Auch bei Anne Will am Mittwochabend war der Ausgang der US-Wahlen das Top-Thema: „Obamas zweite Chance – hat er sie verdient?“ Dabei wurde klar, was er nicht verdient hat, nämlich Diskutanten vom Schlage eines gewissen Thomas Kramer, der seine Millionen als Immobilienhändler in Amerika scheffelt. Dieser Herr meinte, Barack Obama habe allenfalls einen Phallus-Sieg errungen. Als darauf Gelächter ausbrach, murmelte er kryptisch etwas vom trojanischen Pferd (?) und verstummte.
Mit einem Fremdwort glänzen wollen und dann auf dem Bauch landen – man kennt solche Ausrutscher, gerade auf dem Feld der klassischen Bildung: Wenn einer von Syphilis-Arbeit faselt, aber die Qualen jenes Sisyphos meint, der in der Unterwelt auf ewig vergeblich einen Stein den Berg hinaufwuchtet; wenn von der sporadischen Ausstattung eines Autos die Rede ist, wo es doch um die spartanische geht, was auf die genügsame Lebensweise der Bewohner des alten Sparta anspielt; oder wenn jemand angeblich einen Obeliskenblick hat (von Obelisk = ägyptische Spitzsäule), was richtig Basiliskenblick (von Basilisk = Fabeltier mit starrem, unheilvollem Blick) heißen muss.
Und weil gerade wieder Hitlers „Mein Kampf“ im Gespräch ist: Er hatte an einer Stelle ursprünglich von geistigen Zentauren geschrieben, also jenen sagenhaften Wesen, halb Pferd, halb Mensch, was ihm ein Korrektor dann in geistige Zyklopen, also Riesen, verbesserte.
Dass Romney-Sympathisant Kramer bei Anne Will Pyrrhus-Sieg sagen wollte, ist klar. Aber woher kommt diese Redensart eigentlich? Von Pyrrhus-Sieg spricht man, wenn der Sieger aus einem Streit ähnlich geschwächt hervorgeht wie der Besiegte. Der Ausdruck geht auf König Pyrrhus zurück, der in Epirus herrschte, einer antiken Region im heutigen albanisch-griechischen Grenzland. Er soll nach seinem Sieg über die Römer in der Schlacht bei Asculum 279 v. Chr. einem Vertrauten gesagt haben: „Noch so ein Sieg, und wir sind verloren!“
Nichts gegen Fremdwörter, wohlgemerkt. Schon Goethe hat sich vehement gegen Tendenzen ausgesprochen, sie aus der Sprache zu verbannen. In seinen „Xenien“ griff er die Sprachreiniger an: „Teutschland soll rein sich isolieren, / Einen Pestkordon um die Grenze führen, Daß nicht einschleiche fort und fort / Kopf, Körper und Schwanz von fremdem Wort.“ Was er allerdings stillschweigend voraussetzte, war die Kenntnis des Hintergrunds klassischer Zitate.
So bietet sich das Fazit von selbst an: Fremdwörter schaden dem Deutsch der Dichter und Denker nicht, man muss sie nur richtig einsetzen. Sonst kann es von Phall zu Phall peinlich werden.
Freitag, 9. November 2012
Von Phall zu Phall
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