Auf die "Sprachplauderei" vom letzten Freitag über die Fehlschaltungen bei Wortpaaren wie verbieten/verbitten, malen/mahlen und haken/hacken gab es spontane Reaktionen: So mailte noch am selben Morgen ein Kollege mit Sinn für Humor folgenden Satz aus einem SZ-Internetforum zur "Stuttgart-21"-Problematik: "Die Demonstranten haben sich letztlich zu einem Mopp entwickelt – und das ist für eine Demokratie sehr gefährlich."
Nun sagt man Chaoten mit Anarcho-Frisur schon mal nach, sie sähen aus wie ein Mopp, also wie ein Staubbesen mit langen Fransen. Aber auf die in Ehren ergrauten Wutrentner vom Neckar passt das eigentlich weniger. Was jener Internet-Blogger meinte, aber falsch schrieb, war vielmehr der Mob, also der Pöbel, die Meute.
Die beiden Wörter Mob und Mopp kamen einst als mob und mop aus England zu uns, gehen aber auf lateinische Wurzeln zurück. Mob entstand aus mobile vulgus, was so viel heißt wie aufgewiegelte Volksmenge. Zu dieser Wortfamilie gehört übrigens auch das Verb to mob = anpöbeln, bedrängen, über jemanden herfallen, das im Fremdwort Mobbing für offene oder versteckte Schikane am Arbeitsplatz steckt.
In Mop dagegen – nur mit einem p geschrieben wie vor der Rechtschreibreform auch bei uns – lebt das lateinische mappa = Stoff weiter. Das Wort geht also auf die Stofffetzen zurück, aus denen ein Mopp hergestellt wird.
Eine Frage drängt sich noch auf: Wie lautet eigentlich der Plural dieser beiden Wörter? Der Mob ist ebenso wie Pöbel ein sogenanntes Singularetantum, also ein Wort, das nur in der Einzahl existiert und keine Mehrzahl kennt – genauso wie All, Denken, Dunkelheit, Hass, Laub, Lärm, Post oder Vernunft.
Der Plural von der Mopp ist aber nicht die Moppe oder die Möppe, was man ja kurz meinen könnte, sondern die Mopps. Allerdings mit zwei p, und damit nicht zu verwechseln mit dem Mops, jenem plattnasigen Hund aus der Familie der kleinen Doggenartigen. Und hier heißt der Plural die Möpse.
Der Mops ist ohnehin etwas Besonderes. Loriot brachte es auf den Punkt: "Ein Leben ohne Mops ist möglich – aber sinnlos!"
Freitag, 21. Januar 2011
Wenn Bayern die Meisterschaft abhackt
Schlagfertig muss man sein. Vor Jahren stand im Text einer SZ-Volontärin das Wort Athmosphäre. Auf die Ermahnung hin, hier sei doch wohl ein h zu viel, meinte die junge Dame mit entwaffnendem Augenaufschlag: "Bei Protese haben Sie mir gestern auch ein h reingeschrieben."
Bei Fremdwörtern kann man eben schnell in die Irre laufen. Aber durch die Zeitungen, die unsere inbegriffen, geistern auch genug deutsche Wörter, die falsch geschrieben werden – oft eine Folge von Fehlinterpretationen.
Drei Beispiele:
"Die Kanzlerin verbietet sich jede Einmischung vonseiten der Fraktion". So etwas steht locker im Blatt, aber es ist falsch. Verbieten und verbitten klingen zwar ähnlich, doch ihre Bedeutung ist verschieden. Bei verbieten geht es darum, dass jemand etwas untersagt, bei sich verbitten wird darauf abgehoben, dass etwas unterlassen werden soll. Ein Vater kann also zu seinem Sohn sagen: "Ich verbiete dir, heute Abend wegzugehen." Wenn der dann wütend aufbegehrt, legt der Papa nach: "Ich verbitte mir diesen Ton." Aber auch verbieten kann reflexiv gebraucht werden. Denn kommt gerade die Mutter um die Ecke, so sagt sie womöglich: "Streitereien dieser Art verbieten sich in einer Familie wie der unsrigen“ – und verbittet sich für die Zukunft solche Auftritte.
Ein anderer Fall: "Wer zuerst kommt, malt zuerst." Wer das schreibt, meint wohl, da dürfe einer zu Pinsel und Palette greifen, nur weil er einen Tick schneller gewesen ist. Aber mit angehenden Picassos hat die alte Redensart nichts zu tun. Weil das Mahlen von Mehl in früheren Zeiten recht langwierig war, mussten die Bauern Schlange stehen – und da zahlte sich aus, wenn man früh aufstand.
Schön schräg ist schließlich ein Satz wie "Bayern München hat die Meisterschaft schon abgehackt." Da sind die beiden Wörter hacken = Holz zerkleinern, den Boden lockern und haken = mit einem Haken versehen durcheinander geraten. Und dieses ck tummelt sich fälschlicherweise in vielen Texten. Da wird munter abgehackt statt abgehakt und nachgehackt statt nachgehakt, und mit dem Verständnis hackt es auch schon mal.
Aber Schluss jetzt mit dem Herumhacken auf Sprachsündern! Sonst heißt es noch, hier herrsche eine Atmosphäre der Scharfrichterei – Atmosphäre mit einem h, wohlgemerkt.
Bei Fremdwörtern kann man eben schnell in die Irre laufen. Aber durch die Zeitungen, die unsere inbegriffen, geistern auch genug deutsche Wörter, die falsch geschrieben werden – oft eine Folge von Fehlinterpretationen.
Drei Beispiele:
"Die Kanzlerin verbietet sich jede Einmischung vonseiten der Fraktion". So etwas steht locker im Blatt, aber es ist falsch. Verbieten und verbitten klingen zwar ähnlich, doch ihre Bedeutung ist verschieden. Bei verbieten geht es darum, dass jemand etwas untersagt, bei sich verbitten wird darauf abgehoben, dass etwas unterlassen werden soll. Ein Vater kann also zu seinem Sohn sagen: "Ich verbiete dir, heute Abend wegzugehen." Wenn der dann wütend aufbegehrt, legt der Papa nach: "Ich verbitte mir diesen Ton." Aber auch verbieten kann reflexiv gebraucht werden. Denn kommt gerade die Mutter um die Ecke, so sagt sie womöglich: "Streitereien dieser Art verbieten sich in einer Familie wie der unsrigen“ – und verbittet sich für die Zukunft solche Auftritte.
Ein anderer Fall: "Wer zuerst kommt, malt zuerst." Wer das schreibt, meint wohl, da dürfe einer zu Pinsel und Palette greifen, nur weil er einen Tick schneller gewesen ist. Aber mit angehenden Picassos hat die alte Redensart nichts zu tun. Weil das Mahlen von Mehl in früheren Zeiten recht langwierig war, mussten die Bauern Schlange stehen – und da zahlte sich aus, wenn man früh aufstand.
Schön schräg ist schließlich ein Satz wie "Bayern München hat die Meisterschaft schon abgehackt." Da sind die beiden Wörter hacken = Holz zerkleinern, den Boden lockern und haken = mit einem Haken versehen durcheinander geraten. Und dieses ck tummelt sich fälschlicherweise in vielen Texten. Da wird munter abgehackt statt abgehakt und nachgehackt statt nachgehakt, und mit dem Verständnis hackt es auch schon mal.
Aber Schluss jetzt mit dem Herumhacken auf Sprachsündern! Sonst heißt es noch, hier herrsche eine Atmosphäre der Scharfrichterei – Atmosphäre mit einem h, wohlgemerkt.
Freitag, 14. Januar 2011
Die Festtage sind zwar schon vorbei, aber wir müssen doch noch mal kurz auf sie zurückkommen. Immer wieder wird nach dem Sinn von fürbass gefragt. Gewiss zählt dieses recht veraltet klingende Wort nicht zum alltäglichen Sprachschatz. Aber gerade zur Weihnachtszeit hört man es oft: „Treibt zusammen, treibt zusammen die Schäflein fürbass!“ So beginnt die zweite Strophe des Liedes „Was soll das bedeuten“.
Nun meinen manche Leute, fürbass sei einfach eine Umdrehung von barfuß – und zwar um des Reimes willen. Man kennt so etwas ja aus der Tierwelt: "Ein Wiesel / saß auf einem Kiesel / inmitten Bachgeriesel. / Wisst ihr weshalb? / Das Mondkalb / verriet es mir / im Stillen. / Das raffinierte Tier / tat‘s um des / Reimes willen." So klärte uns Christian Morgenstern schon vor rund 100 Jahren auf.
Aber in unserem Fall geht es nicht um Dichtkunst. Fürbass hat zwar wie barfuß etwas mit dem Gehwerkzeugen zu tun, doch es heißt einfach weiter, vorwärts, nach vorne.
Wir finden es in vielen Volksliedern, und ein sozialistischer Dichter wie Erich Weinert setzte es auch gezielt deutschtümelnd in einem hübschen Spottlied auf die Wandervogel-Bewegung ein: "Der Frühling braust; / wir ziehen fürbass / und zupfen unsere Geigen. / Wir hüpfen froh ins nasse Gras / und tanzen unsre Reigen. / Die Klampfe klirrt im Schritt und Tritt. / Die Kochgeschirre klirren mit. / Der Wald ist voll Akustik. / Wir sind so schrecklich lustig."
Die sprachliche Wurzel ist übrigens nicht uninteressant. Das Wort geht auf ein althochdeutsches furba im Sinn von besser vorwärts zurück. Dieses ba ist der unregelmäßige Komparativ, der auch in unserer heutigen Steigerungsform besser steckt – gut (wohl), besser, am besten.
Über diese Unregelmäßigkeit – also den Wechsel der Wortstämme – denkt man gemeinhin nie nach. Es gibt zudem deutsche Landsleute, die sich diesen Wechsel sparen: „Mein Gudester“, säuseln die Sachsen, und andere können sich dann ein mildes Lächeln nicht verkneifen.
Aber die Schwaben sollten sich hier zurückhalten. Die Abfolge gern - gerner - am gernsten statt gern - lieber - am liebsten ist auch nicht schöner. "Wir Schwaben mögen den Schiller gerner als den Goethe", das gilt vielen am Neckar als durchaus richtiger Satz. Ein bekennender Goethe-Fan kann dann nur noch mit "Faust" kontern: "Es irrt der Mensch, solang er strebt."
Nun meinen manche Leute, fürbass sei einfach eine Umdrehung von barfuß – und zwar um des Reimes willen. Man kennt so etwas ja aus der Tierwelt: "Ein Wiesel / saß auf einem Kiesel / inmitten Bachgeriesel. / Wisst ihr weshalb? / Das Mondkalb / verriet es mir / im Stillen. / Das raffinierte Tier / tat‘s um des / Reimes willen." So klärte uns Christian Morgenstern schon vor rund 100 Jahren auf.
Aber in unserem Fall geht es nicht um Dichtkunst. Fürbass hat zwar wie barfuß etwas mit dem Gehwerkzeugen zu tun, doch es heißt einfach weiter, vorwärts, nach vorne.
Wir finden es in vielen Volksliedern, und ein sozialistischer Dichter wie Erich Weinert setzte es auch gezielt deutschtümelnd in einem hübschen Spottlied auf die Wandervogel-Bewegung ein: "Der Frühling braust; / wir ziehen fürbass / und zupfen unsere Geigen. / Wir hüpfen froh ins nasse Gras / und tanzen unsre Reigen. / Die Klampfe klirrt im Schritt und Tritt. / Die Kochgeschirre klirren mit. / Der Wald ist voll Akustik. / Wir sind so schrecklich lustig."
Die sprachliche Wurzel ist übrigens nicht uninteressant. Das Wort geht auf ein althochdeutsches furba im Sinn von besser vorwärts zurück. Dieses ba ist der unregelmäßige Komparativ, der auch in unserer heutigen Steigerungsform besser steckt – gut (wohl), besser, am besten.
Über diese Unregelmäßigkeit – also den Wechsel der Wortstämme – denkt man gemeinhin nie nach. Es gibt zudem deutsche Landsleute, die sich diesen Wechsel sparen: „Mein Gudester“, säuseln die Sachsen, und andere können sich dann ein mildes Lächeln nicht verkneifen.
Aber die Schwaben sollten sich hier zurückhalten. Die Abfolge gern - gerner - am gernsten statt gern - lieber - am liebsten ist auch nicht schöner. "Wir Schwaben mögen den Schiller gerner als den Goethe", das gilt vielen am Neckar als durchaus richtiger Satz. Ein bekennender Goethe-Fan kann dann nur noch mit "Faust" kontern: "Es irrt der Mensch, solang er strebt."
Freitag, 7. Januar 2011
Ein paar gezielte Fragen an unsere geneigten Leser zum Start in den Tag: Haben Sie schon Ihren Milch Kaffee getrunken? War das Honig Brot gut? Hatte das Frühstücks Ei den richtigen Härte Grad?
Bevor Sie sich jetzt an den Kopf tippen und beim Autor dieser Zeilen auf einen anhaltenden Silvester Dach Schaden schließen, sei es klargestellt: Solche Wortbildungen sind zwar haarsträubend, aber man liest sie immer öfter.
Auf das Phänomen der Aufweichung deutscher Normen für die Bildung von Komposita, in diesem Fall zusammengesetzte Substantive, hat schon vor einigen Jahren Bastian Sick in seiner höchst verdienstvollen „Zwiebelfisch“-Reihe hingewiesen. Sein treffender Titel damals: "Dem Wahn Sinn eine Lücke".
Aber dieser Wahn Sinn hat mittlerweile leider Methode. Deswegen wieder einmal ein Zwischenruf. Nach den geltenden Rechtschreibregeln sind substantivische Komposita im Deutschen zusammenzuschreiben. So bringt es die große Duden-Grammatik auf den Punkt.
Etwas vereinfacht dargestellt: Weil die Bestandteile von Komposita sich in unserer Sprache problemlos aneinanderreihen lassen, werden sie auch zusammengeschrieben. Das geht dann – um ein berühmtes Beispiel zu nehmen – vom Kapitänspatent bis zum Donaudampfschifffahrtskapitänspatent.
Dabei gibt es verschiedene sogenannte Fugenelemente, die dieses Verschmelzen noch begünstigen: zum Beispiel in besagtem Kapitän(s)patent, aber auch in Tag(es)form, Hecke(n)schere, Präsident(en)berater, Kind(er)sitz oder Herz(ens)angelegenheit. Weil dabei aber auch gewöhnungsbedürftige Gebilde entstehen können, wurde bei der Rechtschreibreform der früher geächtete Bindestrich sinnvollerweise wieder begnadigt.
Verpönt ist er zwar weiterhin bei den oben aufgeführten Formen mit Fugenelementen – Unions-Kanzlerin ist Blödsinn, weil es die Form Unions gar nicht gibt und wir hier somit ein reines Fugen-s haben. Wenn es die Lesbarkeit erhöht, sollte man den Bindestrich jedoch setzen. Tee-Ei liest sich besser als Teeei, und zwischen Drucker-Zeugnis und Druck-Erzeugnis ist nun mal ein Unterschied.
Sinnvoll kann der Bindestrich zudem sein, wenn Wörter aus verschiedenen Sprachen aufeinandertreffen: So bleibt der Leser bei einem Wort wie Fangruppen (englisch fan = Anhänger + deutsch Gruppe) gern hängen, weil er als Deutscher zunächst einmal Fang-ruppen liest. Also besser Fan-Gruppen!
Damit sind wir beim Kern: Zu verdanken haben wir diese heutige Trennungsmanie dem Einfluss des Englischen, das eben mehr Formen von Komposita kennt als wir: ladybird = Marienkäfer (zusammen), lady-killer = Herzensbrecher (mit Bindestrich), lady doctor = Ärztin (getrennt). Da nun aber die Trennung im Englischen überwiegt, hat vor allem jener Typ stark auf das Deutsche abgefärbt – durch direkte Übernahme des Fremdworts wie bei Job Hunting = Stellensuche, durch Mischen von englischen und deutschen Bestandteilen wie bei Garten Center, oder durch simples Nachahmen im Deutschen wie bei Hosen Laden. So gibt es jetzt zum einen den deutsch-englischen Mischmasch – Marke: Luftfahrt Show, Underwear Unternehmen, Fastnachts Party.
Wobei sich durch Zweideutigkeit oft eine unfreiwillige Komik einschleicht. Was wird eigentlich in einem Back Shop verkauft – Brötchen (von deutsch backen) oder Hinterteile (von englisch back)? Zum anderen aber – und das ist fast schlimmer – grassiert das sinnlose Aufspalten normaler deutscher Wörter. Schauen Sie sich nur mal auf Speisekarten um: Alles in Einzelteilen – vom Apfel Mus über den Nudel Auflauf bis zum Zimt Eis. Von der Werbebranche beeinflusst, wird einfach drauflos getrennt – mit Inbrunst, aber meist bar jeden Sprachgefühls.
Und mit einer dummen Konsequenz: Wie deklinieren wir eine Neuschöpfung wie Grill Imbiss? Heißt es des Grill Imbisses? Oder des Grills Imbiss? Oder des Grills Imbisses? Oder – um noch den sogenannten Deppen-Apostroph zu bemühen – des Grill’s Imbiss beziehungweise des Grill’s Imbisses?
Spätestens hier kommen einem Karl Valentins Semmelnknödeln in den Sinn. Eines ist gewiss: Er riefe heute den sprachlichen Not Stand aus.
Bevor Sie sich jetzt an den Kopf tippen und beim Autor dieser Zeilen auf einen anhaltenden Silvester Dach Schaden schließen, sei es klargestellt: Solche Wortbildungen sind zwar haarsträubend, aber man liest sie immer öfter.
Auf das Phänomen der Aufweichung deutscher Normen für die Bildung von Komposita, in diesem Fall zusammengesetzte Substantive, hat schon vor einigen Jahren Bastian Sick in seiner höchst verdienstvollen „Zwiebelfisch“-Reihe hingewiesen. Sein treffender Titel damals: "Dem Wahn Sinn eine Lücke".
Aber dieser Wahn Sinn hat mittlerweile leider Methode. Deswegen wieder einmal ein Zwischenruf. Nach den geltenden Rechtschreibregeln sind substantivische Komposita im Deutschen zusammenzuschreiben. So bringt es die große Duden-Grammatik auf den Punkt.
Etwas vereinfacht dargestellt: Weil die Bestandteile von Komposita sich in unserer Sprache problemlos aneinanderreihen lassen, werden sie auch zusammengeschrieben. Das geht dann – um ein berühmtes Beispiel zu nehmen – vom Kapitänspatent bis zum Donaudampfschifffahrtskapitänspatent.
Dabei gibt es verschiedene sogenannte Fugenelemente, die dieses Verschmelzen noch begünstigen: zum Beispiel in besagtem Kapitän(s)patent, aber auch in Tag(es)form, Hecke(n)schere, Präsident(en)berater, Kind(er)sitz oder Herz(ens)angelegenheit. Weil dabei aber auch gewöhnungsbedürftige Gebilde entstehen können, wurde bei der Rechtschreibreform der früher geächtete Bindestrich sinnvollerweise wieder begnadigt.
Verpönt ist er zwar weiterhin bei den oben aufgeführten Formen mit Fugenelementen – Unions-Kanzlerin ist Blödsinn, weil es die Form Unions gar nicht gibt und wir hier somit ein reines Fugen-s haben. Wenn es die Lesbarkeit erhöht, sollte man den Bindestrich jedoch setzen. Tee-Ei liest sich besser als Teeei, und zwischen Drucker-Zeugnis und Druck-Erzeugnis ist nun mal ein Unterschied.
Sinnvoll kann der Bindestrich zudem sein, wenn Wörter aus verschiedenen Sprachen aufeinandertreffen: So bleibt der Leser bei einem Wort wie Fangruppen (englisch fan = Anhänger + deutsch Gruppe) gern hängen, weil er als Deutscher zunächst einmal Fang-ruppen liest. Also besser Fan-Gruppen!
Damit sind wir beim Kern: Zu verdanken haben wir diese heutige Trennungsmanie dem Einfluss des Englischen, das eben mehr Formen von Komposita kennt als wir: ladybird = Marienkäfer (zusammen), lady-killer = Herzensbrecher (mit Bindestrich), lady doctor = Ärztin (getrennt). Da nun aber die Trennung im Englischen überwiegt, hat vor allem jener Typ stark auf das Deutsche abgefärbt – durch direkte Übernahme des Fremdworts wie bei Job Hunting = Stellensuche, durch Mischen von englischen und deutschen Bestandteilen wie bei Garten Center, oder durch simples Nachahmen im Deutschen wie bei Hosen Laden. So gibt es jetzt zum einen den deutsch-englischen Mischmasch – Marke: Luftfahrt Show, Underwear Unternehmen, Fastnachts Party.
Wobei sich durch Zweideutigkeit oft eine unfreiwillige Komik einschleicht. Was wird eigentlich in einem Back Shop verkauft – Brötchen (von deutsch backen) oder Hinterteile (von englisch back)? Zum anderen aber – und das ist fast schlimmer – grassiert das sinnlose Aufspalten normaler deutscher Wörter. Schauen Sie sich nur mal auf Speisekarten um: Alles in Einzelteilen – vom Apfel Mus über den Nudel Auflauf bis zum Zimt Eis. Von der Werbebranche beeinflusst, wird einfach drauflos getrennt – mit Inbrunst, aber meist bar jeden Sprachgefühls.
Und mit einer dummen Konsequenz: Wie deklinieren wir eine Neuschöpfung wie Grill Imbiss? Heißt es des Grill Imbisses? Oder des Grills Imbiss? Oder des Grills Imbisses? Oder – um noch den sogenannten Deppen-Apostroph zu bemühen – des Grill’s Imbiss beziehungweise des Grill’s Imbisses?
Spätestens hier kommen einem Karl Valentins Semmelnknödeln in den Sinn. Eines ist gewiss: Er riefe heute den sprachlichen Not Stand aus.
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