Mal Mordlust, mal Mordslust
Was goht mi mei saudomms Gschwätz vo geschtern a!" Von Reinhold Maier, Baden-Württembergs erstem Ministerpräsidenten, stammt dieser für einen Politiker eher peinliche Ausspruch. Aber auch beim Duden scheint man manchmal nach dieser Devise zu verfahren. Unvergessen ist das Einknicken beim lange Zeit zu Recht verlästerten sogenannten Deppen-Apostroph nach der Rechtschreibreform. Früher ein Unding, war Willi's Würstchenbude plötzlich erlaubt - "zur Verdeutlichung der Grundform eines Eigennamens".
Aha.
Dieser Tage war nun in einer Zeitung wieder einmal von der Unions-Kanzlerin die Rede, was eigentlich Unsinn ist. Aber siehe da, auch hier hat der Duden eine Kehrtwendung gemacht. Früher war der Bindestrich nach einem Fugen-s verpönt. Zur Verdeutlichung: Damit sich Laute besser hintereinander sprechen lassen, haben sich sogenannte Fugenelemente herausgebildet. Bei besagter Unionskanzlerin ist es das s, damit die Abfolge von n und k leichter über die Lippen geht.
Dasselbe Phänomen haben wir in Worten wie Tagesanfang, Hundesteuer, Kinderwunsch, Opernball, Herzensanliegen etc. 30 Prozent unserer Komposita oder zusammengesetzten Hauptwörter sind so gebildet. Und weil diese Fugenelemente beim Verschmelzen der Wortteile helfen sollen, ist der Bindestrich eigentlich kontraproduktiv.
Aber was liest man im Duden Nr. 9 "Richtiges und gutes Deutsch" von 2011? Bei Komposita, die durch ein Fugen-s gegliedert werden, gebe es zwar im Allgemeinen keinen Bindestrich. Allerdings könne man aus Gründen der Übersichtlichkeit einen setzen. Also Schulspartags-Verlosung statt Schulspartagsverlosung. Nichts gegen den Bindestrich aus Gründen der Übersichtlichkeit, aber hier grenzt er an Willkür.
Ein Streit um Kaisers Bart? Leider nein. Es sind gerade solche Fälle des Zulassens von wachsweichen Varianten, die Rechtschreibung heute mehr und mehr zum Vabanquespiel machen und vielen als Entschuldigung dienen für eine zunehmende Wurstigkeit im Umgang mit unserer Sprache. Das kann eigentlich niemand recht sein - schon gar nicht Sprachhütern.
Noch ein Nachklapp: Bei einigen Wörtern verändert sich der Sinn, je nachdem, ob sie ein Fugen-s haben oder nicht. So gibt es den Landmann (Landwirt), aber auch den Landsmann (Kompatriot).
Und ein weiteres einschlägiges Wortpärchen: Der Islamisten-Organisation IS im Nahen Osten wird derzeit zu Recht Mordlust unterstellt. Eine Mordslust auf Eis hingegen ist in diesen Tagen normal.
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