Fasten im Transitiv
Noch immer ist Fastenzeit. In den letzten Jahren kam es bei dem Wort fasten zu einem erstaunlichen Wandel: "Wir haben uns entschieden, sieben Wochen Plastik zu fasten." Früher hätte man sich bei diesem Verstoß gegen die Grammatik an den Kopf gelangt, heute ist ein solcher Satz keine Seltenheit mehr.
Und es wird ja nicht nur Plastik gefastet, also der Gebrauch von nicht verrottendem Verpackungsmaterial vermieden. Stichproben quer durch die Medien im Internet beweisen: Wer sich zwischen Aschermittwoch und Ostern für den Verzicht auf liebe Gewohnheiten entschieden hat, fastet heute auch Pizza oder Schokolade, Sekt oder Wein. Landauf, landab schwärmt man vom Gewinn an Selbstwert beim Arbeitsfasten, Ärgerfasten, Ausgehfasten, Fernsehfasten, Computerfasten, Autofasten…
Was ist da passiert? Früher unterschied man schlicht zwischen transitiven und intransitiven Verben. Die heutige Sprachwissenschaft sieht das Problem zwar erheblich komplexer, aber in diesem Fall genügt auch ein Rückgriff auf die alte Definition. Etwas vereinfacht dargestellt, sind Verben transitiv, bei denen ein ergänzendes Objekt im Akkusativ stehen kann. Zum Beispiel: Peter trinkt (wen oder was?) den Wein oder Paula kocht (wen oder was?) das Mittagessen. Intransitive Verben hingegen können kein Objekt im Akkusativ als Ergänzung haben. Einschlägige Sätze sind: Er reist, er wartet oder er arbeitet. Da verbietet sich die Frage: wen oder was? Und zu dieser Sorte gehörte früher auch fasten. Ich faste, du fastest, er fastet. Basta.
Das hat sich nun geändert. Seit zwei Wochen fastet er Bier, so kündet heute stolz die Gattin vom Heldenmut ihres Angetrauten - zwar bislang nicht sanktioniert vom Duden, aber das wird schon noch werden. Was der Auslöser für diese neue Mode war, lässt sich nicht mehr sagen. Vielleicht kamen Werbetexter auf die Idee, vielleicht war es eine Analogbildung zu Wörtern wie rocken. Da hieß es früher auch nur Die Musik rockt, und heute rockt die Band den Saal. Nun lässt sich Rock sogar fasten - einfach Ton aus, und schon ist man Asket.
Noch eines: Wie gewöhnungsbedürftig dieser transitive Gebrauch von fasten doch ist, merkt man beim Passiv. Intransitive Verben können in der Regel nicht ins Passiv gesetzt werden. Wenn ich nun aber sagen kann: Ich faste Bier, dann muss auch die Umkehrfunktion gelten: Das Bier wird von mir gefastet. Man stellt sich schon die Meldung vor: Brauerei XY hat Absatzschwierigkeiten, weil zu viel von ihrem Bier gefastet wurde - also zu wenig getrunken. Oder wird es nur zu wenig getrunken, weil es nicht bekömmlich ist?
Dieses Fass machen wir hier jetzt lieber nicht auf.
Freitag, 19. Februar 2016
Fasten und Fasten
Dreimol schlecht g'esse isch au g'fastet". Diskussionen über das Fasten haben ihre eigenen Gesetze, und Sottisen wie dieser Spruch aus dem Allgäu sind dabei keine Seltenheit. Denn die Starken, die fasten, sind stolz auf ihre Stärke, und die Schwachen, die nicht fasten, finden alle Ausreden für ihre Schwäche - keine gute Basis für einen sinnvollen Gedankenaustausch. Also nähern wir uns dem Fasten, wie es bei dieser Rubrik naheliegt, lieber von der sprachlichen Seite.
"Fasten your seat belt!" Legen Sie den Gurt an! Jeder kennt diese Formulierung aus dem Flugzeug. Bei Fasten mag man kurz in die falsche Richtung denken. Allerdings sind solche im Deutschen und Englischen gleich geschriebenen Wörter mit unterschiedlicher Bedeutung ja keine Seltenheit mehr. "Er wurde letzte Woche gehackt", heißt ja nicht, dass jemand zu Frikassee verarbeitet wurde, sondern dass böse Buben seinen Computer attackierten. Sprachgeschichtlich haben die beiden Wörter hacken und to hack durchaus miteinander zu tun. Und genauso ist es bei deutsch fasten und englisch fasten.
Als Wurzel gilt ein altes Wort für fest, das sich in allen germanischen Sprachen findet. Zwischen Aschermittwoch und Ostern aus religiösen Gründen auf die Nahrung zu verzichten, war bereits in frühchristlicher Zeit ein wichtiges Gebot. Aus dem Festhalten an festen Regeln für diese Enthaltsamkeit hat sich wohl schon in der Kirche der Ostgoten das spätere Wort für fasten entwickelt. Parallel dazu heißt fasten auf Englisch heute to fast. Das englische to fasten aber ist festmachen, befestigen, festzurren etc. Die Verwandtschaft liegt allemal auf der Hand: Wer den Gürtel ein paar Löcher enger schnallt, ist ja auch schon halb am Fasten …
Eines sei noch angemerkt. Die Fastenzeit heißt auf Englisch Lent, was mit unserem Lenz verwandt ist - von althochdeutsch lengizinmanoht, dem Monat, in dem die Tage wieder länger werden. Die alten Angelsachsen nannten den Frühling lencten. Allerdings verlor das Wort seine Bedeutung später zugunsten von spring, wie man heute zum Frühling sagt. Lencten lebt nur noch in Lent weiter, dem Fachausdruck für die vorösterliche Zeit der Kasteiung.
"Heute machste dir kein Abendbrot, heute machste dir Gedanken." Das hat der unvergessene Kabarettist Wolfgang Neuss einmal gesagt - auch eine Art, der fastenzeitlichen Bescheidung gerecht zu werden. Und um noch den nachdenkenswerten Spruch eines Mediziners anzuhängen: "Wenn man den Löffel spät abgeben will, muss man sich früh von Messer und Gabel trennen."
Da ist sicher was dran, aber wir wollten ja diese hochproblematische Debatte hier nicht weiter vertiefen.
Dreimol schlecht g'esse isch au g'fastet". Diskussionen über das Fasten haben ihre eigenen Gesetze, und Sottisen wie dieser Spruch aus dem Allgäu sind dabei keine Seltenheit. Denn die Starken, die fasten, sind stolz auf ihre Stärke, und die Schwachen, die nicht fasten, finden alle Ausreden für ihre Schwäche - keine gute Basis für einen sinnvollen Gedankenaustausch. Also nähern wir uns dem Fasten, wie es bei dieser Rubrik naheliegt, lieber von der sprachlichen Seite.
"Fasten your seat belt!" Legen Sie den Gurt an! Jeder kennt diese Formulierung aus dem Flugzeug. Bei Fasten mag man kurz in die falsche Richtung denken. Allerdings sind solche im Deutschen und Englischen gleich geschriebenen Wörter mit unterschiedlicher Bedeutung ja keine Seltenheit mehr. "Er wurde letzte Woche gehackt", heißt ja nicht, dass jemand zu Frikassee verarbeitet wurde, sondern dass böse Buben seinen Computer attackierten. Sprachgeschichtlich haben die beiden Wörter hacken und to hack durchaus miteinander zu tun. Und genauso ist es bei deutsch fasten und englisch fasten.
Als Wurzel gilt ein altes Wort für fest, das sich in allen germanischen Sprachen findet. Zwischen Aschermittwoch und Ostern aus religiösen Gründen auf die Nahrung zu verzichten, war bereits in frühchristlicher Zeit ein wichtiges Gebot. Aus dem Festhalten an festen Regeln für diese Enthaltsamkeit hat sich wohl schon in der Kirche der Ostgoten das spätere Wort für fasten entwickelt. Parallel dazu heißt fasten auf Englisch heute to fast. Das englische to fasten aber ist festmachen, befestigen, festzurren etc. Die Verwandtschaft liegt allemal auf der Hand: Wer den Gürtel ein paar Löcher enger schnallt, ist ja auch schon halb am Fasten …
Eines sei noch angemerkt. Die Fastenzeit heißt auf Englisch Lent, was mit unserem Lenz verwandt ist - von althochdeutsch lengizinmanoht, dem Monat, in dem die Tage wieder länger werden. Die alten Angelsachsen nannten den Frühling lencten. Allerdings verlor das Wort seine Bedeutung später zugunsten von spring, wie man heute zum Frühling sagt. Lencten lebt nur noch in Lent weiter, dem Fachausdruck für die vorösterliche Zeit der Kasteiung.
"Heute machste dir kein Abendbrot, heute machste dir Gedanken." Das hat der unvergessene Kabarettist Wolfgang Neuss einmal gesagt - auch eine Art, der fastenzeitlichen Bescheidung gerecht zu werden. Und um noch den nachdenkenswerten Spruch eines Mediziners anzuhängen: "Wenn man den Löffel spät abgeben will, muss man sich früh von Messer und Gabel trennen."
Da ist sicher was dran, aber wir wollten ja diese hochproblematische Debatte hier nicht weiter vertiefen.
Freitag, 12. Februar 2016
Lessing und das Kauderwebsch
Unlängst wurde an dieser Stelle der Wortmüll im Internet angeprangert. Recht so, befand ein Leser, man könne gar nicht genug über dieses Kauderwebsch wettern. Man stutzt kurz, aber dann wird schnell klar, dass es sich hier um ein originelles Wortspiel handelt. Web - übrigens verwandt mit unseren Spinnweben - ist bekanntlich ein anderes englisches Wort für das weltweite Internet. Und eingebaut in Kauderwelsch, einen gängigen Begriff für eine unverständliche Sprechweise, wird damit der unsägliche Mischmasch aufs Korn genommen, dem viele Nutzer kaum mehr folgen können.
Aber was verbirgt sich hinter diesem seltsamen Kauderwelsch? Der zweite Bestandteil ist leicht herzuleiten. In Caesars "Der Gallische Krieg" ist die Rede vom keltischen Volksstamm der volcae, der vor Christi Geburt wohl links und rechts des Rheins siedelte. Auf diesen Namen - zunächst von den Germanen ebenfalls für die Kelten verwandt, später für alle romanischen Völker - geht auch unser altes Wort welsch zurück. Es konnte italienisch, französisch oder allgemein südländisch bedeuten, oder aber mit einem abschätzigen Beigeschmack unverständlich, fremdartig, undeutsch. Es steckt - nur kurz angedeutet - auch in Wallonien und Wales, in Wallach und Walnuss. Schließlich finden wir es in Rotwelsch, wie man eine geheime Gaunersprache nennt.
Beim ersten Bestandteil scheiden sich jedoch die Geister. Die einen sehen darin ein Relikt des alten Namens Kauer für die Stadt Chur in Graubünden. Kauderwelsch wäre damit das für Außenstehende fremdartig klingende Rätoromanisch jener Gegend.
Andere führen dieses Kauder auf ein früheres Wort für fahrende Kleinhändler zurück, die oft aus dem Süden kamen und schwer zu verstehen waren.
Schließlich könnte auch noch das oberdeutsche Wort kaudern, kuddern mit hineinspielen, womit das Kollern des Truthahns gemeint war und im übertragenen Sinn ein undeutliches Sprechen.
Aber apropos welsch als Synonym für unverständlich: Wie so oft ist das eine Frage der Perspektive. So bedeutet das polnische Wort niemiecki für deutsch - ähnlich ist es in anderen slawischen Sprachen - ursprünglich gar nicht reden oder allenfalls brabbeln können. Für die alten Griechen waren ohnehin alle Nicht-Griechen barbaroi, also Stammler und Stotterer. Und die noch älteren Inder verlästerten alle Nicht-Inder als lallende barbarah.
Wahrscheinlich fing das alles schon im Neandertal an.
"Mir ist es selten genug, dass ich ein Ding kenne und weiß, wie es heißt. Ich möchte sehr oft auch gern wissen, warum dieses Ding so und nicht anders heißt."So bekundete vor über 200 Jahren Gotthold Ephraim Lessing sein großes Interesse an den Wurzeln unserer Wörter. Manch einen treibt diese Neugier heute noch um.
Unlängst wurde an dieser Stelle der Wortmüll im Internet angeprangert. Recht so, befand ein Leser, man könne gar nicht genug über dieses Kauderwebsch wettern. Man stutzt kurz, aber dann wird schnell klar, dass es sich hier um ein originelles Wortspiel handelt. Web - übrigens verwandt mit unseren Spinnweben - ist bekanntlich ein anderes englisches Wort für das weltweite Internet. Und eingebaut in Kauderwelsch, einen gängigen Begriff für eine unverständliche Sprechweise, wird damit der unsägliche Mischmasch aufs Korn genommen, dem viele Nutzer kaum mehr folgen können.
Aber was verbirgt sich hinter diesem seltsamen Kauderwelsch? Der zweite Bestandteil ist leicht herzuleiten. In Caesars "Der Gallische Krieg" ist die Rede vom keltischen Volksstamm der volcae, der vor Christi Geburt wohl links und rechts des Rheins siedelte. Auf diesen Namen - zunächst von den Germanen ebenfalls für die Kelten verwandt, später für alle romanischen Völker - geht auch unser altes Wort welsch zurück. Es konnte italienisch, französisch oder allgemein südländisch bedeuten, oder aber mit einem abschätzigen Beigeschmack unverständlich, fremdartig, undeutsch. Es steckt - nur kurz angedeutet - auch in Wallonien und Wales, in Wallach und Walnuss. Schließlich finden wir es in Rotwelsch, wie man eine geheime Gaunersprache nennt.
Beim ersten Bestandteil scheiden sich jedoch die Geister. Die einen sehen darin ein Relikt des alten Namens Kauer für die Stadt Chur in Graubünden. Kauderwelsch wäre damit das für Außenstehende fremdartig klingende Rätoromanisch jener Gegend.
Andere führen dieses Kauder auf ein früheres Wort für fahrende Kleinhändler zurück, die oft aus dem Süden kamen und schwer zu verstehen waren.
Schließlich könnte auch noch das oberdeutsche Wort kaudern, kuddern mit hineinspielen, womit das Kollern des Truthahns gemeint war und im übertragenen Sinn ein undeutliches Sprechen.
Aber apropos welsch als Synonym für unverständlich: Wie so oft ist das eine Frage der Perspektive. So bedeutet das polnische Wort niemiecki für deutsch - ähnlich ist es in anderen slawischen Sprachen - ursprünglich gar nicht reden oder allenfalls brabbeln können. Für die alten Griechen waren ohnehin alle Nicht-Griechen barbaroi, also Stammler und Stotterer. Und die noch älteren Inder verlästerten alle Nicht-Inder als lallende barbarah.
Wahrscheinlich fing das alles schon im Neandertal an.
Freitag, 5. Februar 2016
Dollmanager gesucht!
OFreude über Freude! Als American-Football-Fan freue er sich wahnsinnig auf den Super Bowl am Sonntag, bekundete ein in der Tat freudig erregt klingender Rundfunkkommentator am Mittwoch in einem unserer Landessender. Aber noch wahnsinniger freue er sich, dass Lady Gaga zum Auftakt des großen Football-Finales die amerikanische Nationalhymne singen werde.
Böse Zungen behaupten ja schon seit geraumer Zeit, es dauere nicht mehr lange, bis sich Deutschland als 51. Stern auf dem US-Banner wiederfindet. Im Ernst: Manche Dinge können einem schon zu denken geben.
Ebenfalls am Mittwoch war überall zu lesen, dass jetzt unsere Polizisten mit sogenannten Body Cams ausgerüstet werden sollen, also Körperkameras. Wobei dieses verschämte sogenannt übrigens immer bekundet, dass die erste Stufe der Einbürgerung eines englischen Begriffs gezündet wurde. Der Rest folgt dann automatisch. Nun ist das englische Wort body cam etwas kürzer als das deutsche, das sei eingeräumt. Aber müssen wir es deswegen bevorzugen?
Man erinnere sich: Vor ein paar Jahren tauchten in unseren Ledergeschäften Body Bags auf. Die Hersteller waren der Meinung, das klinge einfach cool, trendy, fashionable, auf jeden Fall viel besser als Handtasche. Im Lexikon nachgeschaut hatte keiner. Body bag heißt auf Englisch Leichensack.
Ein solch krasses Missverständnis ist in diesem Fall nicht zu befürchten. Trotzdem. Die Probleme fangen ja schon bei der Schreibweise an. Gestern waren, wie Stichproben quer durch die Medien bewiesen, fünf Varianten im Angebot: Body Cam, Body cam, Body-Cam, Bodycam und BodyCam. Ja, was denn nun?
Ob jeder das Wort Body Cam versteht, ist zudem fraglich. Nehmen wir zum Beweis einen anderen Modebegriff. Seit ein paar Jahren wird vom Crowdfunding geredet (crowd = Menge, funding = Finanzierung). Gemeint ist damit die Ankurbelung eines Projekts über die Beteiligung von möglichst vielen, meist per Internet. Übersetzungen wie Massenfinanzierung oder Schwarmfinanzierung gibt es, aber bei unserem Hang zum schicken Anglizismus dürfte doch das englische Wort das Rennen machen. Vielleicht wird auch eines Tages Allgemeingut sein, was es bedeutet. Derzeit ist eher noch Fehlanzeige. Bei einem Test in einer Runde mit zehn Personen war niemand zu einer genauen Definition fähig. Das deutsche Wort Massenfinanzierung hätte zumindest die Annäherung an die Bedeutung erleichtert.
Wie sehr sich das Englische in manchen Hirnwindungen einnistet und dann auch noch zu Fehlschaltungen verführt, mag folgende wahre Geschichte belegen: Dieser Tage wurde ein des Deutschen kaum mächtiger Migrant aus einer Praxis im Oberland wieder weggeschickt. Vermerk auf der Visitenkarte des Arztes für den nächsten Termin: mit Dollmanager. Wer braucht hier eigentlich den Dolmetscher?
OFreude über Freude! Als American-Football-Fan freue er sich wahnsinnig auf den Super Bowl am Sonntag, bekundete ein in der Tat freudig erregt klingender Rundfunkkommentator am Mittwoch in einem unserer Landessender. Aber noch wahnsinniger freue er sich, dass Lady Gaga zum Auftakt des großen Football-Finales die amerikanische Nationalhymne singen werde.
Böse Zungen behaupten ja schon seit geraumer Zeit, es dauere nicht mehr lange, bis sich Deutschland als 51. Stern auf dem US-Banner wiederfindet. Im Ernst: Manche Dinge können einem schon zu denken geben.
Ebenfalls am Mittwoch war überall zu lesen, dass jetzt unsere Polizisten mit sogenannten Body Cams ausgerüstet werden sollen, also Körperkameras. Wobei dieses verschämte sogenannt übrigens immer bekundet, dass die erste Stufe der Einbürgerung eines englischen Begriffs gezündet wurde. Der Rest folgt dann automatisch. Nun ist das englische Wort body cam etwas kürzer als das deutsche, das sei eingeräumt. Aber müssen wir es deswegen bevorzugen?
Man erinnere sich: Vor ein paar Jahren tauchten in unseren Ledergeschäften Body Bags auf. Die Hersteller waren der Meinung, das klinge einfach cool, trendy, fashionable, auf jeden Fall viel besser als Handtasche. Im Lexikon nachgeschaut hatte keiner. Body bag heißt auf Englisch Leichensack.
Ein solch krasses Missverständnis ist in diesem Fall nicht zu befürchten. Trotzdem. Die Probleme fangen ja schon bei der Schreibweise an. Gestern waren, wie Stichproben quer durch die Medien bewiesen, fünf Varianten im Angebot: Body Cam, Body cam, Body-Cam, Bodycam und BodyCam. Ja, was denn nun?
Ob jeder das Wort Body Cam versteht, ist zudem fraglich. Nehmen wir zum Beweis einen anderen Modebegriff. Seit ein paar Jahren wird vom Crowdfunding geredet (crowd = Menge, funding = Finanzierung). Gemeint ist damit die Ankurbelung eines Projekts über die Beteiligung von möglichst vielen, meist per Internet. Übersetzungen wie Massenfinanzierung oder Schwarmfinanzierung gibt es, aber bei unserem Hang zum schicken Anglizismus dürfte doch das englische Wort das Rennen machen. Vielleicht wird auch eines Tages Allgemeingut sein, was es bedeutet. Derzeit ist eher noch Fehlanzeige. Bei einem Test in einer Runde mit zehn Personen war niemand zu einer genauen Definition fähig. Das deutsche Wort Massenfinanzierung hätte zumindest die Annäherung an die Bedeutung erleichtert.
Wie sehr sich das Englische in manchen Hirnwindungen einnistet und dann auch noch zu Fehlschaltungen verführt, mag folgende wahre Geschichte belegen: Dieser Tage wurde ein des Deutschen kaum mächtiger Migrant aus einer Praxis im Oberland wieder weggeschickt. Vermerk auf der Visitenkarte des Arztes für den nächsten Termin: mit Dollmanager. Wer braucht hier eigentlich den Dolmetscher?
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