"Der hat aber einen Blatschari an der Brust!" Dieser Satz fiel vor einigen Tagen im Freundeskreis. Ureinwohner des bayerisch-schwäbischen Grenzlandes wussten sofort, was gemeint war - ein Mordstrum von einem Orden. Der Zugereiste jedoch hatte das Wort - obschon seit Jahrzehnten in diesem Landstrich - noch nie gehört. Weil aber Bildungslücken dazu da sind, geschlossen zu werden, macht man sich halt kundig.
Laut bayerischen Dialektexperten soll es sich um ein uraltes Wort handeln. Angeblich kommt es vom lateinischen plaga = Wunde. Mit Blatschari kann ein Grind auf einer Wunde gemeint sein, aber auch allgemein ein Fleck, etwa ein Wasserfleck oder die Hinterlassenschaft eines Vogels, die auf das Hemd pflatscht. Und im übertragenen Sinn ist es einfach etwas Großes: ein Blatschari von einem Hut, ein Blatschari von einem Schirm oder eben ein Blatschari von einem Orden.
Weil wir nun schon bei Bayern sind, bei Anhängseln und lateinischen Sprachwurzeln, drängt sich der Blick auf ein anderes, aber ähnlich klingendes Wort auf: Charivari. Da ist der Fall allerdings komplizierter. Denn aus dem lateinischen caribaria, was Kopfweh, Benommenheit heißen kann, aber davon abgeleitet auch Durcheinander, Lärm, Verrücktheit, haben sich die verschiedensten Bedeutungen entwickelt. In Frankreich kann charivari ein ausschweifender Polterabend sein, aber auch eine Art von Kartoffelsalat aus allerlei Zutaten. Von 1832 bis 1937 hieß dort eine satirische Zeitschrift so, was um 1850 kurz zu einem deutschen Presseprodukt mit demselben Namen führte. Charivari ist zudem eine Umschreibung für Katzenmusik und taucht deswegen auch beim berühmten Morgestraich der Pfeifer und Trommler während der Basler Fasnacht auf. Und schließlich ist es der Fachausdruck für die typisch bayerische Schmuckkette aus Silber, an der Münzen, Medaillen, Hirschhornscheiben, Tierpfoten, Dachsbärte, Fuchszähne etc. baumeln - ein rechtes Durcheinander halt.
Während die bayerische Dame das Charivari allerdings meist um den Hals legt, trägt es das bayerische Mannsbild vor dem Hosenlatz seiner Krachledernen - ehedem wohl auch als Sichtschutz gedacht und quasi ein Relikt aus den Zeiten vor der Erfindung des Reißverschlusses. Auf weitere Hintergründe dieser Platzierung näher einzugehen, unterlassen wir jetzt aus Gründen der Dezenz.
Aber eines ist sicher: Das Gehänge war in Bayern schon immer ein Statussymbol und ist es heute noch. Wer ein Blatschari von Charivari sein Eigen nennt, gilt als gestandener Mann.
Freitag, 6. Juni 2014
WM-Grillen auf brasilianische Art
Was ist - außer dem Zustand von Schweinsteigers Sehne, Neuers Schulter und Lahms Wadenbein - das Wichtigste im Vorfeld der Fußballweltmeisterschaft in Brasilien? Geschäftsauslagen und Anzeigenseiten lassen keine Zweifel: Fernseher, Fahnen, Trikots, Bier - und nicht zuletzt alles, was man so braucht zum Grillen. Denn eines scheinen die Deutschen schon jetzt felsenfest zu glauben: Glotze in den Garten, Grillkohle anheizen - und dann wird es schon werden. Immer nach dem Motto: Gut gegrillt ist halb gewonnen. Was ihnen wohl weniger bewusst ist: Das passt bestens zu Brasilien.
Warum? Schauen wir einmal, woher der südamerikanische Staat eigentlich seinen Namen hat. Brasil heißt glutartig und ist das Adjektiv von portugiesisch brasa = Kohlenglut. Das hat aber nichts mit den glutäugigen Schönheiten von der Copacabana zu tun. Es geht vielmehr auf einen Baum namens Pau-brasil zurück. Dessen Holz wird - wenn geschnitten - glutrot und deshalb auch schon immer zum Färben von Stoffen benutzt.
Nur nebenbei: Das portugiesische brasa hat Entsprechungen in anderen romanischen Sprachen - spanisch ebenfalls brasa, französisch braise, italienisch brace. Die Wurzeln des Begriffes sind aber im Germanischen zu suchen. Wahrscheinlich gehört unsere ganze Wortfamilie rund um brennen/Brand auch dazu.
Nun reicht aber auch die beste Grillkunst auf brasilianische Art nicht für einen Sieg. Da müssen unsere Fußballer mitziehen. Und wie sieht es eigentlich mit dem himmlischen Beistand aus? Gibt es einen Heiligen, der für Fußball zuständig ist? Beim Grillen wird ja gerne der heilige Laurentius angerufen, der - weil er auf einem heißen Rost den Märtyrertod starb - auch als Patron der Köche gilt.
Aber beim Fußballspielen? Blättert man einen einschlägigen Kalender durch, so finden sich Heilige für die verschiedensten Berufe: für Schatzgräber und Butterhändler, Luftschiffer und Erdbeerverkäufer, Seifensieder und Gerichtsdiener, Besenbinder und Stallknechte, Zitherspieler und Ministerialbeamte. Das ließ einen Österreicher nicht ruhen, der vor der WM 2012 einen italienischen Heiligen aus dem 19. Jahrhundert namens Luigi Scrosoppi ausfindig machte. Jener hatte sich angeblich ganz heiligmäßig der Jugendlichen angenommen und sollte deshalb auch als Lichtgestalt für Kicker dienen. Aber San Luigi verschwand bald wieder in der Versenkung.
Diego Maradona hat es uns eigentlich vorgemacht. Er bemühte bei seiner Art von Fußballkunst gerne die Hand Gottes. Aber getoppt wurde er schon in den 1960ern von einem kleinen o-beinigen Linksaußen aus Gelsenkirchen. Der ließ selbst dem Allerhöchsten keine Chance. "An Gott kommt keiner vorbei", stand auf einem Plakat für eine Missionsveranstaltung. Schrieb ein Witzbold darunter: "Außer Stan Libuda".
Herr Löw, übernehmen Sie!
Warum? Schauen wir einmal, woher der südamerikanische Staat eigentlich seinen Namen hat. Brasil heißt glutartig und ist das Adjektiv von portugiesisch brasa = Kohlenglut. Das hat aber nichts mit den glutäugigen Schönheiten von der Copacabana zu tun. Es geht vielmehr auf einen Baum namens Pau-brasil zurück. Dessen Holz wird - wenn geschnitten - glutrot und deshalb auch schon immer zum Färben von Stoffen benutzt.
Nur nebenbei: Das portugiesische brasa hat Entsprechungen in anderen romanischen Sprachen - spanisch ebenfalls brasa, französisch braise, italienisch brace. Die Wurzeln des Begriffes sind aber im Germanischen zu suchen. Wahrscheinlich gehört unsere ganze Wortfamilie rund um brennen/Brand auch dazu.
Nun reicht aber auch die beste Grillkunst auf brasilianische Art nicht für einen Sieg. Da müssen unsere Fußballer mitziehen. Und wie sieht es eigentlich mit dem himmlischen Beistand aus? Gibt es einen Heiligen, der für Fußball zuständig ist? Beim Grillen wird ja gerne der heilige Laurentius angerufen, der - weil er auf einem heißen Rost den Märtyrertod starb - auch als Patron der Köche gilt.
Aber beim Fußballspielen? Blättert man einen einschlägigen Kalender durch, so finden sich Heilige für die verschiedensten Berufe: für Schatzgräber und Butterhändler, Luftschiffer und Erdbeerverkäufer, Seifensieder und Gerichtsdiener, Besenbinder und Stallknechte, Zitherspieler und Ministerialbeamte. Das ließ einen Österreicher nicht ruhen, der vor der WM 2012 einen italienischen Heiligen aus dem 19. Jahrhundert namens Luigi Scrosoppi ausfindig machte. Jener hatte sich angeblich ganz heiligmäßig der Jugendlichen angenommen und sollte deshalb auch als Lichtgestalt für Kicker dienen. Aber San Luigi verschwand bald wieder in der Versenkung.
Diego Maradona hat es uns eigentlich vorgemacht. Er bemühte bei seiner Art von Fußballkunst gerne die Hand Gottes. Aber getoppt wurde er schon in den 1960ern von einem kleinen o-beinigen Linksaußen aus Gelsenkirchen. Der ließ selbst dem Allerhöchsten keine Chance. "An Gott kommt keiner vorbei", stand auf einem Plakat für eine Missionsveranstaltung. Schrieb ein Witzbold darunter: "Außer Stan Libuda".
Herr Löw, übernehmen Sie!
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