, Kinderwunsch, Opernball, Herzensanliegen etc. 30 Prozent unserer Komposita oder zusammengesetzten Hauptwörter sind so gebildet. Und weil diese Fugenelemente beim Verschmelzen der Wortteile helfen sollen, ist der Bindestrich eigentlich kontraproduktiv.
Aber was liest man im Duden Nr. 9 "Richtiges und gutes Deutsch" von 2011? Bei Komposita, die durch ein Fugen-s gegliedert werden, gebe es zwar im Allgemeinen keinen Bindestrich. Allerdings könne man aus Gründen der Übersichtlichkeit einen setzen. Also Schulspartags-Verlosung statt Schulspartagsverlosung. Nichts gegen den Bindestrich aus Gründen der Übersichtlichkeit, aber hier grenzt er an Willkür.
Ein Streit um Kaisers Bart? Leider nein. Es sind gerade solche Fälle des Zulassens von wachsweichen Varianten, die Rechtschreibung heute mehr und mehr zum Vabanquespiel machen und vielen als Entschuldigung dienen für eine zunehmende Wurstigkeit im Umgang mit unserer Sprache. Das kann eigentlich niemand recht sein - schon gar nicht Sprachhütern.
Noch ein Nachklapp: Bei einigen Wörtern verändert sich der Sinn, je nachdem, ob sie ein Fugen-s haben oder nicht. So gibt es den Landmann (Landwirt), aber auch den Landsmann (Kompatriot).
Und ein weiteres einschlägiges Wortpärchen: Der Islamisten-Organisation IS im Nahen Osten wird derzeit zu Recht Mordlust unterstellt. Eine Mordslust auf Eis hingegen ist in diesen Tagen normal.
Was goht mi mei saudomms Gschwätz vo geschtern a!" Von Reinhold Maier, Baden-Württembergs erstem Ministerpräsidenten, stammt dieser für einen Politiker eher peinliche Ausspruch. Aber auch beim Duden scheint man manchmal nach dieser Devise zu verfahren. Unvergessen ist das Einknicken beim lange Zeit zu Recht verlästerten sogenannten Deppen-Apostroph nach der Rechtschreibreform. Früher ein Unding, war Willi's Würstchenbude plötzlich erlaubt - "zur Verdeutlichung der Grundform eines Eigennamens".
Aha.
Dieser Tage war nun in einer Zeitung wieder einmal von der Unions-Kanzlerin die Rede, was eigentlich Unsinn ist. Aber siehe da, auch hier hat der Duden eine Kehrtwendung gemacht. Früher war der Bindestrich nach einem Fugen-s verpönt. Zur Verdeutlichung: Damit sich Laute besser hintereinander sprechen lassen, haben sich sogenannte Fugenelemente herausgebildet. Bei besagter Unionskanzlerin ist es das s, damit die Abfolge von n und k leichter über die Lippen geht.
Dasselbe Phänomen haben wir in Worten wie Tagesanfang, Hundesteuer, Kinderwunsch, Opernball, Herzensanliegen etc. 30 Prozent unserer Komposita oder zusammengesetzten Hauptwörter sind so gebildet. Und weil diese Fugenelemente beim Verschmelzen der Wortteile helfen sollen, ist der Bindestrich eigentlich kontraproduktiv.
Aber was liest man im Duden Nr. 9 "Richtiges und gutes Deutsch" von 2011? Bei Komposita, die durch ein Fugen-s gegliedert werden, gebe es zwar im Allgemeinen keinen Bindestrich. Allerdings könne man aus Gründen der Übersichtlichkeit einen setzen. Also Schulspartags-Verlosung statt Schulspartagsverlosung. Nichts gegen den Bindestrich aus Gründen der Übersichtlichkeit, aber hier grenzt er an Willkür.
Ein Streit um Kaisers Bart? Leider nein. Es sind gerade solche Fälle des Zulassens von wachsweichen Varianten, die Rechtschreibung heute mehr und mehr zum Vabanquespiel machen und vielen als Entschuldigung dienen für eine zunehmende Wurstigkeit im Umgang mit unserer Sprache. Das kann eigentlich niemand recht sein - schon gar nicht Sprachhütern.
Noch ein Nachklapp: Bei einigen Wörtern verändert sich der Sinn, je nachdem, ob sie ein Fugen-s haben oder nicht. So gibt es den Landmann (Landwirt), aber auch den Landsmann (Kompatriot).
Und ein weiteres einschlägiges Wortpärchen: Der Islamisten-Organisation IS im Nahen Osten wird derzeit zu Recht Mordlust unterstellt. Eine Mordslust auf Eis hingegen ist in diesen Tagen normal.
Freitag, 10. Juli 2015
Auf ein Vollkornwasser!
"Mach mr a leichte Weiße!" Der Sangesfreund weiß, was ihm frommt, als er nach der schweißtreibenden Chorprobe in der Allgäuer Stammkneipe der Bedienung ruft. Nur nicht zu viel Alkohol gegen den schnellen Durst in diesen verfrühten Hundstagen! Ein weiser Entschluss. Aber uns soll etwas anderes beschäftigen: das Geschlecht des Getränks. Feminine Alkoholika sind bei uns nämlich eine Rarität. Ob es nun am eher männlichen Griff zur Flasche liegt, wollen wir hier in Zeiten der Gender-Diskussion lieber offen lassen - bloß keine sprachspezifischen Blutfehden zwischen TrinkerInnen. Aber auffallend ist das Ganze schon.
Ob bei Weinen oder Spirituosen, die maskulinen Formen überwiegen. Der Wein, der Riesling, der Traminer, der Bordeaux, der Valpolicella, der Lacrimae Christi, der Tokayer, der Sekt, der Champagner, der Veuve Cliquot, der Prosecco, der Cidre, der Schnaps, der Wodka, der Kirsch, der Williams, der Korn, der Cognac, der Whiskey, der Gin, der Bitter, der Rum, der Tequila, der Sherry, der Likör, der Caipirinha…
Beim Suchen nach weiblichen Pendants tut man sich schwer. Die Bloody Mary passt hierher, jener Cocktail aus Wodka, Tomatensaft und scharfen Gewürzen, den sich schon Ernest Hemingway hinter die Binde goss. Auch die Liebfrauenmilch, die vor 250 Jahren noch ein berühmter Weißwein aus Rheinhessen war, aber längst zur Massenware verkommen ist. Und natürlich die Bowle, wie man ein Mischgetränk auf Wein- oder Sektbasis nennt, weil es in einem bowl (englisch für Schale) serviert wird. Zu Nierentischzeiten sehr beliebt, ist sie heute eher aus der Mode gekommen. Aber wer weiß, vielleicht rollt demnächst eine Bowlen-Retro-Welle an und man schnippelt wieder alles Mögliche in die Schüssel.
Da loben wir uns doch das Bier nach dem deutschen Reinheitsgebot - das Bier, wohlgemerkt, denn Bier ist sächlich: das Pils, das Export, das Lager, das Kölsch, das Helle, das Blonde, das Urquell, das Ale, das Guinness - und das Weizen, um wieder ins Allgäu zurückzukehren.
Aber warum nun die Weiße? Berühmt ist die Berliner Weiße, jene meist mit Waldmeister- oder Himbeersirup versetzte Spezialität von der Spree.
Allerdings hat man auch im Süden schon immer Weiße zum Weizenbier gesagt. Nur nebenbei: Weizen und weiß sind sprachgeschichtlich eng verwandt. Der Weizen hat seinen Namen von seinem besonders weißen Mehl.
Eine Leichte Weiße bieten heute viele Brauereien an. Und die alkoholfreie Variante gibt es auch. Vollkornwasser nennt sie ein Allgäuer Schultes.
Also auf ein Vollkornwasser - falls die nächsten Hundstage noch toller werden.
"Mach mr a leichte Weiße!" Der Sangesfreund weiß, was ihm frommt, als er nach der schweißtreibenden Chorprobe in der Allgäuer Stammkneipe der Bedienung ruft. Nur nicht zu viel Alkohol gegen den schnellen Durst in diesen verfrühten Hundstagen! Ein weiser Entschluss. Aber uns soll etwas anderes beschäftigen: das Geschlecht des Getränks. Feminine Alkoholika sind bei uns nämlich eine Rarität. Ob es nun am eher männlichen Griff zur Flasche liegt, wollen wir hier in Zeiten der Gender-Diskussion lieber offen lassen - bloß keine sprachspezifischen Blutfehden zwischen TrinkerInnen. Aber auffallend ist das Ganze schon.
Ob bei Weinen oder Spirituosen, die maskulinen Formen überwiegen. Der Wein, der Riesling, der Traminer, der Bordeaux, der Valpolicella, der Lacrimae Christi, der Tokayer, der Sekt, der Champagner, der Veuve Cliquot, der Prosecco, der Cidre, der Schnaps, der Wodka, der Kirsch, der Williams, der Korn, der Cognac, der Whiskey, der Gin, der Bitter, der Rum, der Tequila, der Sherry, der Likör, der Caipirinha…
Beim Suchen nach weiblichen Pendants tut man sich schwer. Die Bloody Mary passt hierher, jener Cocktail aus Wodka, Tomatensaft und scharfen Gewürzen, den sich schon Ernest Hemingway hinter die Binde goss. Auch die Liebfrauenmilch, die vor 250 Jahren noch ein berühmter Weißwein aus Rheinhessen war, aber längst zur Massenware verkommen ist. Und natürlich die Bowle, wie man ein Mischgetränk auf Wein- oder Sektbasis nennt, weil es in einem bowl (englisch für Schale) serviert wird. Zu Nierentischzeiten sehr beliebt, ist sie heute eher aus der Mode gekommen. Aber wer weiß, vielleicht rollt demnächst eine Bowlen-Retro-Welle an und man schnippelt wieder alles Mögliche in die Schüssel.
Da loben wir uns doch das Bier nach dem deutschen Reinheitsgebot - das Bier, wohlgemerkt, denn Bier ist sächlich: das Pils, das Export, das Lager, das Kölsch, das Helle, das Blonde, das Urquell, das Ale, das Guinness - und das Weizen, um wieder ins Allgäu zurückzukehren.
Aber warum nun die Weiße? Berühmt ist die Berliner Weiße, jene meist mit Waldmeister- oder Himbeersirup versetzte Spezialität von der Spree.
Allerdings hat man auch im Süden schon immer Weiße zum Weizenbier gesagt. Nur nebenbei: Weizen und weiß sind sprachgeschichtlich eng verwandt. Der Weizen hat seinen Namen von seinem besonders weißen Mehl.
Eine Leichte Weiße bieten heute viele Brauereien an. Und die alkoholfreie Variante gibt es auch. Vollkornwasser nennt sie ein Allgäuer Schultes.
Also auf ein Vollkornwasser - falls die nächsten Hundstage noch toller werden.
Freitag, 3. Juli 2015
Griechische Windbeutel
Mit welchen Kraftausdrücken derzeit an den Stammtischen über Alexis Tsipras und Gianis Varoufakis hergezogen wird, wollen wir hier nicht näher ausführen - das gebietet uns der Anstand. Aber wenn einmal ein hoch angesehener, verdienter, ansonsten immer um Ausgewogenheit bemühter Journalist wie der ARD-Brüssel-Korrespondent Rolf-Dieter Krause von Mistkerlen spricht, ist - um es mal schwäbisch zu sagen - gnueg Hei unte. Da klingen Bezeichnungen wie Hasardeure oder Zocker, die dieser Tage ebenfalls in aller Munde sind, noch geradezu harmlos. Aber weil wir hier bekanntlich gerne Wortwurzeln bloßlegen, sind sie uns eine kurze Betrachtung wert.
Wer Französisch in der Schule gelernt hat, kennt den Ausdruck par hasard für zufällig, willkürlich, und genau dasselbe bedeutet auch das englische by hazard. Dieses hasard steckt in unseren Hasardeuren, wie man zu Leuten sagt, die leichtsinnig bis mutwillig etwas aufs Spiel setzen. Entlehnt haben die Franzosen das alte Wort - wohl auf dem Umweg über das Spanische - aus dem Arabischen. Yasara, in anderer Schreibweise az-zahr, heißt Würfelspiel. Wahrscheinlich brachten es die Mauren schon im frühen Mittelalter aus dem Orient auf die iberische Halbinsel mit.
Ein Erbstück aus dem Jiddischen dagegen ist zocken, ebenfalls mit der Bedeutung sein Glück im Spiel versuchen. Irgendwann tauchte dieses Wort in der Gaunersprache auf, und ein Zocker war fortan ein Glücksspieler mit dem Hang zum Risiko. In manchen früheren Nachschlagewerken sucht man dieses Zocken übrigens vergeblich. Wieder in Schwang gekommen ist der Begriff vor allem in den letzten Jahren. Da wird - huch, wie verrucht! - in allen Lebenslagen gezockt, was das Zeug hält. Ob am Pokertisch, an der Börse, in der Liebe - oder eben in der Politik .
Noch mal zurück ins Schwäbische: Auch auf dem Markt am Montagmorgen waren die jüngsten Finten der beiden Griechen ein Thema. Da sagte die eine Frau aufgebracht zur anderen: "Des send doch zwei Windbeitl!", und es kam kein Widerspruch.
Um einen alten Pennälerwitz zu bemühen: Was ist die Steigerung von Windbeutel? Antwort: Sturmsäcke.
Bei den Herren T und V neigt man zu Letzterem.
Mit welchen Kraftausdrücken derzeit an den Stammtischen über Alexis Tsipras und Gianis Varoufakis hergezogen wird, wollen wir hier nicht näher ausführen - das gebietet uns der Anstand. Aber wenn einmal ein hoch angesehener, verdienter, ansonsten immer um Ausgewogenheit bemühter Journalist wie der ARD-Brüssel-Korrespondent Rolf-Dieter Krause von Mistkerlen spricht, ist - um es mal schwäbisch zu sagen - gnueg Hei unte. Da klingen Bezeichnungen wie Hasardeure oder Zocker, die dieser Tage ebenfalls in aller Munde sind, noch geradezu harmlos. Aber weil wir hier bekanntlich gerne Wortwurzeln bloßlegen, sind sie uns eine kurze Betrachtung wert.
Wer Französisch in der Schule gelernt hat, kennt den Ausdruck par hasard für zufällig, willkürlich, und genau dasselbe bedeutet auch das englische by hazard. Dieses hasard steckt in unseren Hasardeuren, wie man zu Leuten sagt, die leichtsinnig bis mutwillig etwas aufs Spiel setzen. Entlehnt haben die Franzosen das alte Wort - wohl auf dem Umweg über das Spanische - aus dem Arabischen. Yasara, in anderer Schreibweise az-zahr, heißt Würfelspiel. Wahrscheinlich brachten es die Mauren schon im frühen Mittelalter aus dem Orient auf die iberische Halbinsel mit.
Ein Erbstück aus dem Jiddischen dagegen ist zocken, ebenfalls mit der Bedeutung sein Glück im Spiel versuchen. Irgendwann tauchte dieses Wort in der Gaunersprache auf, und ein Zocker war fortan ein Glücksspieler mit dem Hang zum Risiko. In manchen früheren Nachschlagewerken sucht man dieses Zocken übrigens vergeblich. Wieder in Schwang gekommen ist der Begriff vor allem in den letzten Jahren. Da wird - huch, wie verrucht! - in allen Lebenslagen gezockt, was das Zeug hält. Ob am Pokertisch, an der Börse, in der Liebe - oder eben in der Politik .
Noch mal zurück ins Schwäbische: Auch auf dem Markt am Montagmorgen waren die jüngsten Finten der beiden Griechen ein Thema. Da sagte die eine Frau aufgebracht zur anderen: "Des send doch zwei Windbeitl!", und es kam kein Widerspruch.
Um einen alten Pennälerwitz zu bemühen: Was ist die Steigerung von Windbeutel? Antwort: Sturmsäcke.
Bei den Herren T und V neigt man zu Letzterem.
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