Treffen sich zwei Allgäuer morgens beim Bäcker: "So, isch ma scho auf?"", fragt der eine lachend - und das anzügliche Zwinkern verrät die Mitwisserschaft. Denn er weiß vom anderen, dass dessen Nacht nur sehr kurz war und feucht-fröhlich dazu. Aber warum fragt er nicht ganz direkt: "Bist du schon auf?" Ganz einfach: Weil das unsinnig wäre, denn der andere liegt ja nachweislich nicht mehr im Bett, sondern steht leibhaftig vor einem.
Das bringt uns zum Phänomen des Fragegrußes. Im Dialekt ist er üblich. Dem Schwäbischen würde sehr viel fehlen, wenn es da nicht - ähnlich wie beim Schach - diese typischen Eröffnungen gäbe, diese mal mehr, mal weniger hintersinnigen Initialzündungen für ein Gespräch. Dass sie oft reiner Selbstzweck sind, liegt auf der Hand. Zum Beispiel "So, isch ma au beim Eikaufe?" Hier erledigt sich jegliche Antwort, weil ja niemand zum Spaß mit dem Einkaufswagen durch einen Supermarkt kurvt. Da will einer halt nur ein Schwätzle halten, mehr nicht.
Meist entspringt der Fragegruß allerdings einer gewissen Interessenslage. Fängt einer an: "So, hot ma a nuis Auto kriagt?", dann will er dezidiert wissen, warum der andere schon wieder so viel Geld für sein Heiligsblechle übrig hat. Und ein herzhaft-derbes "So, isch ma auf dr Nas glaufe?" ist schlichtweg von der Neugier diktiert, warum das Gegenüber ein wahres Trumm von Pflaster im Gesicht hat. Typisch bei einem solchen Fragegruß ist allerdings der Versuch, diese Neugier zu kaschieren. Allein schon das fast immer vorgeschaltete So ist ja nicht die Norm bei einer Frage. Vor allem aber soll die indirekte Formulierung mit dem unpersönlichen man statt mit du/ihr/Sie jene Distanz schaffen, die - um noch ein hübsches schwäbisch-alemannisches Wort zu gebrauchen - den Wunderfitz nicht als Unhöflichkeit aussehen lässt.
Übrigens gibt es ähnliche Formen des Fragegrußes in anderen Dialekten, aber auch in der Standardsprache. Zum Teil sind sie zur reinen Floskel verkommen. Wenn der Engländer heute statt eines Grußes "How do you do?" fragt oder der Deutsche "Wie geht's?", so erwartet er eigentlich keine Antwort. In der Regel will er es auch gar nicht so genau wissen. Aber sprachpsychologisch lassen solche Formen aufhorchen. Denn es sind uralte Begrüßungsrituale, und die signalisieren, dass Wissbegier früher zur Kontaktpflege dazugehörte, dass sie ein Indiz war für Zusammengehörigkeitsgefühl, für Anteilnahme am Mitmenschen. Und da ist uns wohl etwas verloren gegangen.
So, des hot ma emol sage miaße.
Freitag, 23. Mai 2014
Zeus kam nicht bis Lampedusa
Einhellige Meinung der Medien in diesen Tagen: Noch haben die Wahlen zum Europäischen Parlament gar nicht stattgefunden, da ist das Postengeschacher schon in vollem Gange. Oder der Postenschacher?
Wir dürfen uns freuen: Beides ist möglich. Der Rechtschreib-Duden nennt zwar nur den Schacher als Synonym für eine üble Geschäftemacherei, im achtbändigen Großen Deutschen Wörterbuch des Verlags findet sich aber auch das Geschacher, und zwar mit gleicher Bedeutung. Der Begriff Postengeschacher, also das Feilschen bei der Vergabe irgendwelcher Ämter, ist vor allem in Deutschland üblich. In Österreich und der Schweiz wiederum spricht man eher vom Postenschacher.
Die Wurzel ist allerdings eindeutig: Wörter wie Schacher, Schacherer oder schachern haben - was man ja kurz denken könnte - nichts mit Schach zu tun. Der Name des Brettspiels geht auf das persische Wort für König zurück, das auch in Schah steckt. Schachmatt heißt nichts anderes als Der König ist tot.
So nobel ist die Herkunft der Schacher-Wortfamilie nicht: Hier stand das hebräische Wort sakar - ausgesprochen: schakar - Pate, das ursprünglich nur mieten, erwerben hieß, dann aber beim Umweg über die Gaunersprache des Rotwelschen ins Negative abrutschte.
Aber wie auch immer: Zu hoffen bleibt, dass bei allem Postengeschacher - oder weniger harsch: Postenpoker - die Sachdiskussion nicht zu kurz kommt. An Themen ist ja kein Mangel: vom Freihandelsabkommen mit den USA über Finanzkrisenmanagement, Datenschutz und Armutszuwanderung bis zur Abschottung der Außengrenzen.
Apropos Außengrenzen. Es gibt eine sehr prominente Europäerin mit außereuropäischem Migrationshintergrund: Europa selbst. Nach der griechischen Mythologie war Europa - ein wahrscheinlich semitischer Name - eine phönizische Königstochter, die sich mit ihren Gespielinnen am Strand des heutigen Libanon vergnügte, als sie Opfer einer Entführung wurde. Göttervater Zeus höchstselbst hatte vom Olymp herunter ein Auge auf die schöne Jungfer geworfen, und testosterongesteuert, wie er nun mal war, nahm er die Gestalt eines Stieres an, ließ sie aufsitzen, sprang mit ihr ins Mittelmeer und schwamm eilends davon.
Übrigens landete er auf Kreta - und nicht auf Lampedusa. Sonst hieße unser Kontinent vielleicht anders.
Wir dürfen uns freuen: Beides ist möglich. Der Rechtschreib-Duden nennt zwar nur den Schacher als Synonym für eine üble Geschäftemacherei, im achtbändigen Großen Deutschen Wörterbuch des Verlags findet sich aber auch das Geschacher, und zwar mit gleicher Bedeutung. Der Begriff Postengeschacher, also das Feilschen bei der Vergabe irgendwelcher Ämter, ist vor allem in Deutschland üblich. In Österreich und der Schweiz wiederum spricht man eher vom Postenschacher.
Die Wurzel ist allerdings eindeutig: Wörter wie Schacher, Schacherer oder schachern haben - was man ja kurz denken könnte - nichts mit Schach zu tun. Der Name des Brettspiels geht auf das persische Wort für König zurück, das auch in Schah steckt. Schachmatt heißt nichts anderes als Der König ist tot.
So nobel ist die Herkunft der Schacher-Wortfamilie nicht: Hier stand das hebräische Wort sakar - ausgesprochen: schakar - Pate, das ursprünglich nur mieten, erwerben hieß, dann aber beim Umweg über die Gaunersprache des Rotwelschen ins Negative abrutschte.
Aber wie auch immer: Zu hoffen bleibt, dass bei allem Postengeschacher - oder weniger harsch: Postenpoker - die Sachdiskussion nicht zu kurz kommt. An Themen ist ja kein Mangel: vom Freihandelsabkommen mit den USA über Finanzkrisenmanagement, Datenschutz und Armutszuwanderung bis zur Abschottung der Außengrenzen.
Apropos Außengrenzen. Es gibt eine sehr prominente Europäerin mit außereuropäischem Migrationshintergrund: Europa selbst. Nach der griechischen Mythologie war Europa - ein wahrscheinlich semitischer Name - eine phönizische Königstochter, die sich mit ihren Gespielinnen am Strand des heutigen Libanon vergnügte, als sie Opfer einer Entführung wurde. Göttervater Zeus höchstselbst hatte vom Olymp herunter ein Auge auf die schöne Jungfer geworfen, und testosterongesteuert, wie er nun mal war, nahm er die Gestalt eines Stieres an, ließ sie aufsitzen, sprang mit ihr ins Mittelmeer und schwamm eilends davon.
Übrigens landete er auf Kreta - und nicht auf Lampedusa. Sonst hieße unser Kontinent vielleicht anders.
Samstag, 17. Mai 2014
Schinden ist schandbar
Mit Redensarten ist es so eine Sache: Man gebraucht sie, aber über ihre ursprüngliche Bedeutung macht sich keiner mehr Gedanken. Oder anders gesagt: Sie sind zwar ihres eigentlichen Sinns entleert, aber werden dennoch sinnstiftend eingesetzt.
Ein aktuelles Beispiel: Im Fall des vom Mord an der kleinen Peggy freigesprochenen Ulvi Kulak erklärte jetzt ein Rundfunkkommentator, man wisse ja, dass die bayerische Justiz mit Angeklagten gerne Schindluder treibe. Griffig formuliert, aber auch deftig - und vor allem wenig appetitlich.
Schauen wir uns den Hintergrund dieser Redensart einmal näher an:
Wird in unseren Kirchen der heilige Apostel Bartholomäus dargestellt, so trägt er entweder ein Messer oder aber seine eigene Haut über dem Arm - und zwar vom Kopf bis zu den Füßen. Oder man sieht den armen, nackten Märtyrer auf einer Bahre liegen, während sich irgendwelche Henkersknechte an ihm zu schaffen machen. Denn der Legende nach wurde er wegen seines Glaubens bei lebendigem Leibe geschunden.
Schinden ist ein altes Wort für die Haut abziehen - übrigens urverwandt mit dem englischen skin für Haut. Die Schindung war in vielen Kulturen eine der furchtbarsten Folter- und Hinrichtungsarten. Und zum Schinder oder Abdecker brachte man tote, kranke, nicht mehr genießbare Tiere. Der zog ihnen die Haut oder Decke ab, und wenn das Fleisch dann am Verderben war, holten es sich die Jäger als Luder, sprich als Aas zum Anlocken, zum Beispiel von Greifvögeln oder Füchsen.
Wird also mit einem Menschen Schindluder getrieben, so heißt das nichts anderes, als dass man ihn schmählich behandelt - wie ekligen Abfall eben.
Auch der wenig schmeichelhafte Ausdruck Luder für gewisse weibliche Wesen gehört hierher.
Ebenso der Schinder für einen üblen Schleifer oder die Schindmähre für ein altes Pferd.
Und wenn wir von Schund sprechen - ob im Zusammenhang mit schlechter Ware oder schlechter Literatur - kommt das ebenfalls aus dieser Ecke.
Das Wort Schande hat allerdings nichts damit zu tun. Aber dass Schinden schandbar ist, steht außer Frage. Und Schindluder treiben im Grunde genommen auch.
Ein aktuelles Beispiel: Im Fall des vom Mord an der kleinen Peggy freigesprochenen Ulvi Kulak erklärte jetzt ein Rundfunkkommentator, man wisse ja, dass die bayerische Justiz mit Angeklagten gerne Schindluder treibe. Griffig formuliert, aber auch deftig - und vor allem wenig appetitlich.
Schauen wir uns den Hintergrund dieser Redensart einmal näher an:
Wird in unseren Kirchen der heilige Apostel Bartholomäus dargestellt, so trägt er entweder ein Messer oder aber seine eigene Haut über dem Arm - und zwar vom Kopf bis zu den Füßen. Oder man sieht den armen, nackten Märtyrer auf einer Bahre liegen, während sich irgendwelche Henkersknechte an ihm zu schaffen machen. Denn der Legende nach wurde er wegen seines Glaubens bei lebendigem Leibe geschunden.
Schinden ist ein altes Wort für die Haut abziehen - übrigens urverwandt mit dem englischen skin für Haut. Die Schindung war in vielen Kulturen eine der furchtbarsten Folter- und Hinrichtungsarten. Und zum Schinder oder Abdecker brachte man tote, kranke, nicht mehr genießbare Tiere. Der zog ihnen die Haut oder Decke ab, und wenn das Fleisch dann am Verderben war, holten es sich die Jäger als Luder, sprich als Aas zum Anlocken, zum Beispiel von Greifvögeln oder Füchsen.
Wird also mit einem Menschen Schindluder getrieben, so heißt das nichts anderes, als dass man ihn schmählich behandelt - wie ekligen Abfall eben.
Auch der wenig schmeichelhafte Ausdruck Luder für gewisse weibliche Wesen gehört hierher.
Ebenso der Schinder für einen üblen Schleifer oder die Schindmähre für ein altes Pferd.
Und wenn wir von Schund sprechen - ob im Zusammenhang mit schlechter Ware oder schlechter Literatur - kommt das ebenfalls aus dieser Ecke.
Das Wort Schande hat allerdings nichts damit zu tun. Aber dass Schinden schandbar ist, steht außer Frage. Und Schindluder treiben im Grunde genommen auch.
Freitag, 9. Mai 2014
Die Wurzeln unserer Wörter scheinen unsere Leser doch sehr zu interessieren. So blieben einige an dem Begriff Schabracke hängen, der letzte Woche in einer Glosse auf Seite 1 unserer Zeitung auftauchte – und das ausgerechnet im Zusammenhang mit Heidi Klum, die doch erkennbar nach ewiger Schönheit strebt. Denn die Nebenbedeutung dieses Wortes ist alles andere als schmeichelhaft. Weil sich früher unter einer Schabracke, also einer kunstvoll verzierten Satteldecke, oft nur ein alter, lahmer Gaul verbarg, den einer noch verkaufen wollte, wurde sie zum Synonym für etwas, was nach außen glänzt, aber bei näherer Betrachtung ziemlich ramponiert ist. PC geht anders.
Das Hinschauen lohnt bei diesem Wort aber aus einem anderen Grund: Wir haben es nämlich den Türken zu verdanken. Mit dem Vorrücken der osmanischen Reiterkrieger auf dem Balkan im 17. Jahrhundert landete ihr caprak in unserer Sprache. Über die Importe aus dem Lateinischen, Französischen und vor allem Englischen wird viel geredet. Aber Wörter mit türkischem Migrationshintergrund haben wir eben auch – und zwar schon seit Zeiten, als noch kaum ein anatolischer Arbeiter seine Koffer packte, um hierzulande sein Brot zu verdienen. Zwar sollen es insgesamt nur rund 150 Begriffe sein und damit ein verschwindend geringer Anteil im 300 000 bis 500 000 umfassenden Wortschatz der deutschen Gegenwartssprache. Doch einige prominente Beispiele sind darunter.
Um bei Heidi Klum zu bleiben: Wenn sie in ihrem deutsch-englischen Kauderwelsch loslegt, mag so mancher Mitbürger einen Dolmetscher brauchen – unser gängiges Wort für Übersetzer, das auf das türkische dilmac zurückgeht.
Und wenn sich ihre Models von Kefir zu Joghurt hungern, so sind auch diese zwei Begriffe der Sprache der Osmanen entnommen. Der Pascha ist türkischen Ursprungs, der Kiosk, der Kelim, aber auch die Tulpe, deren schon vor Jahrhunderten bei uns eingebürgerter Name von türkisch tülbend kommt, was nichts anderes heißt als Turban und auf die blütenähnliche Form dieser typisch orientalischen Kopfbedeckung anspielt.
Auf die sich häufenden Einsprengsel türkischer Begriffe in unserer Jugendsprache einzugehen, würde hier den Rahmen sprengen. Aber ein Wort gehört natürlich noch hierher: Döner Kebap. Der Name für das Lammfleisch vom Drehspieß, das längst auch Deutsche tonnenweise vertilgen, setzt sich zusammen aus dönmek (drehen) und kebap (Fleisch). Als das Goethe-Institut vor einigen Jahren bei einem Wettbewerb die nettesten Beiträge zum Thema Wortimporte prämierte, war auch ein Gedicht über diese Spezialität aus Kleinasien darunter. Hier die letzten Verse:
Das Hinschauen lohnt bei diesem Wort aber aus einem anderen Grund: Wir haben es nämlich den Türken zu verdanken. Mit dem Vorrücken der osmanischen Reiterkrieger auf dem Balkan im 17. Jahrhundert landete ihr caprak in unserer Sprache. Über die Importe aus dem Lateinischen, Französischen und vor allem Englischen wird viel geredet. Aber Wörter mit türkischem Migrationshintergrund haben wir eben auch – und zwar schon seit Zeiten, als noch kaum ein anatolischer Arbeiter seine Koffer packte, um hierzulande sein Brot zu verdienen. Zwar sollen es insgesamt nur rund 150 Begriffe sein und damit ein verschwindend geringer Anteil im 300 000 bis 500 000 umfassenden Wortschatz der deutschen Gegenwartssprache. Doch einige prominente Beispiele sind darunter.
Um bei Heidi Klum zu bleiben: Wenn sie in ihrem deutsch-englischen Kauderwelsch loslegt, mag so mancher Mitbürger einen Dolmetscher brauchen – unser gängiges Wort für Übersetzer, das auf das türkische dilmac zurückgeht.
Und wenn sich ihre Models von Kefir zu Joghurt hungern, so sind auch diese zwei Begriffe der Sprache der Osmanen entnommen. Der Pascha ist türkischen Ursprungs, der Kiosk, der Kelim, aber auch die Tulpe, deren schon vor Jahrhunderten bei uns eingebürgerter Name von türkisch tülbend kommt, was nichts anderes heißt als Turban und auf die blütenähnliche Form dieser typisch orientalischen Kopfbedeckung anspielt.
Auf die sich häufenden Einsprengsel türkischer Begriffe in unserer Jugendsprache einzugehen, würde hier den Rahmen sprengen. Aber ein Wort gehört natürlich noch hierher: Döner Kebap. Der Name für das Lammfleisch vom Drehspieß, das längst auch Deutsche tonnenweise vertilgen, setzt sich zusammen aus dönmek (drehen) und kebap (Fleisch). Als das Goethe-Institut vor einigen Jahren bei einem Wettbewerb die nettesten Beiträge zum Thema Wortimporte prämierte, war auch ein Gedicht über diese Spezialität aus Kleinasien darunter. Hier die letzten Verse:
Beim Grübeln ist mir unter allenKeine hohe Lyrik, aber nachvollziehbar.
Begriffen dann als bestes Wort
der Döner Kebap eingefallen, Migrant aus einem Türkenort.
Mal ist dabei die Kurzform Döner
für mich der klare Favorit.
Dann wieder find ich Kebap schöner,
doch beide machen Appetit.
Freitag, 2. Mai 2014
Barbarossa und die Ziegenwolle
Kleines Häkchen, große Wirkung. In unserer Plauderei von letzter Woche über den Apostroph war auch die Rede vom Streit um des Kaisers Bart. Da kamen manche Leser nicht ohne guten Grund ins Grübeln, woher diese Redensart eigentlich stammt. Also haken wir nach.
Die Bedeutung ist klar: Da streiten sich Leute über etwas, was des Streitens nicht wert ist. Aber was hat der Kaiser damit zu tun, genauer: sein Bart? Wie so oft bei sprichwörtlichen Redewendungen sind hier mehrere Deutungen im Umlauf.
So soll zum einen Karl der Große auf manchen Siegeln mittelalterlicher Urkunden einen Bart getragen haben, auf manchen nicht. Damit lagen Fälschungen nahe, was erbitterte Rechtshändel nach sich ziehen konnte. Diese Lesart krankt allerdings daran, dass ein solcher Streit um des Kaisers Bart nun wirklich keine Lappalie war – und das widerspricht der späteren Bedeutung der Redensart.
Zum anderen könnte die Wendung auf Kaiser Barbarossa zurückzuführen sein, der bekanntlich – glauben wir der Sage – bis heute im thüringischen Kyffhäuser sitzt und auf bessere Zeiten wartet. War sein langer Bart, der durch den Tisch wuchs, nun weiß, weil er schon seit Jahrhunderten im Berg weilte? Oder war er rot, weil er ja nicht umsonst Barbarossa heißt? In der Tat ein eher sinnloser, da nicht zu schlichtender Streit. Dazu passt – etwas anders akzentuiert – auch Emanuel Geibels 1842 geschriebenes Gedicht "Von des Kaisers Bart". Da geraten sich drei junge Burschen im Wirtshaus wegen der Farbe von Barbarossas Bart in die Haare. Schwarz, braun oder weiß – das ist die bei einem Rothaarigen eher hirnrissige Frage. Nachdem auch einiges Blut geflossen ist, gehen sie im Zorn auseinander. Die letzten Verse heißen: "Zankt, wenn ihr sitzt beim Weine, nicht um des Kaisers Bart!"
Vieles spricht für eine volksetymologische Wurzel der Redensart. Der römische Dichter Horaz machte sich einst über die müßige Diskussion lustig, ob man Ziegenhaare ebenso wie beim Schaf auch als Wolle bezeichnen könne. Sein Zitat de lana caprina rixari (sich wegen Ziegenwolle zanken) fand Eingang in mehrere europäische Sprachen, zum Beispiel ins Italienische als disputare della lana caprina oder ins Englische als to contend about a goat’s wool.
Im Deutschen wurde diese lana caprina allerdings irgendwann zu Geißenhaare, dann zu Geißenbart – und schließlich missverstanden als Kaisers Bart. Darüber hinaus kursieren weitere Interpretationen.
Allerdings gibt es wichtigere Dinge im Leben als hochherrschaftliche Haartrachten, und deswegen kein weiteres Wort mehr über Kaisers Bart! Das sei hiermit geschworen – beim Barte des Propheten.
Die Bedeutung ist klar: Da streiten sich Leute über etwas, was des Streitens nicht wert ist. Aber was hat der Kaiser damit zu tun, genauer: sein Bart? Wie so oft bei sprichwörtlichen Redewendungen sind hier mehrere Deutungen im Umlauf.
So soll zum einen Karl der Große auf manchen Siegeln mittelalterlicher Urkunden einen Bart getragen haben, auf manchen nicht. Damit lagen Fälschungen nahe, was erbitterte Rechtshändel nach sich ziehen konnte. Diese Lesart krankt allerdings daran, dass ein solcher Streit um des Kaisers Bart nun wirklich keine Lappalie war – und das widerspricht der späteren Bedeutung der Redensart.
Zum anderen könnte die Wendung auf Kaiser Barbarossa zurückzuführen sein, der bekanntlich – glauben wir der Sage – bis heute im thüringischen Kyffhäuser sitzt und auf bessere Zeiten wartet. War sein langer Bart, der durch den Tisch wuchs, nun weiß, weil er schon seit Jahrhunderten im Berg weilte? Oder war er rot, weil er ja nicht umsonst Barbarossa heißt? In der Tat ein eher sinnloser, da nicht zu schlichtender Streit. Dazu passt – etwas anders akzentuiert – auch Emanuel Geibels 1842 geschriebenes Gedicht "Von des Kaisers Bart". Da geraten sich drei junge Burschen im Wirtshaus wegen der Farbe von Barbarossas Bart in die Haare. Schwarz, braun oder weiß – das ist die bei einem Rothaarigen eher hirnrissige Frage. Nachdem auch einiges Blut geflossen ist, gehen sie im Zorn auseinander. Die letzten Verse heißen: "Zankt, wenn ihr sitzt beim Weine, nicht um des Kaisers Bart!"
Vieles spricht für eine volksetymologische Wurzel der Redensart. Der römische Dichter Horaz machte sich einst über die müßige Diskussion lustig, ob man Ziegenhaare ebenso wie beim Schaf auch als Wolle bezeichnen könne. Sein Zitat de lana caprina rixari (sich wegen Ziegenwolle zanken) fand Eingang in mehrere europäische Sprachen, zum Beispiel ins Italienische als disputare della lana caprina oder ins Englische als to contend about a goat’s wool.
Im Deutschen wurde diese lana caprina allerdings irgendwann zu Geißenhaare, dann zu Geißenbart – und schließlich missverstanden als Kaisers Bart. Darüber hinaus kursieren weitere Interpretationen.
Allerdings gibt es wichtigere Dinge im Leben als hochherrschaftliche Haartrachten, und deswegen kein weiteres Wort mehr über Kaisers Bart! Das sei hiermit geschworen – beim Barte des Propheten.
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