Uns fehlt hier der Platz, um diesen Wandel bis ins Detail zu erklären. Aber übersetzt man diese drei Begriffe, so erschließt sich eine gewisse Logik.
Präsensperfekt (er hat Schnee geschippt) ist die vollendete Gegenwart,
Präteritum (er schippte Schnee) die Vergangenheit und
Präteritumperfekt (er hatte Schnee geschippt) die vollendete Vergangenheit.
In der Tat war der Begriff Imperfekt, in dem ja unvollendet mitschwingt, schon immer problematisch. Denn im Französischen ist die Unterscheidung von Imparfait (unvollendete Vergangenheit, etwa bei andauernden Handlungen) und Passé simple (einfache Vergangenheit bei abgeschlossenen Handlungen) zwar sinnvoll, aber nicht im Deutschen. Wir haben nur ein Präteritum, und dieses bezeichnet ja gerade einen Vorgang, der abgeschlossen, also vollendet ist. Folgerichtig kann man dann aber auch den Begriff Plusquamperfekt – deutsch: Mehr als vollendet – infrage stellen.
An dieser Stelle lässt sich eine immer wieder auftauchende Frage aus der Leserschaft beantworten. Warum steht bei Zeitungsberichten über irgendein Ereignis der erste Satz in der Regel im Perfekt, der Rest des Textes aber im Präteritum? Hier hilft dieser neuere Begriff Präsensperfekt weiter. Er will sagen: Eine Handlung ist zwar schon abgeschlossen, aber die Auswirkungen reichen noch bis in die Gegenwart hinein.
Nehmen wir mal den Satz: In der Nacht hat es geschneit. Das erschließt sich nicht zuletzt, weil die Straßen morgens weiß sind. Und genau diese Anbindung an die Gegenwart wird im Journalismus bewusst gesucht, um den Leser in eine Geschichte hineinzuziehen.
Einzige Ausnahme: Beim Hilfsverb sein bevorzugt man normalerweise im ersten Satz das Präteritum, man schreibt also nicht Das Konzert in der Festhalle ist ein großer Erfolg gewesen, sondern Das Konzert in der Festhalle war ein großer Erfolg.
Dass man dann bei Zeitungsartikeln im Präteritum fortfährt, hat seinen guten Grund. Zwar benutzen wir in der wörtlichen Rede vor allem das Perfekt – wer sagt schon Gestern schippte er Schnee! Aber im geschriebenen Text wirkt eine Abfolge von Perfektformen mit den Hilfsverben haben und sein doch sehr schwerfällig. Zuerst hat er Schnee geschippt, dann hat er sich umgezogen, und anschließend ist er ins Konzert gegangen… Genau hierfür haben wir das Präteritum.
So, das musste jetzt mal sein – so sperrig diese Materie auch ist. Das Phänomen der Zeitenfolge hat übrigens schon einen Großmeister des höheren Nonsens wie Christian Morgenstern vor 100 Jahren umgetrieben:
Das Perfekt und das ImperfektHat sich was mit Plusquamper, ausgeblinzt!
tranken Sekt.
Sie stießen auf Futurum an
(was man wohl gelten lassen kann).
Plusquamper und Exaktfutur
blinzten nur.
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