"Mir ist es selten genug, dass ich ein Ding kenne und weiß, wie es heißt. Ich möchte sehr oft auch gern wissen, warum dieses Ding so und nicht anders heißt."So bekundete vor über 200 Jahren Gotthold Ephraim Lessing sein großes Interesse an den Wurzeln unserer Wörter. Manch einen treibt diese Neugier heute noch um.
Unlängst wurde an dieser Stelle der Wortmüll im Internet angeprangert. Recht so, befand ein Leser, man könne gar nicht genug über dieses Kauderwebsch wettern. Man stutzt kurz, aber dann wird schnell klar, dass es sich hier um ein originelles Wortspiel handelt. Web - übrigens verwandt mit unseren Spinnweben - ist bekanntlich ein anderes englisches Wort für das weltweite Internet. Und eingebaut in Kauderwelsch, einen gängigen Begriff für eine unverständliche Sprechweise, wird damit der unsägliche Mischmasch aufs Korn genommen, dem viele Nutzer kaum mehr folgen können.
Aber was verbirgt sich hinter diesem seltsamen Kauderwelsch? Der zweite Bestandteil ist leicht herzuleiten. In Caesars "Der Gallische Krieg" ist die Rede vom keltischen Volksstamm der volcae, der vor Christi Geburt wohl links und rechts des Rheins siedelte. Auf diesen Namen - zunächst von den Germanen ebenfalls für die Kelten verwandt, später für alle romanischen Völker - geht auch unser altes Wort welsch zurück. Es konnte italienisch, französisch oder allgemein südländisch bedeuten, oder aber mit einem abschätzigen Beigeschmack unverständlich, fremdartig, undeutsch. Es steckt - nur kurz angedeutet - auch in Wallonien und Wales, in Wallach und Walnuss. Schließlich finden wir es in Rotwelsch, wie man eine geheime Gaunersprache nennt.
Beim ersten Bestandteil scheiden sich jedoch die Geister. Die einen sehen darin ein Relikt des alten Namens Kauer für die Stadt Chur in Graubünden. Kauderwelsch wäre damit das für Außenstehende fremdartig klingende Rätoromanisch jener Gegend.
Andere führen dieses Kauder auf ein früheres Wort für fahrende Kleinhändler zurück, die oft aus dem Süden kamen und schwer zu verstehen waren.
Schließlich könnte auch noch das oberdeutsche Wort kaudern, kuddern mit hineinspielen, womit das Kollern des Truthahns gemeint war und im übertragenen Sinn ein undeutliches Sprechen.
Aber apropos welsch als Synonym für unverständlich: Wie so oft ist das eine Frage der Perspektive. So bedeutet das polnische Wort niemiecki für deutsch - ähnlich ist es in anderen slawischen Sprachen - ursprünglich gar nicht reden oder allenfalls brabbeln können. Für die alten Griechen waren ohnehin alle Nicht-Griechen barbaroi, also Stammler und Stotterer. Und die noch älteren Inder verlästerten alle Nicht-Inder als lallende barbarah.
Wahrscheinlich fing das alles schon im Neandertal an.