"Die Schleiche singt ihr Nachtgebet,So hebt eines der tiefgründelnden Galgenlieder von Christian Morgenstern an. Und es endet:
die Waldgeiß staunend vor ihr steht."
"Die Schleiche fällt in Schlaf alsbald.Da kann man wahrlich ins Sinnen geraten.
Die Geiß geht sinnend durch den Wald."
Aber apropos Schleiche. Da wir an dieser Stelle oft etymologische Themen abhandeln, uns also über die Herkunft von Wörtern auslassen, können Fragen nicht ausbleiben. Woher sind wir eigentlich so sicher, dass ein Wort die eine oder andere klare Wurzel hat? Nun gibt es schlaue Nachschlagewerke, die die Sondierungen der Wissenschaftler quer durch die Sprachgeschichte bündeln. Wann ist ein Wort in welcher Form erstmals dingfest zu machen, wovon kann es abgeleitet sein, welche Verbindungen zu anderen Wörtern und zu anderen lebenden oder toten Sprachen drängen sich auf? So wird gefragt, und dann findet man eine Erklärung. Oder auch nicht. Denn manchmal sind sich die Forscher überhaupt nicht einig.
Nehmen wir nur einmal die Schleiche, genauer gesagt: die Blindschleiche. Da gehen die Ansichten auseinander. Die einen glauben, diese schlangenartige Eidechsenart ohne Beine heiße schon immer so, weil sie so kleine Augen hat und damit fast blind ist.
Die anderen dagegen sehen hier eine volksetymologische Verballhornung, also eine Fehlinterpretation durch Angleichung an ein anderes Wort. Sie sind der Ansicht, dieses blind gehe ursprünglich auf blenden im Sinn von glänzen zurück und spiele auf den bleiernen Glanz der Schuppen an. Mit blind, also unfähig zu sehen, habe es nichts zu tun.
Zu klären wird das wohl nicht mehr sein. Aber bleiben wir noch kurz bei Tiernamen und ihrer volksetymologischen Umdeutung: Ein Vielfraß frisst zwar viel, aber beim Namen des nordischen Großmarders wurde einfach das norwegische Wort fjellfross = Bergkatze auf Deutsch umgemodelt.
Ein Maulwurf wirft keine Mäuler, er ist ein Erdschmeißer. denn in seinem Namen wurde das mittelhochdeutsche molt = Erde zu Maul umgedeutet.
Dass Maul nicht immer gleich Maul im Sinn von Schnauze ist, kennen wir auch schon vom Maultier. Das hieß auf lateinisch mulus, wurde als Maul eingedeutscht und zur Verdeutlichung noch mit -tier kombiniert.
Ein schönes Beispiel ist schließlich die Lachmöwe. Denn die hat überhaupt nichts zu lachen. Dieses Lach heißt eigentlich Gewässer und ist verwandt mit dem deutschen Lache, dem lateinischen lacus, dem englischen lake sowie dem gälischen loch.
Und was steigt ab und an aus den Tiefen des Loch Ness in Schottland? Eine Art Riesenschleiche. Sie geistert kurz durch die Medien – und fällt dann auch in Schlaf alsbald.
Bis zur nächsten Saure-Gurken-Zeit.
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