Am Sonntagabend haben wir es geschafft. Dann ist das Super-Wahljahr mit Bundestagswahl, Europawahl, Bundespräsidentenwahl, fünf Landtagswahlen und acht Kommunalwahlen endlich vorbei. Und dann sind wir alle superfroh, dass die Politiker sich wieder super auf ihre normalen Aufgaben konzentrieren können.
Super im Sinn von überragend als Adverb, super als Zusatz beim Adjektiv – das ist heute die Norm im Deutschen. Nachschlagewerke haben Wörter wie supergut, superleicht und superschlau, Superfrau, Supermodel und Superpreis schon längst
integriert. Die Freude am Superlativ grassiert bis in die höchsten Kreise: "Supertoll" seien sie gewesen, schrieb unsere Bundeskanzlerin dieser Tage den Fußballspielerinnen nach dem EM-Titelgewinn. Und selbst eine Koseform gibt es mittlerweile:
„Ist ja supi!“.
Darf man da überhaupt noch leise Einspruch erheben? Stilfibeln raten nicht ohne Grund zum sparsamen Umgang mit dem Superlativ, weil man ja nachher nichts mehr zum Zulegen hat. Bismarck soll gesagt haben, der Superlativ reize immer zum Widerspruch, weil mit ihm ein unerträglicher Absolutheitsanspruch verbunden ist.
Das klingt nicht ganz abwegig. Aber der Trend geht eher in die andere Richtung: Auf super folgte mega, was in der Naturwissenschaft für das Millionenfache steht – megacool und mega-in finden sich seit einigen Jahren im Duden. Dann kam giga (das Milliardenfache) – der neueste Duden Nr. 25 kennt den Gigaliner, einen besonders großen Lkw. Und nun warten
wir alle gespannt auf Verbindungen mit tera (das Billionenfache).
Wenn sich aber diese Supermegagiga-Sucht noch mit Gedankenlosigkeit paart, dann wird es tera-blöde. Schon hört man wieder manche Mitbürger vor der Wahl sagen: "Für mich wäre eine ....... Koalition der Super-GAU." (Farbadjektive bitte je nach persönlichem politischem Standpunkt einsetzen!)
GAU steht schlichtweg für "Größter anzunehmender Unfall". Und das noch steigern zu wollen, ist gar nicht supi.
Freitag, 18. September 2009
Von hinnen ist nicht von dannen
So ist es, wenn man sich mal frei nimmt. "Ich dachte schon, Sie hätten sich hehlinge von hinnen gemacht", meinte spitz eine treue Leserin dieser Kolumne.
Der Satz lohnt ein näheres Hinschauen. Dieses von hinnen in der Bedeutung von hier weg ist eine Form, die heute als veraltet gilt.
In der Tat kennen wir sie vor allem aus älteren Texten. Nur drei Beispiele: Bei Paul Gerhardt, dem größten Kirchenlieddichter deutscher Zunge, heißt es in seinem Lied "Die güldene Sonne":
Das Gegenteil heißt übrigens von dannen in der Bedeutung von da (dort) weg. Da kommt einem natürlich sofort das Apostolische Glaubensbekenntnis in der Übersetzung Luthers in den Sinn:
Schauen wir noch kurz das oben zitierte hehlinge im Sinn von heimlich an. Im Schwäbischen ist es ein gängiger Ausdruck. Im Standarddeutschen dagegen gibt es zwar eine ganze Wortfamilie: verhehlen (verbergen, verheimlichen), Hehler (heimlicher Verkäufer geraubter Ware), unverhohlen (unverborgen, unverblümt), keinen Hehl daraus machen (etwas nicht verheimlichen, sondern klar aussprechen). Aber das Adverb hehlinge existiert nicht.
Da gilt dann Ähnliches wie oben: Man gebraucht es, damit es im kollektiven Gedächtnis bleibt. So sei es denn: Ich mache mich jetzt für eine weitere Woche von hinnen. Aber mit Ansage, nicht hehlinge.
Der Satz lohnt ein näheres Hinschauen. Dieses von hinnen in der Bedeutung von hier weg ist eine Form, die heute als veraltet gilt.
In der Tat kennen wir sie vor allem aus älteren Texten. Nur drei Beispiele: Bei Paul Gerhardt, dem größten Kirchenlieddichter deutscher Zunge, heißt es in seinem Lied "Die güldene Sonne":
"Und wo die Frommen / dann sollen hinkommen, / wann sie mit Frieden / von hinnen geschieden / aus dieser Erde vergänglichem Schoß."Auch in der Romantik geht immer irgendwer irgendwann von hinnen, etwa in Eichendorffs Gedicht "Treue":
"So durch dieses Frühlings Blühen / Über Berg‘ und Täler tief, / Sah ich oft dein Bild noch ziehen, / Als ob‘s mich von hinnen rief“.Und was Wunder, dass man in Goethes "Faust" fündig wird:
"Gebraucht der Zeit, sie geht so schnell von hinnen, doch Ordnung lehrt euch Zeit gewinnen."Das mag alles recht altertümlich klingen, gewiss, aber ab und zu darf man eine Lanze für solche Wendungen brechen – ansonsten versteht sie irgendwann niemand mehr. Und unserem heutigen Deutsch geben sie einen netten ironischen Dreh – siehe oben.
Das Gegenteil heißt übrigens von dannen in der Bedeutung von da (dort) weg. Da kommt einem natürlich sofort das Apostolische Glaubensbekenntnis in der Übersetzung Luthers in den Sinn:
"Sitzend zur Rechten Gottes, des allmächtigen Vaters, von dannen er kommen wird, zu richten die Lebendigen und die Toten."Von dannen bezieht sich hier auf den Himmel, und damit wird auch klar: Gemeint ist immer eine Bewegung von einem Ort weg, der weiter entfernt liegt, nicht von dem Ort weg, an dem man sich gerade befindet. Wenn also jemand aufsteht und sagt: "Ich mache mich jetzt von dannen", so ist das streng genommen falsch. Es muss von hinnen heißen.
Schauen wir noch kurz das oben zitierte hehlinge im Sinn von heimlich an. Im Schwäbischen ist es ein gängiger Ausdruck. Im Standarddeutschen dagegen gibt es zwar eine ganze Wortfamilie: verhehlen (verbergen, verheimlichen), Hehler (heimlicher Verkäufer geraubter Ware), unverhohlen (unverborgen, unverblümt), keinen Hehl daraus machen (etwas nicht verheimlichen, sondern klar aussprechen). Aber das Adverb hehlinge existiert nicht.
Da gilt dann Ähnliches wie oben: Man gebraucht es, damit es im kollektiven Gedächtnis bleibt. So sei es denn: Ich mache mich jetzt für eine weitere Woche von hinnen. Aber mit Ansage, nicht hehlinge.
Dienstag, 15. September 2009
"Deutsche Sprach’ ist schwere Sprach’", sagt der Volksmund. Wer’s genauer wissen will: Rolf Waldvogel liefert mit seinem Buch "Wortsalat mit Wurstersoße" einen weiteren Beweis. Daraus liest der langjährige Kulturchef der Schwäbischen Zeitung am Dienstag, 22. September, 20 Uhr, in Friedrichshafen, in der Volkshochschule (vhs, Vortragssaal 1) vor.
Sprache ist ein hohes Gut, sagt man. Aber das scheint viele Zeitgenossen herzlich wenig zu scheren. Seit 2006 geht Rolf Waldvogel in seinen "Sprachplaudereien" auf der SZ-Kulturseite und hier im "Sprachplaudereien"-Blog Fragen rund um Gebrauch und Missbrauch von Sprache nach. 80 dieser Geschichten liegen jetzt als Buch vor.
An Themen ist kein Mangel: Warum muss man zwischen scheinbar und anscheinend so scharf unterscheiden? Woher kommt der Ausdruck Fisimatenten? Ist Wellness überhaupt ein englisches Wort? Was versteht man unter einer Gugelfuhr? Sind Siebenschläfer Nagetiere oder Heilige? Heißt es die E-Mail oder das Email?
Solche Fragen stellt sich Rolf Waldvogel selbst, oder er greift Anregungen aus der Leserschaft auf. So liegt mit dem von Tanja Hanser humorvoll illustrierten und mit einem Register versehenen Buch ein kleines Nachschlagewerk rund um die täglichen Tücken mit der Sprache vor.
Da geht es zum einen um Grammatik, Orthografie und die Folgen der Rechtschreibreform. Zum anderen widmet sich der gerade in den Ruhestand getretene Kulturjournalist in vielen der Glossen dem Bedeutungswandel: Wie verändern sich Wörter, worauf gehen Redensarten zurück, wie kommen Sprachmoden auf, welche Rolle spielen Dialekte, welchen Einfluss haben Werbeslogans, Politikerjargon und Amtsdeutsch, aber auch fremde Sprachen – vor allem Englisch als dominante Weltsprache?
Um all das wird es nun auch bei der Lesung gehen. Aber dabei soll die Unterhaltung nicht zu kurz kommen. Verbiesterte Sprachwächter gibt es nach Waldvogels Meinung genug. Er zählt sich nicht dazu. Nach der Lesung stellt sich der Autor dem Gespräch.
Sprache ist ein hohes Gut, sagt man. Aber das scheint viele Zeitgenossen herzlich wenig zu scheren. Seit 2006 geht Rolf Waldvogel in seinen "Sprachplaudereien" auf der SZ-Kulturseite und hier im "Sprachplaudereien"-Blog Fragen rund um Gebrauch und Missbrauch von Sprache nach. 80 dieser Geschichten liegen jetzt als Buch vor.
An Themen ist kein Mangel: Warum muss man zwischen scheinbar und anscheinend so scharf unterscheiden? Woher kommt der Ausdruck Fisimatenten? Ist Wellness überhaupt ein englisches Wort? Was versteht man unter einer Gugelfuhr? Sind Siebenschläfer Nagetiere oder Heilige? Heißt es die E-Mail oder das Email?
Solche Fragen stellt sich Rolf Waldvogel selbst, oder er greift Anregungen aus der Leserschaft auf. So liegt mit dem von Tanja Hanser humorvoll illustrierten und mit einem Register versehenen Buch ein kleines Nachschlagewerk rund um die täglichen Tücken mit der Sprache vor.
Da geht es zum einen um Grammatik, Orthografie und die Folgen der Rechtschreibreform. Zum anderen widmet sich der gerade in den Ruhestand getretene Kulturjournalist in vielen der Glossen dem Bedeutungswandel: Wie verändern sich Wörter, worauf gehen Redensarten zurück, wie kommen Sprachmoden auf, welche Rolle spielen Dialekte, welchen Einfluss haben Werbeslogans, Politikerjargon und Amtsdeutsch, aber auch fremde Sprachen – vor allem Englisch als dominante Weltsprache?
Um all das wird es nun auch bei der Lesung gehen. Aber dabei soll die Unterhaltung nicht zu kurz kommen. Verbiesterte Sprachwächter gibt es nach Waldvogels Meinung genug. Er zählt sich nicht dazu. Nach der Lesung stellt sich der Autor dem Gespräch.
Donnerstag, 3. September 2009
Volkshochschule: Rolf Waldvogel liest aus "Sprachplaudereien" vor
In Zusammenarbeit mit der städtischen Volkshochschule (vhs) präsentiert die Buchhandlung Gessler am Dienstag, 22. September, 20 Uhr, in der vhs am Charlottenhof (großer Vortragssaal) "Wortsalat mit Wurstersoße" von und mit Rolf Waldvogel.
Blog-Leser wissen es: Dabei handelt es sich um die bekannten Sprachplaudereien des früheren Leiters der Kulturredaktion der Schwäbischen Zeitung in Leutkirch.
Seit Jahren trägt Rolf Waldvogel in seiner wöchentlichen Kolumne humorvoll Fallstricke, Merkwürdigkeiten und Unklarheiten in der deutschen Sprache zusammen und kommentiert sie kenntnisreich. Die besten Folgen sind jetzt als Buch "Wortsalat mit Wurstersoße" erhältlich.
Die Besucher können sich auf einen unterhaltsamen Abend mit dem Autor freuen.
Der Eintritt kostet sechs Euro. Plätze kann man sich reservieren lassen.
Für weitere Rückfragen steht Michael Schlageter zur Verfügung
(Buchhandlung Gessler, Telefon 0 75 41 / 70 06 62, Mobil 01 51 / 53 54 35 05,
E-Mail: michael.schlageter@buchhandlung-gessler.de).
Blog-Leser wissen es: Dabei handelt es sich um die bekannten Sprachplaudereien des früheren Leiters der Kulturredaktion der Schwäbischen Zeitung in Leutkirch.
Seit Jahren trägt Rolf Waldvogel in seiner wöchentlichen Kolumne humorvoll Fallstricke, Merkwürdigkeiten und Unklarheiten in der deutschen Sprache zusammen und kommentiert sie kenntnisreich. Die besten Folgen sind jetzt als Buch "Wortsalat mit Wurstersoße" erhältlich.
Die Besucher können sich auf einen unterhaltsamen Abend mit dem Autor freuen.
Der Eintritt kostet sechs Euro. Plätze kann man sich reservieren lassen.
Für weitere Rückfragen steht Michael Schlageter zur Verfügung
(Buchhandlung Gessler, Telefon 0 75 41 / 70 06 62, Mobil 01 51 / 53 54 35 05,
E-Mail: michael.schlageter@buchhandlung-gessler.de).
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