Alle haben sie nun gesprochen: der Freiherr, die Kanzlerin, die Parteifreunde, die Opposition, die Universität Bayreuth, die Bürger, die Medien, ob mit oder ohne vier große Buchstaben…
Aber die Vorhersage sei gewagt: Der Streit, ob Karl-Theodor zu Guttenberg nun weiterhin als Galionsfigur eines modernen Konservatismus taugt, wird weitertoben.
Was uns an dieser Stelle ein ganz anderes Problem beschert: Heißt es nun Galionsfigur? Oder Gallionsfigur? Oder Galeonsfigur? Oder Galleonsfigur? Die Antwort ist laut Rechtschreibwerken eindeutig: Das Wort für das kunstvoll bemalte Schnitzwerk, meist in Frauengestalt, am Galion, dem Vorbau des Schiffsbugs, schreibt sich Galionsfigur. Aber weil hier unter Landratten wohl größere Unsicherheit herrscht, wollen wir einmal näher darauf eingehen.
Eines vorneweg: Mit den Galliern hat dieser Begriff nichts zu tun. Die spielten zwar, wie wir spätestens seit Asterix und Obelix wissen, gerne Piratenschiffeversenken, aber als Wortschöpfer taten sie sich nicht hervor. Auch die Gallone, das alte, in England und den USA noch übliche Hohlmaß, scheidet aus.
Der gemeinsame Ursprung für eine ganze Wortfamilie, darunter auch die Galionsfigur, ist vielmehr das altgriechische Wort galee. Das bedeutete ursprünglich Wiesel, wurde aber wegen der schnellen Bewegung dieses Tieres zunächst auf den Schwertfisch übertragen und dann auf ein wendiges Schiff. Aus dieser Wurzel entwickelten sich – hier etwas vereinfacht dargestellt – verschiedene Namen für Schiffe: Galeere, bekanntlich ein großes Schiff der Antike, auf dem Sklaven oder Sträflinge zum Rudern verurteilt wurden, aber auch Galeon, Galeone, Galione und Galion, wie man in den romanischen Sprachen vom Mittelalter an größere Kriegs- oder Handelsschiffe mit Segeln nannte. Für den deutschen Sprachgebrauch wurde auf dem Umweg über das Holländische letztlich das französische Galion maßgeblich.
Ein Wort, das einem in diesem Zusammenhang in den Sinn kommen kann, fehlt jetzt noch: die Galone. Dieser Begriff stammt ebenfalls aus dem romanischen Umfeld, hat aber nichts mit der Seefahrt zu tun, sondern bezeichnet die seitliche Seidenborte an einer Frackhose.
Frack trägt man ja gerne bei feierlichen Anlässen – zum Beispiel bei Festakten zur Verleihung der Doktorwürde. Und bei der Aberkennung? Da geht man eher in Sack und Asche.
Freitag, 18. Februar 2011
Der Freiherr und die Neue Frankfurter Schule
Fällt irgendwo das Wort Plagiat, so reizt das – wie aus gegebenem Anlass zu erleben – im wahrsten Sinn des Wortes zum Nachblättern. So blätterte eine ganze Nation gestern im Nachhinein, um sich ein Bild davon zu machen, wo Karl-Theodor zu Guttenberg im Vorhinein geblättert hatte. Da wollen wir nicht zurückstehen und blättern auch – allerdings im Lexikon. Wir gehen einmal der Frage nach, woher dieser Begriff Plagiat eigentlich kommt.
Und diese Geschichte ist nicht ohne Reiz.
Gegen Ende des 1. Jahrhunderts nach Christus lebte in Rom der Dichter Marcus Valerius Martialis, kurz Martial genannt. Von den Kaisern Titus und Domitian ob seiner Lobeshymnen hoch geschätzt, kam er bald zu Ansehen und Wohlstand. Dies ließ einen Kollegen namens Fidentius nicht ruhen, der Gedichte Martials frech unter seinem eigenen Namen vortrug. Darauf bezichtigte ihn Martial, ein plagium begangen zu haben. Dieses lateinische Wort aber heißt nichts anderes als Menschenraub, und ein plagiarius ist ein Seelenverkäufer. Denn, so Martials unerbittliche Argumentation, seine Gedichte, seine geistigen Kinder quasi, seien wie freie Menschen, die dieser Fidentius in die Sklaverei geführt habe.
Dass Martial selbst Sklaven besessen haben soll, sei am Rande angemerkt – Ironie des Schicksals. Aber das soll es ja geben.
"Die schärfsten Kritiker der Elche waren früher selber welche", sagt man heute gerne in einem solchen Fall. Wobei auch bei diesem hübschen Spruch ein Flair von Plagiat im Spiel ist: Denn er wird oft Robert Gernhardt zugeschrieben, könnte auch vom ganzen Duktus her durchaus von ihm sein. Aber in Wirklichkeit stammt er von F. W. Bernstein.
Auch hierzu die passende Geschichte: Der Satz fiel Bernstein (vulgo Fritz Weigle aus Göppingen) angeblich ein, als die beiden Nonsens-Poeten der legendären Neuen Frankfurter Schule irgendwann in den Sechzigern miteinander im Auto saßen und sich spontan in Tier-Zweizeilern übten. Aber Gernhardt konterte schon Sekunden später und auch nicht ohne Witz: "Die größten Kritiker der Molche waren früher eben solche." Er hatte also beim Abkupfern seinen eigenen Grips bemüht.
Und weil der gute Herr zu Guttenberg genau das nicht getan hat, ist er derzeit in so großer Beweisnot.
Und diese Geschichte ist nicht ohne Reiz.
Gegen Ende des 1. Jahrhunderts nach Christus lebte in Rom der Dichter Marcus Valerius Martialis, kurz Martial genannt. Von den Kaisern Titus und Domitian ob seiner Lobeshymnen hoch geschätzt, kam er bald zu Ansehen und Wohlstand. Dies ließ einen Kollegen namens Fidentius nicht ruhen, der Gedichte Martials frech unter seinem eigenen Namen vortrug. Darauf bezichtigte ihn Martial, ein plagium begangen zu haben. Dieses lateinische Wort aber heißt nichts anderes als Menschenraub, und ein plagiarius ist ein Seelenverkäufer. Denn, so Martials unerbittliche Argumentation, seine Gedichte, seine geistigen Kinder quasi, seien wie freie Menschen, die dieser Fidentius in die Sklaverei geführt habe.
Dass Martial selbst Sklaven besessen haben soll, sei am Rande angemerkt – Ironie des Schicksals. Aber das soll es ja geben.
"Die schärfsten Kritiker der Elche waren früher selber welche", sagt man heute gerne in einem solchen Fall. Wobei auch bei diesem hübschen Spruch ein Flair von Plagiat im Spiel ist: Denn er wird oft Robert Gernhardt zugeschrieben, könnte auch vom ganzen Duktus her durchaus von ihm sein. Aber in Wirklichkeit stammt er von F. W. Bernstein.
Auch hierzu die passende Geschichte: Der Satz fiel Bernstein (vulgo Fritz Weigle aus Göppingen) angeblich ein, als die beiden Nonsens-Poeten der legendären Neuen Frankfurter Schule irgendwann in den Sechzigern miteinander im Auto saßen und sich spontan in Tier-Zweizeilern übten. Aber Gernhardt konterte schon Sekunden später und auch nicht ohne Witz: "Die größten Kritiker der Molche waren früher eben solche." Er hatte also beim Abkupfern seinen eigenen Grips bemüht.
Und weil der gute Herr zu Guttenberg genau das nicht getan hat, ist er derzeit in so großer Beweisnot.
Freitag, 11. Februar 2011
Dieser Tage war in einer Zeitung vom guten, alten schwäbischen Böfflamott die Rede. Da wir davon ausgehen dürfen, dass dieses Wort nicht zum Sprachschatz von Otto Normalwürttemberger zählt, soll hier kurz von seinen Wurzeln die Rede sein.
Irgendwie erinnert es ja an Upflamör, wobei auch dieses Wort zu Interpretationsversuchen einlädt: Das fast tausend Jahre alte Dörfchen bei Zwiefalten – einst hieß es Uplumare – liegt auf der Alb oberhalb von Pflummern, und das steckt auch im Namen: up Pflummern, also über Pflummern. Der Ortsname Pflummern wiederum hat etwas mit Pflaume zu tun.
Wenn man nun noch weiß, dass Eduard Mörike 1829 als Pfarrverweser in Pflummern war und dort sein berühmtes Gedicht "Er ist's" geschrieben haben soll, so bietet sich eine neue Sicht an: "Frühling lässt sein blaues Band / wieder flattern durch die Lüfte..." – wahrscheinlich flatterte es zwischen Pflaumenbäumen.
Aber zurück aus der Dichterstube in die Küche. Denn da gehört Böfflamott hin. So deutschten die Schwaben einst frohgemut Boeuf à la mode ein, jene unvergleichliche Schmorbratenkomposition aus Rindfleisch, Speck, Schwarte, Kalbsfuß, Gemüse, Zwiebeln, Weißwein, Schnaps und Gewürzen, die aus Frankreich zu uns kam.
Le boeuf, der Ochs, la vache, die Kuh, fermez la porte... wir erinnern uns.
Wenn nun ein Schwabe erklärt, er stehe eher auf einen gestandenen Roschtbrode, weil das schwäbischer klinge, so hat er übrigens recht. Man könnte zwar meinen, dieses schwäbische Roscht, hochdeutsch Rost, stamme – man denke an Rôtisserie – ebenfalls aus Frankreich. Aber es ist umgekehrt: Das Rösten von Fleisch haben wohl die Gallier von den Germanen gelernt. Die alten Franken also keine Raubeine, sondern Botschafter der Cuisine allemande – das hat doch was!
Irgendwie erinnert es ja an Upflamör, wobei auch dieses Wort zu Interpretationsversuchen einlädt: Das fast tausend Jahre alte Dörfchen bei Zwiefalten – einst hieß es Uplumare – liegt auf der Alb oberhalb von Pflummern, und das steckt auch im Namen: up Pflummern, also über Pflummern. Der Ortsname Pflummern wiederum hat etwas mit Pflaume zu tun.
Wenn man nun noch weiß, dass Eduard Mörike 1829 als Pfarrverweser in Pflummern war und dort sein berühmtes Gedicht "Er ist's" geschrieben haben soll, so bietet sich eine neue Sicht an: "Frühling lässt sein blaues Band / wieder flattern durch die Lüfte..." – wahrscheinlich flatterte es zwischen Pflaumenbäumen.
Aber zurück aus der Dichterstube in die Küche. Denn da gehört Böfflamott hin. So deutschten die Schwaben einst frohgemut Boeuf à la mode ein, jene unvergleichliche Schmorbratenkomposition aus Rindfleisch, Speck, Schwarte, Kalbsfuß, Gemüse, Zwiebeln, Weißwein, Schnaps und Gewürzen, die aus Frankreich zu uns kam.
Le boeuf, der Ochs, la vache, die Kuh, fermez la porte... wir erinnern uns.
Wenn nun ein Schwabe erklärt, er stehe eher auf einen gestandenen Roschtbrode, weil das schwäbischer klinge, so hat er übrigens recht. Man könnte zwar meinen, dieses schwäbische Roscht, hochdeutsch Rost, stamme – man denke an Rôtisserie – ebenfalls aus Frankreich. Aber es ist umgekehrt: Das Rösten von Fleisch haben wohl die Gallier von den Germanen gelernt. Die alten Franken also keine Raubeine, sondern Botschafter der Cuisine allemande – das hat doch was!
Freitag, 4. Februar 2011
Von Kairo nach Kalau
Dieser Tage kommt einem unwillkürlich immer wieder ein ebenso uralter wie blöder Witz in den Sinn: Was heißt Kuhstall auf Arabisch? – Mu(h)barak.
Um Himmels willen, werden Sie sagen, seit wann begibt man sich hier auf Kalauer-Niveau! Keine Angst, in diesem Fall hat der Schwachsinn Methode. Wollten wir doch schon immer mal der Frage nachgehen, woher eigentlich das Wort Kalauer kommt.
Genau belegen lässt sich die Herkunft des Ausdrucks für einen auf einem Wortspiel beruhenden, meist nicht besonders geistreichen, aber mitunter gerade deswegen schon wieder als skurril geltenden Witz leider nicht.
Aber es gibt diverse Annäherungen: Französisch calembour heißt Wortspiel oder fauler Witz. Zum einen soll das auf den kleinen Ort Calembourg beim lothringischen Diedenhofen, heute Thionville, zurückgehen, wobei die weiteren Bezüge im Dunkeln bleiben.
Zum anderen – und diese Erklärung ist irgendwie charmanter – könnte es an einen deutschen Botschafter in Paris zu Zeiten von Louis XV. namens Calemberg erinnern, dessen Französisch so abenteuerlich schlecht war, dass es immer wieder zu albernen Missdeutungen einlud. Schließlich wird auch erwogen, dass der Begriff – in Anlehnung an das französische calembour – mit dem Ort Calau bei Cottbus in der Lausitz zu tun hat. So hatte das satirische Wochenblatt „Kladderadatsch“, das zwischen 1848 und 1944 erschien, die mit Possen gespickte Rubrik "Aus Kalau wird berichtet…", in der unter anderem die Rückständigkeit der Provinzler veräppelt wurde. Mit Langzeitwirkung – denn wie ein Blick ins Internet beweist, können die armen Calauer darüber bis heute nicht lachen.
Damit wollen wir es bewenden lassen. Aber wenn wir schon mit einem Kalauer begonnen haben, so soll auch einer am Schluss stehen: Wie sagte einst der gute, alte Peter Frankenfeld in einer seiner Steinzeit-Quiz-Sendungen: "Von mir bekommen Sie keinen Kalauer zu hören, da können Sie lauern, bis Sie kahl sind."
Pardon!
Um Himmels willen, werden Sie sagen, seit wann begibt man sich hier auf Kalauer-Niveau! Keine Angst, in diesem Fall hat der Schwachsinn Methode. Wollten wir doch schon immer mal der Frage nachgehen, woher eigentlich das Wort Kalauer kommt.
Genau belegen lässt sich die Herkunft des Ausdrucks für einen auf einem Wortspiel beruhenden, meist nicht besonders geistreichen, aber mitunter gerade deswegen schon wieder als skurril geltenden Witz leider nicht.
Aber es gibt diverse Annäherungen: Französisch calembour heißt Wortspiel oder fauler Witz. Zum einen soll das auf den kleinen Ort Calembourg beim lothringischen Diedenhofen, heute Thionville, zurückgehen, wobei die weiteren Bezüge im Dunkeln bleiben.
Zum anderen – und diese Erklärung ist irgendwie charmanter – könnte es an einen deutschen Botschafter in Paris zu Zeiten von Louis XV. namens Calemberg erinnern, dessen Französisch so abenteuerlich schlecht war, dass es immer wieder zu albernen Missdeutungen einlud. Schließlich wird auch erwogen, dass der Begriff – in Anlehnung an das französische calembour – mit dem Ort Calau bei Cottbus in der Lausitz zu tun hat. So hatte das satirische Wochenblatt „Kladderadatsch“, das zwischen 1848 und 1944 erschien, die mit Possen gespickte Rubrik "Aus Kalau wird berichtet…", in der unter anderem die Rückständigkeit der Provinzler veräppelt wurde. Mit Langzeitwirkung – denn wie ein Blick ins Internet beweist, können die armen Calauer darüber bis heute nicht lachen.
Damit wollen wir es bewenden lassen. Aber wenn wir schon mit einem Kalauer begonnen haben, so soll auch einer am Schluss stehen: Wie sagte einst der gute, alte Peter Frankenfeld in einer seiner Steinzeit-Quiz-Sendungen: "Von mir bekommen Sie keinen Kalauer zu hören, da können Sie lauern, bis Sie kahl sind."
Pardon!
(Seite 1 von 1, insgesamt 4 Einträge)
Kommentare