An dieser Stelle bitten wir immer um Anregungen – und diese Bitten werden auch weidlich erhört. Herzlichen Dank!
Einige der Themen erledigen wir sofort.
Andere bleiben unerledigt, weil sie sich einfach nicht für eine Plauderei eignen.
Viele liegen auch auf Halde und harren der Erledigung.
Da gibt es zum Beispiel eine Frage, die schon öfter gestellt wurde: Was heißt eigentlich rocken?
Jüngere Leute mögen belustigt den Kopf schütteln, aber ältere Leser bleiben heute in der Tat an so mancher Überschrift hängen, die sie nicht sofort einordnen können: Tanzclub rockt im Gemeindesaal. Oder: Schüler-Bigband rockt die Festhalle. Oder ganz kurz: Gauck rockt – wie auch in unserem Blatt zu lesen, als unser neuer Bundespräsident auf seiner Polen-Reise bei einem Pop-Festival vorbeischaute.
Was um Himmels willen hat er da gemacht?
Wie so oft bei sprachlichen Dingen geht es hier um eine Bedeutungserweiterung: Als nach dem Krieg der Rock'n'Roll aus den USA zu uns herüberschwappte, tat er das zunächst als Substantiv. Um 1950 war der Begriff für einen neuen Musikstil aus den beiden englischen Verben to rock = hin- und herschaukeln, wiegen, beben und to roll = rollen, schlingern, kullern gebildet worden. Dass mit diesem Rock'n'Roll eine ganz spezielle Betätigung gemeint war, ging den meisten Eltern in Good Old Germany damals gar nicht auf. Sonst wären sie – wenn Elvis sein pelvis, sprich: sein Becken, kreisen ließ und ihre Teenies kreischten – noch schneller in Ohnmacht gefallen.
Bald setzte sich auch das Verb rocken für Rock'n'Roll spielen durch. Dann kamen weitere Bedeutungen hinzu: Sie rocken heißt heute Sie tanzen auf Rockmusik, während Sie rocken die Party nichts anderes sagen will als Sie mischen die Party mit ihrer Musik gehörig auf. Und wenn jemand – wie im Fall Gauck – im übertragenen Sinne rockt, so meint das höchstes Lob: Er begeistert, er nimmt gefangen, er ist einfach ein toller Typ.
Rock und rocken sind also in unserer Sprache vollends angekommen. Allerdings kann es – wenn wie hier ein Fremdwort im Schriftbild mit einem deutschen Wort identisch ist – auch mal kurz haken. Rockmusik, Rockgruppe, Rockstar, Rocksänger, Rockkneipe – alles kein Problem. Bei Rocksaum und Rocktasche wiederum ist sofort klar, dass es um das Kleidungsstück geht. Bei Rockband aber wäre beides möglich. Da muss es dann der Zusammenhang machen.
Und der Rockzipfel? Ein Zipfel ist – neben vielem anderem – im Schwäbischen auch ein unbeholfener Einfaltspinsel. Und so einer rockt nicht.
Also doch die Textilabteilung.
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