Zurzeit genießen wir ja die Oktobersonne, aber die Unbilden der herbstlichen Witterung werden uns im November schon noch einholen. Oder sind es die Unbillen, wie öfter zu hören oder zu lesen ist?
Bei der Vorsilbe Un- kann man in unserer Sprache allerhand Überraschungen erleben. Dazu gehört auch dieses Wort Unbilden, wie es korrekt heißen muss. Es kennt nämlich keinen Singular. Es gibt also nur den Plural die Unbilden im Sinn von unangenehme Auswirkungen oder negative Begleiterscheinungen. Wobei das heute meist im Zusammenhang mit dem Wetter gebraucht wird. In älteren Texten finden sich allerdings auch noch Sätze wie Nach kurzer Zeit floh er die Unbilden der Ehe.
Auf der anderen Seite haben wir das Wort Unbill – heute die Unbill, bei den Brüdern Grimm waren sogar noch der Unbill oder das Unbill möglich. Und dieses Wort kennt keinen Plural. Es gibt nur den Singular die Unbill im Sinn von Unrecht, Kränkung, Misserfolg, Reinfall, Übel. Ein möglicher Satz: Er fürchtete die Unbill eines Ehestreits.
Wie die beiden Wörter Unbill und Unbilden nun genau miteinander verwandt sind, ist umstritten. Aber wie auch immer: Verwechseln sollte man sie nicht.
Zu den Absonderlichkeiten bei der Vorsilbe Un- zählen auch jene Wörter, deren Grundformen ohne un- verschwunden sind. Über sie haben wir uns zwar schon einmal ausgelassen, aber hier eine kleine Auswahl zur Erinnerung: unwirsch, ungeschlacht, ungestüm, Unflat, Ungetüm.
Noch eine Eigenheit: Die Vorsilbe Un- hat zwar meist einen verneinenden Effekt – Unglück ist das Gegenteil von Glück. Manchmal kann sie aber auch verstärkend wirken. Spricht man von Unsummen, so sind besonders große Summen gemeint. Genauso ist es bei Kosten und Unkosten. Das Wort Untiefe wiederum widerspricht sich eigentlich selbst: Es bedeutet zum einen unvorstellbar tief und zum anderen überhaupt nicht tief. Zwei Sätze: Das Schiff versank in den Untiefen des Meeres und Der Sänger bewegte sich in den Untiefen der Schlagermusik.
Und dann haben wir noch eine besondere Ungereimtheit: Er ging ungefrühstückt aus dem Haus – das schreiben viele heute einfach so hin, ohne über die Absurdität des Vorgangs nachzudenken. Denn das heißt ja nichts anderes, als dass da einer einem Kannibalen gerade noch mal von der Gabel gesprungen ist. Besser ist allemal: Er ging aus dem Haus, ohne gefrühstückt zu haben.
Das soll es ja geben – vielleicht hatte er am Vorabend Unmengen getrunken, fühlte sich unpässlich und scheute nichts so sehr wie die Unbill eines hochnotpeinlichen Verhörs.
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