Für das unlängst erstandene chinesische Smartphone gab es die passende Hülle nur auf Bestellung in Fernost. Am Samstag kam sie nun per Post, sogar mit deutschem Begleitschreiben:
"Guter Tag. Ich bin froh, dass die Produkte sind endlich bei dir angekommen. Das Transportprozess aus China in Ihres Land war ziemlich wundervoll. (…) Bitte geben Sie uns auch eine Feedback, um unseres Service positiv zu bestätigen. Ihre Ueberstützung ist uns als große Triebkraft. Mit freundliche Grßssen."Man stutzt kurz - und lacht.
Am selben Samstag war Rechtschreibschwäche auch andernorts zu erleben. Bei einer Stippvisite im Fußball-Liveticker eines sehr einflussreichen deutschen Online-Portals während der Endphase der Bundesligaspiele zwischen 17.00 und 17.15 fand sich fast in jedem Satz ein Fehler:
"17.03 Mittlerweile gleicht das Stadion einem Tollhaus, indem sich die Fans im Zustand der Hyperekstase befinden.
17.03 Unterschlagen wollen wir den Treffer der Schanzer nicht, aber schien uns das 3:0 der Gladbacher eben einen Tick wichtiger. Des wegen hatten wir das spontan vorgezogen.
17.06 Der HSV bekommt hier die Medizin zu schmecken, da man selber am vergangenen Samstag Werder reichlich eingetrichtert hat. ….. Übr Malli treiben die Gäste den Ball schnell durch's Mittelfeld.
17.13 Müller leitet auf Vidal, der den Ball kurz tropfen lässt.
17.15 Franck Ribery belebt das Bayern-Spiel deutlich. Vor dem seinem Treffer hatte er in fünf Minuten sieben Pässe gespielt."
Da bleibt einem das Lachen eher im Hals stecken. Nun wollen wir hier keine Beckmesserei betreiben. Jeder macht Fehler - umso mehr, je schneller es gehen muss, und ein Liveticker ist ein sehr schnelles Medium. Dennoch seien ein paar Fragen gestattet: Wird hier das Rechtschreibprogamm schon gar nicht mehr bemüht, weil auch dieses noch Zeit kostet? Nehmen die Macher die Fehler ganz bewusst in Kauf, da diese Info-Kanonade spätestens gegen 17.20 schon wieder gelöscht wird? Oder aber ist es ihnen völlig egal, weil für sie der Stellenwert der Rechtschreibung ohnehin gegen Null geht?
Bedenklich ist das Ganze allemal. Denn wird der Nutzer permanent mit sprachlichen Schnitzern konfrontiert, so stumpft er ab, und das schlechte Beispiel führt unweigerlich dazu, auch bei sich selbst die Hemmschwelle abzusenken.
Immer lauter werden derzeit die Klagen über den Wortmüll im Internet, und es sind gerade die Leitmedien, die sich in schlauen Essays über den Sprachverlust Gedanken machen. Eines liegt auf der Hand: Die Sorgfalt auf dem Altar der High-Speed-Aktualität zu opfern, ist dabei die erste Sünde.
Naive Entrüstung? Keineswegs. Diese Überlegungen sind nur als Ueberstützung für die Verantwortlichen gedacht. Man möchte ihnen die Triebkraft wünschen, hier gegenzusteuern.