Man rief: "Ein Hoch dir, Willi Tell!So weit, so schräg. Aber dann hängte der Großmeister des leichten Humors noch eine westfälische Fassung an:
Jetzt gehn wir einen trinken, gell?"
Man rief: "Der Tell, der schießt ja toll!Dieser Doppelschluss führt uns nun direkt auf das Glatteis jeder Diskussion über die Wertigkeit deutscher Dialekte - und da ist Vorsicht geboten. Nur so viel: Bekanntlich beschließt der Westfale im Allgemeinen und der Sauerländer im Besonderen kaum einen Satz ohne woll. Damit will man sich - wie bei nicht wahr - der Zustimmung des Gegenübers vergewissern. Zum Beispiel in dem Satz: Ein Bierschen jeht noch rein, woll!?
Jetzt gehn wir einen trinken, woll?"
Aber während nun gell schon lange einen festen Platz im Duden hat, ist diese Ehre dem woll noch nicht zuteil- geworden. Das müsse sich schleunigst ändern, befand jetzt ein Sauerländer Radio-Sender und rief zu einer Unterschriftenaktion auf, um dem woll endlich den ihm gebührenden Rang zu verschaffen. Wenn schon gell, dann auch woll.
Pardon, liebe Sauerländer, aber das wird nicht so einfach sein. Denn auch andere gleichbedeutende Interjektionen, also Ausrufewörter, aus deutschen Dialekten haben bislang keine Gnade vor den Augen der Sprachgewaltigen gefunden: Weder das ne aus dem Norden noch das ni wohr im Sächsischen, nicht das wa, mit dem der Berliner gerne seine Sätze zu Ende näselt, und auch nicht - um an den Gegenpol zu gehen - das kehlige odr der Schweizer.
Aber dass dieses im gesamten süddeutschen Raum verbreitete gell im Duden steht, hat weniger mit der großen Verbreitung zu tun als mit der Sprachgeschichte. Gell entstand aus der Wendung gelte es und die ist schon sehr früh Allgemeingut gewesen. Dass die Gebrüder Grimm gelt oder abgeschliffen gell weniger in der Hochsprache angesiedelt sahen, soll erwähnt sein. Aber das tat seiner Beliebtheit keinen Abbruch.
Ein besonders inniges Verhältnis zu gell hat der Schwabe. Zwar setzt er es nicht gar so inflationär ein wie der Pfälzer - man denke nur an Margit Sponheimers Gell, du hast misch gelle gern, gelle isch disch aach. Aber manche schwäbische Konversation wäre ohne gell um einiges ärmer. Ob es nun am Anfang steht: Gell, da glotzsch! Oder am Ende: Da glotzsch, gell! Und das schwäbische Idiom hat dann sogar noch eine Steigerung parat: Ist man mit dem Gegenüber per Sie, so kann aus dem gell auch ein gelletse werden. Gelletse, Sie send net von hier? ist eine - sagen wir es im Schach-Deutsch - typische schwäbische Gesprächseröffnung. Erwidert der Angesprochene allerdings mit einem Das geht Sie gar nichts an, so bricht man ab und denkt spontan: Du Lällebäbbel.
Warum steht übrigens Lällebäbbel noch nicht im Duden? Das wäre auch eine Aktion wert, gell!?
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