Hat sich was mit "White Christmas" dieses Jahr. Aber was schert das die Radiosender! "Dreaming of A White Christmas" bis zum Abwinken. Und wenn nicht dieser Schmachtfetzen, dann "Wonderful Christmas Time", "We Wish You A Merry Christmas" und und und … So wird Christmas zum Reizwort.
Aber weil Weihnachten ja das Fest der Liebe ist, enthalten wir uns jetzt aller bissigen Kommentare und wenden uns stattdessen antizyklisch unserem eigenen altehrwürdigen Weihnachtsliedgut zu.
Auch da gibt es Reizwörter, wenn man so will. "Oh jubiliert, oh jubiliert, der Heiland ist geboren!", so heißt es in dem einen Lied, "Oh Jubel, oh Freud" in dem anderen. "Welchen Jubel, welche Freude bringt die liebe Weihnachtszeit!", "Die Englein tun schön jubilieren, bei dem Kripplein musizieren", "Singt, spielt und jubiliert" - die Liste ließe sich fortsetzen. Sprachgeschichtlich aber ist dieser süße Jubelschall hochinteressant. Denn wir haben hier den nicht alltäglichen Fall, dass in einer Wortfamilie zwei Kulturkreise fast unmerklich verschmolzen wurden.
Zum einen gab es ein lateinisches Wort iubilare mit der Bedeutung jauchzen, jodeln, lärmen. "Jubilate Deo, omnis terra" (Jauchzet Gott, alle Lande!) ist der Beginn von Psalm 66 und Psalm 100. Dieses iubilare im Sinn von frohlocken gelangte schon früh als jubilieren ins Deutsche und steckt auch heute in Wörtern wie Jubel, Jubelruf, Jubelgeschrei.
Zum anderen kennen wir Wörter wie Jubeljahr, Jubelfeier, Jubelpaar, Jubiläum, Jubilar, die allerdings aus einer ganz anderen Quelle stammen: Hebräisch yovel war das Widderhorn. Geblasen wurde es alle 50 Jahre zu Beginn des jüdischen Erlassjahres, in dem die Israeliten ihren Untergebenen einen Schuldenerlass gewährten. Von 1300 an wurde mittelhochdeutsch jubeljar zum Fachausdruck für kirchliche Aufrufe zu Ablassjahren, bei denen die Sünden vergeben wurden. Später verstand man dann unter Jubeljahr verallgemeinernd ein Gedenken in bestimmten Abständen. Da dieser Hornstoß aus dem yovel aber auch als Freudenschall verstanden wurde, lag eine Überlagerung der beiden Bedeutungen von Jubel nahe.
Kommen wir noch kurz zu einem der beliebtesten Lieder, das heute Abend wohl wieder Millionen inbrünstig singen werden: "Ihr Kinderlein kommet". Und wie heißt es da:
"Die redlichen Hirten / knien betend davor, / hoch oben schwebt jubelnd / der Engelein Chor."Einer der hübschesten Verhörer aus Kindermund zur Weihnachtszeit lautet:
"Hoch oben schwebt Josef den Engeln was vor". Jet Show statt Jubilate. Passt in die Zeit.
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