"Tun Sie doch mal was gegen die Unsitte, dass die jungen Leute heute immer nix schreiben statt nichts, wie es sich gehört!" So hat sich dieser Tage eine ältere Lehrerin am Telefon beschwert.
Nun haben wir dieses Problem schon einmal abgehandelt: Nix steht zwar seit einigen Jahren im Duden, jedoch nur als umgangssprachliche Variante. Korrektes Schriftdeutsch ist es nicht. Aber mit Sicherheit wird dieses nix seinen Siegeszug fortsetzen. Zum einen hat es einen modischen englischen Anstrich - ähnlich wie Mix, Box, relax etc. Zum anderen ist es um drei Konsonanten kürzer und damit entschieden ökonomischer, wenn es um das Simsen geht, also um das Schreiben von SMS (Short Message Service = englisch für Kurznachrichtendienst) auf dem Handy. Da wird jeder Buchstabe zum Mehraufwand, und das reizt zur Abkürzung.
Immer mehr Untersuchungen der Internet-Sprache kommen zu der Erkenntnis, dass sich die so genannten alten Medien - Zeitungen, Zeitschriften und Bücher, aber auch Radio und Fernsehen - noch weitgehend an Sprachstandards hielten, die neuen - also vor allem Handy und Internet - jedoch einer Destandardisierung Vorschub leisten. Wir werden uns also auf einiges gefasst machen müssen, wenn es um solche sprachlichen Sparmaßnahmen geht.
Aber seien wir ehrlich: Die Verlockung ist ja auch groß. Als der belgische Comic-Zeichner Peyo 1958 einen ulkigen Namen für seine blauen Zwerge suchte, nannte er sie Schtroumpfs - mit einem ironischen Seitenhieb auf die Konsonantitis der deutschen Sprache, die Ausländer schon immer zur Verzweiflung trieb. Als Schlümpfe kamen sie dann zu uns. Ein einziger Vokal auf sieben Konsonanten!
Aber so selten ist das gar nicht: (Er) schrumpft hat acht Konsonanten, (du) plantschst sogar neun, und (du) schnarchst ebenfalls.
In Schrumpfkopf kommen zwei Vokale auf zehn Konsonanten, in schnurstracks zwei auf elf, in Schmutzschicht zwei auf zwölf, in Schlammschlacht zwei auf dreizehn!
Und wer meint, sieben Konsonanten hintereinander wie in plantschst oder auch Nachtschlaf, Geschäftsschluss und Martkschreier sei das Maximum, täuscht sich. In Geschichtsschreibung sind es acht. Also ein weites Feld!
Und man mag sich gar nicht vorstellen, wie sich unsere jungen Konsonanten-Killer künftig darauf tummeln? Sprachpuristen bricht da heute schon der Angstschweiß aus - mit acht Konsonanten hintereinander, wohlgemerkt!
Freitag, 22. Januar 2010
Was heißt hier farbig? Haiti und seine leidende Bevölkerung beherrschen derzeit die Medien. Dabei tauchen auch Begriffe auf, bei denen die Bedeutungen schnell durcheinander geworfen werden.
Nehmen wir das Wort Kreolen, dessen enorme Vieldeutigkeit hier nur angedeutet werden kann. Auf portugiesisch crioulo und spanisch criollo in der Bedeutung Zögling (von lateinisch creare = erschaffen) zurückgehend, bezeichnet es – streng genommen – zum einen Nachfahren afrikanischer Sklaven in Brasilien (schwarze Kreolen), zum anderen Nachfahren weißer Einwanderer aus romanischen Ländern in Mittelamerika (weiße Kreolen). Da sich aber vor allem in der Karibik die Ethnien – Europäer, Afrikaner und indianische Urbevölkerung – stark mischten, wurde der Begriff kreolisch immer schwammiger. Heute steht er unter anderem für typische Mischformen in Sprache, Musik und Küche aus jener Region, gerade auch aus Haiti.
Klarer zu definieren sind dagegen die beiden Bezeichnungen Mestize und Mulatte. Mestizen – auf spätlateinisch mixticius = Mischling basierend – sind Kinder mit einem indianischen und einem weißen Elternteil, Mulatten sind Kinder mit einem schwarzen und einem weißen Elternteil. Dabei geht spanisch mulato auf mulo = Maultier zurück, also die Kreuzung aus Pferd und Esel. (Nebenbei angemerkt, wird hier im Deutschen genau unterschieden: Maultier heißt das Junge von Eselhengst und Pferdestute, Maulesel das Junge von Pferdehengst und Eselstute).
Nun ist die Überheblichkeit der Weißen, die bei der Worterklärung von Mulatte anklingt, nicht zu überhören. So soll kurz noch ein Problem angerissen werden, das auch unsere Leser immer wieder umtreibt: Kann man heute noch von Negern sprechen, oder hat sich das endgültig erledigt?
In aller Deutlichkeit: Es hat! Stand im Großen Meyer von 1975 noch, die Bevölkerung von Haiti bestehe zum Großteil aus Nachfahren von Negern, so wird in heutigen Nachschlagewerken von Schwarzen oder Einwohnern afrikanischer Herkunft gesprochen.
Und woher dieser Sinneswandel?
Die Gründe sind vielschichtig: Aber letztlich hat vor allem die Nähe von englisch negro zum üblen Schimpfwort nigger eine Rolle gespielt. Gerade die schwarzen Bürgerrechtsbewegungen operierten deswegen immer mit dem Begriff black people (schwarze Menschen). Gedankenlose Diskriminierung – zum Beispiel durch Kinderlieder wie „Neger, Neger, Schornsteinfeger“ – fiel irgendwann auch in Deutschland auf. Und so hat sich dieser Begriff Schwarze für Menschen mit dunkler Hautfarbe auch bei uns als unbedenklich eingebürgert.
Farbige ist dagegen eine umstrittene Bezeichnung. Denn colored people – von weißer Seite in der Ära der Rassentrennung gezielt abwertend eingesetzt – wird von den Schwarzen selbst auch vermieden.
Dazu kursiert ein Text:
Nehmen wir das Wort Kreolen, dessen enorme Vieldeutigkeit hier nur angedeutet werden kann. Auf portugiesisch crioulo und spanisch criollo in der Bedeutung Zögling (von lateinisch creare = erschaffen) zurückgehend, bezeichnet es – streng genommen – zum einen Nachfahren afrikanischer Sklaven in Brasilien (schwarze Kreolen), zum anderen Nachfahren weißer Einwanderer aus romanischen Ländern in Mittelamerika (weiße Kreolen). Da sich aber vor allem in der Karibik die Ethnien – Europäer, Afrikaner und indianische Urbevölkerung – stark mischten, wurde der Begriff kreolisch immer schwammiger. Heute steht er unter anderem für typische Mischformen in Sprache, Musik und Küche aus jener Region, gerade auch aus Haiti.
Klarer zu definieren sind dagegen die beiden Bezeichnungen Mestize und Mulatte. Mestizen – auf spätlateinisch mixticius = Mischling basierend – sind Kinder mit einem indianischen und einem weißen Elternteil, Mulatten sind Kinder mit einem schwarzen und einem weißen Elternteil. Dabei geht spanisch mulato auf mulo = Maultier zurück, also die Kreuzung aus Pferd und Esel. (Nebenbei angemerkt, wird hier im Deutschen genau unterschieden: Maultier heißt das Junge von Eselhengst und Pferdestute, Maulesel das Junge von Pferdehengst und Eselstute).
Nun ist die Überheblichkeit der Weißen, die bei der Worterklärung von Mulatte anklingt, nicht zu überhören. So soll kurz noch ein Problem angerissen werden, das auch unsere Leser immer wieder umtreibt: Kann man heute noch von Negern sprechen, oder hat sich das endgültig erledigt?
In aller Deutlichkeit: Es hat! Stand im Großen Meyer von 1975 noch, die Bevölkerung von Haiti bestehe zum Großteil aus Nachfahren von Negern, so wird in heutigen Nachschlagewerken von Schwarzen oder Einwohnern afrikanischer Herkunft gesprochen.
Und woher dieser Sinneswandel?
Die Gründe sind vielschichtig: Aber letztlich hat vor allem die Nähe von englisch negro zum üblen Schimpfwort nigger eine Rolle gespielt. Gerade die schwarzen Bürgerrechtsbewegungen operierten deswegen immer mit dem Begriff black people (schwarze Menschen). Gedankenlose Diskriminierung – zum Beispiel durch Kinderlieder wie „Neger, Neger, Schornsteinfeger“ – fiel irgendwann auch in Deutschland auf. Und so hat sich dieser Begriff Schwarze für Menschen mit dunkler Hautfarbe auch bei uns als unbedenklich eingebürgert.
Farbige ist dagegen eine umstrittene Bezeichnung. Denn colored people – von weißer Seite in der Ära der Rassentrennung gezielt abwertend eingesetzt – wird von den Schwarzen selbst auch vermieden.
Dazu kursiert ein Text:
"Wenn ich zur Welt komme, bin ich schwarz; wenn ich aufwachse, bin ich schwarz; wenn ich krank bin, bin ich schwarz; wenn ich sterbe, bin ich schwarz. Wenn du zur Welt kommst, bist du rosa; wenn du in die Sonne gehst, bist du rot; wenn du krank bist, bist du grün; wenn du frierst, bist du blau; wenn du stirbst, bist du grau. Und du nennst mich farbig?"
Freitag, 15. Januar 2010
Zwanzigzehn - alles Agenda oder was?
Das neue Jahr 2010 ist noch jung, und so lässt sich auch eine Frage noch nicht umfassend beantworten: Wie nennen die Deutschen dieses Jahr eigentlich, zweitausendzehn oder zwangzighundertzehn oder kurz zwanzigzehn – wie Bundeskanzler Schröder vor sieben Jahren schön griffig seine Agenda taufte?
Und wie wird es weitergehen? Sagen wir nächstes Jahr zweitausendelf oder zwanzighundertelf oder zwanzigelf?
Der Blick in den Duden hilft hier nichts, da es ums Sprechen geht, nicht um eine Rechtschreibregel. Und die immerhin 1344 Seiten starke Duden-Grammatik speist uns mit einem einzigen Satz ab: "Vor allem bei Jahreszahlen sagt man statt zum Beispiel tausendneunhundertsechzig gewöhnlich neunzehnhundertsechzig."
Schauen wir uns das einmal näher an: Bis zum Jahr 999 ist alles klar. Für die Zeit von 1001 bis 1099 wird dann normal weitergezählt – tausendeins bis tausendneunundneunzig. Der Gang nach Canossa fand also im Jahr tausendsiebenundsiebzig statt. Niemand würde zehnhundertsiebenundsiebzig sagen, und auch die Kurzform zehnsiebenundsiebzig ist nicht die Norm.
Das ändert sich aber vom Jahr 1100 an. Barbarossa wurde im Jahr 1122 geboren, und da sagt man dann nicht eintausendeinhundertzweiundzwanzig, sondern elfhundertzweiundzwanzig oder kurz elfzweiundzwanzig.
Im Jahr vierzehnhundertzweiundneunzig entdeckte Columbus Amerika, und neunzehnhundertvierzehn begann der 1. Weltkrieg. Logisch ist das alles eigentlich nicht. Denn ein Stück Rindfleisch wiegt ja auch nicht elfhundertsechzig Gramm, sondern eintausendeinhundertsechzig, und die Entfernung von Berlin nach Rom beträgt auch nicht fünfzehnhundertfünfundzwanzig Kilometer, sondern eintausendfünfhundertfünfundzwanzig.
Aber wie auch immer: Von elfhundert bis neunzehnhundertneunundneunzig ist diese Zählweise bei Jahreszahlen die Regel, vielleicht weil diese Formen manchmal etwas kürzer sind.
Denken wir das nun analog weiter, so ergibt sich folgendes Bild: Wie schon seit dem Millennium gewohnt, zählen wir zweitausendeins, zweitausendzwei …. Derzeit sind wir bei zweitausendzehn, dann kommt zweitausendelf etc. Formulierungen wie zwanzigzehn sind allenfalls plakative Eigennamen. Beim jüngsten Roland-Emmerich-Katastrophenfilm "2012" geht die Tendenz derzeit allerdings auch eher zu zweitausendzwölf als zu zwanzigzwölf. Was aber nach dem Jahr 2100 kommt, liegt in den Sternen. Vielleicht sagen unsere Nachfahren dann – wie es konsequent wäre – für das Jahr 2101 wirklich einundzwanzighunderteins und nicht zweitausendeinhunderteins…
1969 landeten "Zager and Evans" mit ihrem Song "In the year 2525 if men are still alive" einen Welthit. Sie sangen twenty-five twenty-five, also in der Tat fünfundzwanzigfünfundzwanzig. Aber da ist der zweite Teil des Satzes ohnehin der wichtigere: "… wenn die Menschen noch am Leben sind."
Wenn nicht, dann hat sich's ausgezählt.
Und wie wird es weitergehen? Sagen wir nächstes Jahr zweitausendelf oder zwanzighundertelf oder zwanzigelf?
Der Blick in den Duden hilft hier nichts, da es ums Sprechen geht, nicht um eine Rechtschreibregel. Und die immerhin 1344 Seiten starke Duden-Grammatik speist uns mit einem einzigen Satz ab: "Vor allem bei Jahreszahlen sagt man statt zum Beispiel tausendneunhundertsechzig gewöhnlich neunzehnhundertsechzig."
Schauen wir uns das einmal näher an: Bis zum Jahr 999 ist alles klar. Für die Zeit von 1001 bis 1099 wird dann normal weitergezählt – tausendeins bis tausendneunundneunzig. Der Gang nach Canossa fand also im Jahr tausendsiebenundsiebzig statt. Niemand würde zehnhundertsiebenundsiebzig sagen, und auch die Kurzform zehnsiebenundsiebzig ist nicht die Norm.
Das ändert sich aber vom Jahr 1100 an. Barbarossa wurde im Jahr 1122 geboren, und da sagt man dann nicht eintausendeinhundertzweiundzwanzig, sondern elfhundertzweiundzwanzig oder kurz elfzweiundzwanzig.
Im Jahr vierzehnhundertzweiundneunzig entdeckte Columbus Amerika, und neunzehnhundertvierzehn begann der 1. Weltkrieg. Logisch ist das alles eigentlich nicht. Denn ein Stück Rindfleisch wiegt ja auch nicht elfhundertsechzig Gramm, sondern eintausendeinhundertsechzig, und die Entfernung von Berlin nach Rom beträgt auch nicht fünfzehnhundertfünfundzwanzig Kilometer, sondern eintausendfünfhundertfünfundzwanzig.
Aber wie auch immer: Von elfhundert bis neunzehnhundertneunundneunzig ist diese Zählweise bei Jahreszahlen die Regel, vielleicht weil diese Formen manchmal etwas kürzer sind.
Denken wir das nun analog weiter, so ergibt sich folgendes Bild: Wie schon seit dem Millennium gewohnt, zählen wir zweitausendeins, zweitausendzwei …. Derzeit sind wir bei zweitausendzehn, dann kommt zweitausendelf etc. Formulierungen wie zwanzigzehn sind allenfalls plakative Eigennamen. Beim jüngsten Roland-Emmerich-Katastrophenfilm "2012" geht die Tendenz derzeit allerdings auch eher zu zweitausendzwölf als zu zwanzigzwölf. Was aber nach dem Jahr 2100 kommt, liegt in den Sternen. Vielleicht sagen unsere Nachfahren dann – wie es konsequent wäre – für das Jahr 2101 wirklich einundzwanzighunderteins und nicht zweitausendeinhunderteins…
1969 landeten "Zager and Evans" mit ihrem Song "In the year 2525 if men are still alive" einen Welthit. Sie sangen twenty-five twenty-five, also in der Tat fünfundzwanzigfünfundzwanzig. Aber da ist der zweite Teil des Satzes ohnehin der wichtigere: "… wenn die Menschen noch am Leben sind."
Wenn nicht, dann hat sich's ausgezählt.
Freitag, 8. Januar 2010
Im Hornung ist Vorsicht geboten
"So du im Steinbock bist geborn,
geh nicht herum wie selbstverlorn!
Die Stützigkeit ist kein Pläsier,
im Hartmond deinen Leib kurier,
der Onyx und der Hyazinth
vor Traurigkeit und Ängsten sind…“
Zum Jahresbeginn blättert man schon mal in einem alten Kalenderbuch, und da reizen Josef Weinhebers Tierzeichen-Verse von 1937 zum Nachhaken. Einmal abgesehen davon, dass Stützigkeit – einst ein süddeutsch-österreichisches Wort für Widerspenstigkeit, Eigensinn – heute nicht mehr sofort verstanden wird, herrscht auch bei Hartmond Klärungsbedarf. Hartmond ist eine veraltete deutsche Bezeichnung für den Januar – und nebenbei ein schlagender Beweis für die These, dass sich Sprache nur sehr schlecht verordnen lässt.
Unsere Monatsnamen haben bekanntlich lateinische Wurzeln: Januar (nach dem römischen Gott Janus), Februar (nach römischen Reinigungsriten Ende dieses Monats), März (nach dem römischen Kriegsgott Mars)...
In der zweiten Jahreshälfte wird es allerdings kurios: September – obwohl bei uns der neunte Monat des Jahres – heißt eigentlich der siebte, Oktober der achte, November der neunte und Dezember der zehnte. Der Grund: Das römische Jahr begann am 1. März…
Aber trotz dieser Unlogik haben sich die römischen Namen im Volksmund immer gehalten, und alle Versuche einer generellen Umstellung auf deutsche Ausdrücke waren zum Scheitern verurteilt. Schon zu der Zeit Karls des Großen um 800 gab es erste Ansätze, und weitere Vorstöße folgten, die bei einer stark vom Latein bestimmten Kultur allerdings scheitern mussten. Vor allem im deutschtümelnden 19. Jahrhundert kam dann neuer Schwung in die Debatte, auch 1927 unternahm der Deutsche Sprachverein noch einmal einen Anlauf zur Eindeutschung, und die Barden der NS-Zeit übertrieben es ja ohnehin mit ihrem Germanen-Wahn – aber mit letztlich kontraproduktiver Wirkung. Denn nach dem Desaster von 1945 war endgültig Schluss.
So geistern die sprachwissenschaftlich durchaus interessanten deutschen Bezeichnungen für die Monate – ob uralte germanische Wörter, auf Dialekte zurückgehende Varianten oder kunstvolle, zum Teil auch unfreiwillig komisch klingende Neuschöpfungen – heute allenfalls noch durch die Literatur:
Hartmond, Hartung, Eismond (Januar);
Hornung, Sellemond (Februar);
Lenzmond, Lenz , Lenzing (März);
Ostermond, Ostmond (April);
Wonnemond, Wunmond, Weidemond (Mai);
Brachet, Brachmond, Sonnwend (Juni);
Heuert, Heumond (Juli);
Ährenmond, Erntemond, Ernting (August);
Herbstmond, Scheiding (September);
Weinmond, Gilbhart, Gilbmond (Oktober);
Windmond, Nebelung, Nebelmond, Nebling (November);
Heiligenmond, Heilsmond, Christmond, Wending, Julmond (Dezember)
– um nur eine Auswahl zu nennen.
Noch einmal zurück zu Weinheber. Das „Wassermann“-Gedicht für den Februar endet:
"…den Amethyst trag überm Bauch,
tilgt flinken Hirnes Rausch und Rauch.
Was sonsten noch? Im Hornung trink
fest Würzwein und das Tanzbein schwing!“
Und sei auch anständig! So möchte man hinzufügen. Denn Hornung hat eine ganz besondere Bedeutung: So nannten die alten Germanen den an Tagen zu kurz gekommenen Monat Februar – in Anlehnung an hornunc = Bastard, also das uneheliche, hinter einer Ecke (hurna = Horn, Spitze, Ecke) gezeugte und damit zu kurz gekommene Kind. Das ist in wilden Fastnachtszeiten schon eine Überlegung wert.
geh nicht herum wie selbstverlorn!
Die Stützigkeit ist kein Pläsier,
im Hartmond deinen Leib kurier,
der Onyx und der Hyazinth
vor Traurigkeit und Ängsten sind…“
Zum Jahresbeginn blättert man schon mal in einem alten Kalenderbuch, und da reizen Josef Weinhebers Tierzeichen-Verse von 1937 zum Nachhaken. Einmal abgesehen davon, dass Stützigkeit – einst ein süddeutsch-österreichisches Wort für Widerspenstigkeit, Eigensinn – heute nicht mehr sofort verstanden wird, herrscht auch bei Hartmond Klärungsbedarf. Hartmond ist eine veraltete deutsche Bezeichnung für den Januar – und nebenbei ein schlagender Beweis für die These, dass sich Sprache nur sehr schlecht verordnen lässt.
Unsere Monatsnamen haben bekanntlich lateinische Wurzeln: Januar (nach dem römischen Gott Janus), Februar (nach römischen Reinigungsriten Ende dieses Monats), März (nach dem römischen Kriegsgott Mars)...
In der zweiten Jahreshälfte wird es allerdings kurios: September – obwohl bei uns der neunte Monat des Jahres – heißt eigentlich der siebte, Oktober der achte, November der neunte und Dezember der zehnte. Der Grund: Das römische Jahr begann am 1. März…
Aber trotz dieser Unlogik haben sich die römischen Namen im Volksmund immer gehalten, und alle Versuche einer generellen Umstellung auf deutsche Ausdrücke waren zum Scheitern verurteilt. Schon zu der Zeit Karls des Großen um 800 gab es erste Ansätze, und weitere Vorstöße folgten, die bei einer stark vom Latein bestimmten Kultur allerdings scheitern mussten. Vor allem im deutschtümelnden 19. Jahrhundert kam dann neuer Schwung in die Debatte, auch 1927 unternahm der Deutsche Sprachverein noch einmal einen Anlauf zur Eindeutschung, und die Barden der NS-Zeit übertrieben es ja ohnehin mit ihrem Germanen-Wahn – aber mit letztlich kontraproduktiver Wirkung. Denn nach dem Desaster von 1945 war endgültig Schluss.
So geistern die sprachwissenschaftlich durchaus interessanten deutschen Bezeichnungen für die Monate – ob uralte germanische Wörter, auf Dialekte zurückgehende Varianten oder kunstvolle, zum Teil auch unfreiwillig komisch klingende Neuschöpfungen – heute allenfalls noch durch die Literatur:
Hartmond, Hartung, Eismond (Januar);
Hornung, Sellemond (Februar);
Lenzmond, Lenz , Lenzing (März);
Ostermond, Ostmond (April);
Wonnemond, Wunmond, Weidemond (Mai);
Brachet, Brachmond, Sonnwend (Juni);
Heuert, Heumond (Juli);
Ährenmond, Erntemond, Ernting (August);
Herbstmond, Scheiding (September);
Weinmond, Gilbhart, Gilbmond (Oktober);
Windmond, Nebelung, Nebelmond, Nebling (November);
Heiligenmond, Heilsmond, Christmond, Wending, Julmond (Dezember)
– um nur eine Auswahl zu nennen.
Noch einmal zurück zu Weinheber. Das „Wassermann“-Gedicht für den Februar endet:
"…den Amethyst trag überm Bauch,
tilgt flinken Hirnes Rausch und Rauch.
Was sonsten noch? Im Hornung trink
fest Würzwein und das Tanzbein schwing!“
Und sei auch anständig! So möchte man hinzufügen. Denn Hornung hat eine ganz besondere Bedeutung: So nannten die alten Germanen den an Tagen zu kurz gekommenen Monat Februar – in Anlehnung an hornunc = Bastard, also das uneheliche, hinter einer Ecke (hurna = Horn, Spitze, Ecke) gezeugte und damit zu kurz gekommene Kind. Das ist in wilden Fastnachtszeiten schon eine Überlegung wert.
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