Galan im Korb
Warum hat der X eigentlich die Y nicht geheiratet? Eine solche Frage wird gerne mal gestellt bei einem Kaffeeklatsch unter Nachbarinnen. Und dann folgt eine ganz einfache Antwort: Weil sie ihm einen Korb gegeben, sprich: weil sie seinen Heiratsantrag abgelehnt hat.
Nicht ganz so einfach sind allerdings die Erklärungen für diese Redensart jemandem einen Korb geben, einen Korb bekommen oder sich einen Korb holen. Die plausibelste unter ihnen wollen wir kurz vorstellen, und wie so oft bei sprachlichen Sondierungen tut sich hier ein Fenster in längst vergangene Zeiten auf.
In der um 1300 verfassten Manessischen Liederhandschrift mit ihren reizenden Miniaturen aus dem höfischen Leben der Minnesänger und ihrer edlen Damen ist auch ein Herr Kristan von Hamle verewigt, wahrscheinlich ein poetisch veranlagter Freiherr aus dem Thüringischen. Erwartungsfroh sitzt der Galan in einem Korb, den ein hübsches Fräulein per Seilwinde zu ihrer Kemenate hochzieht. Aber vielleicht wurden seine Erwartungen auch herb enttäuscht, weil sie gar nichts von ihm wollte und ihn im Gegenteil zum Zeichen ihrer Missachtung auf halbem Weg die ganze Nacht in der Luft hängen ließ - zum Gespött der Leute am anderen Morgen.
Aus dem Mittelalter sind uns mehrere solcher Schwänke rund um abgeblitzte Liebhaber und ihre unerquicklichen Eskapaden zwischen Himmel und Erde überliefert. Im bekanntesten unter ihnen muss sogar der große römische Dichter Vergil als Gefoppter herhalten, der sich begierig zum Techtelmechtel mit der Tochter seines Kaisers von ihr nach oben befördern lässt, wobei dann auch in der Mitte Endstation ist.
Eine Variante dieses Streichs ist sogar noch entschieden ruppiger. Danach hätte manch heiratsunwilliges Mädchen den allzu feurigen Liebhaber in einen Korb gelockt, dessen Boden angeknackst war, sodass er nach einigen Metern - im wahrsten Sinn des Wortes - durchfiel und unsanft auf dem Boden der Tatsachen landete.
Diese groben Geschichten ebbten dann in abgeschwächter Form bis in die Neuzeit nach. Aus dem 17. und dem 18. Jahrhundert ist die Sitte bekannt, dass eine widerstrebende Maid dem ungeliebten Freier zum Zeichen ihrer Abneigung einen Korb ohne Boden zuschicken ließ - was dieser dann wohl als eine bodenlose Gemeinheit empfand, im wahrsten Sinn des Wortes.
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