Für Freunde der bildlichen Rede war der gestrige Medien-sturm in Sachen Fifa ein wahres Fest. Lustvoll bedienten sich die Kommentatoren aus dem Fundus der Metaphorik, und dabei fiel wieder einmal auf, wie hoch doch der Anteil an biblischen Redensarten in unserer Sprache ist - ob die Sprecher und Schreiber sich dessen bewusst sind oder nicht.
Blatter gibt wieder einmal das Unschuldslamm: Hier spielt die christliche Lamm-Symbolik herein, also der Vergleich mit dem schuldlos geopferten Heiland.
Blatter wäscht wie gewohnt seine Hände in Unschuld: Diese Wendung geht auf jene Passage aus dem Passionsgeschehen des Neuen Testaments zurück, da Pilatus sich Wasser reichen lässt, um seine Unschuld am Tod Jesu zu demonstrieren. Allerdings findet sich dieses Bild auch schon im Psalm 26 des Alten Testaments: Ich wasche meine Hände mit Unschuld und halte mich, Herr, zu deinem Altar.
Damit nicht genug: Wie immer bleibt Blatter seinem Image als Wolf im Schafpelz treu - dieser Vergleich stammt aus dem Matthäus-Evangelium (7, 13). Danach soll man sich vor falschen Propheten hüten, die in Schafskleidern auftreten, aber nichts anderes sind als reißende Wölfe.
Und gestern außerdem im Metaphern-Repertoire: Eher geht ein Kamel durchs Nadelöhr, als dass Blatter ein Vergehen zugibt. Hier verstand man zwar, was gemeint war. Allerdings wurde das ursprüngliche Bild der Bibel stark verfremdet. Bei Matthäus (19, 24) steht: Es ist leichter, dass ein Kamel durch ein Nadelöhr geht, denn dass ein Reicher ins Reich Gottes komme. Nebenbei bemerkt: Jesu Äußerung bezog sich wahrscheinlich nicht auf ein echtes Nadelöhr. In Jerusalem soll es vielmehr ein besonders enges Tor in der Stadtmauer namens Nadelöhr gegeben haben, durch das ein Kamel kaum passte.
Dass Joseph S. Blatter letztlich wieder einmal ungeschoren davonkommt, ist leider denkbar. Vielleicht liegt das - nomen est omen - in seinem Familiennamen begründet. Drei Interpretationen für Blatter bieten sich nach den Regeln der Onomastik an, wie man zur Namenskunde auch sagt.
Erstens: Ein Vorfahr könnte die Blattern gehabt und Narben davongetragen haben. Wir hätten hier also einen typischen Übernamen.
Zweitens: Blatters Ahnen waren Jäger. Blattzeit ist die Brunftzeit der Rehe, und das Gerät mit dem der Waidmann auf Bockpirsch das sehnsuchtsvolle Fiepen der Ricke nachahmt, heißt Blatter. Also auch ein Übername.
Drittens: In Familiennamen wie Blatter, Blattner oder Blättner lebt der alte Beruf des Rüstungsschmieds weiter, der für die Ritter Plattenpanzer herstellte. Bei unserem Fifa-Joseph ergibt das durchaus einen Sinn: An ihm prallt alles ab.
Trost bieten allenfalls die Sprüche Salomons (16, 18): Hochmut kommt vor dem Fall.
Freitag, 22. Mai 2015
"Natürlich merken wir, dass der Grundwasserspiegel biblischen Wissens sinkt." So wurde gestern der Bremer Theologe Renke Brahms in unserer Zeitung zitiert. Der Mann hat leider recht. Wer etwa nach der Bedeutung des Pfingstfestes fragt, landet schnell in Untiefen. Bei Weihnachten und Ostern tun sich die Zeitgenossen noch leichter. Aber wessen an Pfingsten gedacht wird, scheint nicht mehr zum Allgemeinwissen zu gehören.
Im Namen steckt allerdings noch die Erinnerung an jene Szene der Apostelgeschichte, da die Jünger Jesu zusammensaßen, ein Sturm aufbrauste, Feuerzungen vom Himmel fielen, sie alle vom Heiligen Geist erfüllt wurden und in verschiedenen Sprachen redeten. Denn geschehen ist dieses Wunder am 50. Tag nach Ostern, und griechisch pentekoste (hemera), von dem unser Wort Pfingsten kommt, ist der 50. (Tag). Französisch pentecôte, italienisch pentecoste und spanisch pentecostés haben dieselbe Wurzel. Im Englischen allerdings gibt es sowohl pentecost als auch ein altes Whitsun. Das heißt nichts anderes als Weißer Sonntag und geht wohl darauf zurück, dass Täuflinge an diesem Tag weiß gekleidet waren - wie bei uns die Kommunionkinder.
Aber das Wort Pfingsten ist noch aus einem anderen Grund interessant: Blättert man in Reclams Lexikon der Reime mit seinen 25 000 Beispielen, so fällt auf, dass es nur wenige Wörter gibt, die sich lediglich auf ein einziges anderes Wort reimen. Etwa Pfingsten. Dazu passt nur geringsten. Dichter haben sich das nicht entgehen lassen. In Pfingstpredigten wird gerne Bert Brecht zitiert, der in seinem "Kinderbuch" schrieb: Pfingsten sind die Geschenke am geringsten, während Ostern, Geburtstag und Weihnachten was einbrachten. Pfarrer widersprechen hier. Oberflächlich habe Brecht zwar recht, weil Weihnachten und Ostern viel geschenkträchtiger seien. Aber spirituell betrachtet, bedeute Gottes Geschenk des Heiligen Geistes natürlich sehr viel - was unbestreitbar richtig ist.
Nebenbei bemerkt: Während Brechts Zeilen reimtechnisch noch ausbaufähig gewesen wären, dichtete Heinz Erhardt raffinierter - wobei man die Fallhöhe verzeihen möge:
Wir haben Glück: Am Pfingstsonntag soll Schluss sein mit dem grauen Himmel. Und dann passt die weiße Hose eh.
Im Namen steckt allerdings noch die Erinnerung an jene Szene der Apostelgeschichte, da die Jünger Jesu zusammensaßen, ein Sturm aufbrauste, Feuerzungen vom Himmel fielen, sie alle vom Heiligen Geist erfüllt wurden und in verschiedenen Sprachen redeten. Denn geschehen ist dieses Wunder am 50. Tag nach Ostern, und griechisch pentekoste (hemera), von dem unser Wort Pfingsten kommt, ist der 50. (Tag). Französisch pentecôte, italienisch pentecoste und spanisch pentecostés haben dieselbe Wurzel. Im Englischen allerdings gibt es sowohl pentecost als auch ein altes Whitsun. Das heißt nichts anderes als Weißer Sonntag und geht wohl darauf zurück, dass Täuflinge an diesem Tag weiß gekleidet waren - wie bei uns die Kommunionkinder.
Aber das Wort Pfingsten ist noch aus einem anderen Grund interessant: Blättert man in Reclams Lexikon der Reime mit seinen 25 000 Beispielen, so fällt auf, dass es nur wenige Wörter gibt, die sich lediglich auf ein einziges anderes Wort reimen. Etwa Pfingsten. Dazu passt nur geringsten. Dichter haben sich das nicht entgehen lassen. In Pfingstpredigten wird gerne Bert Brecht zitiert, der in seinem "Kinderbuch" schrieb: Pfingsten sind die Geschenke am geringsten, während Ostern, Geburtstag und Weihnachten was einbrachten. Pfarrer widersprechen hier. Oberflächlich habe Brecht zwar recht, weil Weihnachten und Ostern viel geschenkträchtiger seien. Aber spirituell betrachtet, bedeute Gottes Geschenk des Heiligen Geistes natürlich sehr viel - was unbestreitbar richtig ist.
Nebenbei bemerkt: Während Brechts Zeilen reimtechnisch noch ausbaufähig gewesen wären, dichtete Heinz Erhardt raffinierter - wobei man die Fallhöhe verzeihen möge:
Wer ahnte, dass zum WeihnachtsfestJoachim Ringelnatz wiederum trieben ganz andere Gedanken um:
Cornelia mich sitzen lässt?
Das war noch nichts: zu Ostern jetzt
hat sie mich abermals versetzt!
Nun freu' ich mich auf Pfingsten
- nicht im geringsten!
Wenn sich der Himmel grau bezieht,
mich stört's nicht im geringsten.
Wer meine weiße Hose sieht,
der merkt doch: Es ist Pfingsten.
Wir haben Glück: Am Pfingstsonntag soll Schluss sein mit dem grauen Himmel. Und dann passt die weiße Hose eh.
Freitag, 15. Mai 2015
Also Veilchen sind auch nichts anderes als Unkraut", verkündet die Gattin beiläufig im Garten - und reizt damit zum Widerspruch. Denn diesen despektierlichen Unterton hat das Blümchen nicht verdient. Nur wenige Pflanzen können mit einem solch schillernden kulturhistorischen Hintergrund aufwarten. Symbol der Bescheidenheit, der Reinheit, der Anmut, der Demut, der Liebe, der Treue, des Frühlings … aus Literatur und Kunst nicht wegzudenken. Und auch an antiken Mythen rund um seine Entstehung fehlt es nicht. So wurde die bildhübsche Tochter des Titans Atlas - der mit der Welt auf den Schultern - einst vom Sonnengott verfolgt. Sie floh jedoch vor ihm und bat in ihrer Verzweiflung Göttervater Zeus um Hilfe. Er hatte Mitleid und verwandelte das schüchterne Kind in ein Veilchen. Geschützt vor den Strahlen des hitzigen Freiers gedeiht es seither im Gebüsch.
Aber auch der Name des Veilchens ist interessant. Die Römer nannten es viola, woraus schon im Mittelalter unser Veiel wurde und später die Verkleinerungsform Veilchen. Dieses lateinische viola steckt auch in Violett, wobei wir uns das Wort für veilchenfarbig aus Frankreich besorgt haben. Dort heißt das Veilchen la violette.
Wie komplex die Farbenlehre ist, sieht man übrigens gerade an solchen Bezeichnungen für die Mischungen von Rot und Blau: Violett ist eine reine Mixtur dieser beiden Farben zu relativ gleichen Teilen. Tendiert das Violett stark in Richtung Rot, so erhält man Magenta. So heißt ein Ort nahe Mailand, wo 1859 bei einer Schlacht im italienischen Unabhängigkeitskrieg so viel Blut geflossen sein soll, dass der Boden diese Farbe annahm. (Ob die Telekom das weiß?)
Hellt man Violett mit weißer Farbe auf, so wird es zu Lila, und dieser Name für den Flieder - französisch lilas und englisch lilac - kam über das Arabische und Persische aus Indien. Wird noch mehr Weiß hinzu gemischt, so entsteht Rosa, wobei Pink, das englische Wort für Rosa und eine beliebte Modefarbe, angeblich eine Spur intensiver ist.
Zurück zu Violett. Sowohl bei Katholiken wie Protestanten ist es die Kirchenfarbe der Buße - etwa während der Advents- und der Fastenzeit. Aber es ist auch die Farbe der Macht, unter anderem bei der Kleidung hoher Würdenträger wie den katholischen Bischöfen. Dabei klingt eine uralte Tradition an: Purpurfarben - eine Variante von Violett - waren die Togen der römischen Kaiser. Gewonnen wurde dieses Purpur aus dem Sekret bestimmter Schnecken, vor allem im Orient, aber auch in Italien. Und warum es als einer der teuersten Farbstoffe der Welt gilt, liegt auf der Hand: Ein Chemiker hat einmal ausgerechnet, dass man zum Färben eines Krönungsmantels rund drei Millionen Purpurschnecken brauchte.
Der Kommentar der Gattin, konfrontiert mit dieser Purpur-Geschichte, war wieder von der eher nüchternen Art: "Wäre der Schleim von Nacktschnecken auch für irgendetwas nützlich, dann gäbe es vielleicht nicht so furchtbar viele davon."
Wo sie recht hat, hat sie recht.
Aber auch der Name des Veilchens ist interessant. Die Römer nannten es viola, woraus schon im Mittelalter unser Veiel wurde und später die Verkleinerungsform Veilchen. Dieses lateinische viola steckt auch in Violett, wobei wir uns das Wort für veilchenfarbig aus Frankreich besorgt haben. Dort heißt das Veilchen la violette.
Wie komplex die Farbenlehre ist, sieht man übrigens gerade an solchen Bezeichnungen für die Mischungen von Rot und Blau: Violett ist eine reine Mixtur dieser beiden Farben zu relativ gleichen Teilen. Tendiert das Violett stark in Richtung Rot, so erhält man Magenta. So heißt ein Ort nahe Mailand, wo 1859 bei einer Schlacht im italienischen Unabhängigkeitskrieg so viel Blut geflossen sein soll, dass der Boden diese Farbe annahm. (Ob die Telekom das weiß?)
Hellt man Violett mit weißer Farbe auf, so wird es zu Lila, und dieser Name für den Flieder - französisch lilas und englisch lilac - kam über das Arabische und Persische aus Indien. Wird noch mehr Weiß hinzu gemischt, so entsteht Rosa, wobei Pink, das englische Wort für Rosa und eine beliebte Modefarbe, angeblich eine Spur intensiver ist.
Zurück zu Violett. Sowohl bei Katholiken wie Protestanten ist es die Kirchenfarbe der Buße - etwa während der Advents- und der Fastenzeit. Aber es ist auch die Farbe der Macht, unter anderem bei der Kleidung hoher Würdenträger wie den katholischen Bischöfen. Dabei klingt eine uralte Tradition an: Purpurfarben - eine Variante von Violett - waren die Togen der römischen Kaiser. Gewonnen wurde dieses Purpur aus dem Sekret bestimmter Schnecken, vor allem im Orient, aber auch in Italien. Und warum es als einer der teuersten Farbstoffe der Welt gilt, liegt auf der Hand: Ein Chemiker hat einmal ausgerechnet, dass man zum Färben eines Krönungsmantels rund drei Millionen Purpurschnecken brauchte.
Der Kommentar der Gattin, konfrontiert mit dieser Purpur-Geschichte, war wieder von der eher nüchternen Art: "Wäre der Schleim von Nacktschnecken auch für irgendetwas nützlich, dann gäbe es vielleicht nicht so furchtbar viele davon."
Wo sie recht hat, hat sie recht.
Freitag, 8. Mai 2015
Auch auf die Gefahr hin, dass es keiner mehr hören kann, geht es im Folgenden um den Streik. Aber natürlich nicht um irgendwelche Winkelzüge von Herrn Weselsky, sondern um die sprachgeschichtlichen Hintergründe.
Ein Wort wie Streik wird immer mehr zum Fossil. Je begieriger sich die Deutschen englische Begriffe - von affiliate marketing bis zero-based budgeting - einfach in deren Originalversion einverleiben, desto weiter entfernen wir uns vom Prinzip der Anfänge dieser fremdsprachlichen Invasion. Denn im 18. und 19. Jahrhundert wurden englische Wörter oft noch direkt ins Deutsche integriert, das heißt in Lautung und Schreibweise angeglichen - und dies so stark, dass man den Ursprung bald nicht mehr wahrnahm.
An Beispielen ist kein Mangel: Wir ziehen einen Frack (englisch frock) an und binden den Schal (shawl) um. Im Sport - übrigens selbst ein englisches Lehnwort - finden sich Begriffe wie Klub (Club) und Paddel (paddle).
Man isst Kekse (Cakes), verfeuert Koks (cokes) oder zahlt per Scheck (cheque). Und man zettelt einen Streik an.
Das Wort Streik kommt vom englischen Substantiv strike im Sinn von Arbeitsniederlegung. Als frühe Entlehnung des 19. Jahrhunderts wurde es zunächst nur auf Vorgänge auf der Insel bezogen, wo man ja mit der Industrialisierung schon weiter war als auf dem Kontinent. Aber als dann 1865 die Buchdrucker in Leipzig in den Ausstand gingen, setzten sie das Wort Streik auch für ihren Arbeitskampf ein. To strike heißt eigentlich streichen, und seine übertragene Bedeutung entwickelte sich wohl aus der Formulierung to strike work, auf Deutsch die Arbeit streichen im Sinn von das Arbeitsgerät weglegen. Man denke nur an die Redewendung die Segel streichen.
Nun streichen also die Lokführer die Segel - ein schiefes Bild.
Aber wenn wir es schon von bildlichen Begriffen haben: Auf Französisch heißt streiken faire la grève, und die Geschichte, die hinter dieser Formulierung steckt, lohnt einen kurzen Abstecher über den Rhein. Grève heißt eigentlich Kies- oder Sandstrand. Nun gab es an der Seine in Paris früher einen Uferabschnitt, nach dem der anliegende Platz Place de Grève genannt wurde, heute Place de l'Hôtel-de-Ville. Dort traf man sich zu Volksfesten, auch Hinrichtungen soll es gegeben haben. Im 19. Jahrhundert war es dann vor allem der Ort, wo sich Arbeitslose einfanden und Unternehmer nach Arbeitskräften Ausschau hielten. Später verkehrte sich das allerdings ins Gegenteil. Auf der Place de Grève versammelten sich fortan just jene Berufstätigen, die - warum auch immer - die Arbeit niederlegen wollten. Ils faisaient la grève - sie zogen den Sandstrand vor, wenn man so will…
Auf Italienisch heißt streiken unter anderem fare le bizze, auch zu übersetzen mit bockig, ein sturer Bock sein. Hat da jemand was von Weselsky gesagt?
Ein Wort wie Streik wird immer mehr zum Fossil. Je begieriger sich die Deutschen englische Begriffe - von affiliate marketing bis zero-based budgeting - einfach in deren Originalversion einverleiben, desto weiter entfernen wir uns vom Prinzip der Anfänge dieser fremdsprachlichen Invasion. Denn im 18. und 19. Jahrhundert wurden englische Wörter oft noch direkt ins Deutsche integriert, das heißt in Lautung und Schreibweise angeglichen - und dies so stark, dass man den Ursprung bald nicht mehr wahrnahm.
An Beispielen ist kein Mangel: Wir ziehen einen Frack (englisch frock) an und binden den Schal (shawl) um. Im Sport - übrigens selbst ein englisches Lehnwort - finden sich Begriffe wie Klub (Club) und Paddel (paddle).
Man isst Kekse (Cakes), verfeuert Koks (cokes) oder zahlt per Scheck (cheque). Und man zettelt einen Streik an.
Das Wort Streik kommt vom englischen Substantiv strike im Sinn von Arbeitsniederlegung. Als frühe Entlehnung des 19. Jahrhunderts wurde es zunächst nur auf Vorgänge auf der Insel bezogen, wo man ja mit der Industrialisierung schon weiter war als auf dem Kontinent. Aber als dann 1865 die Buchdrucker in Leipzig in den Ausstand gingen, setzten sie das Wort Streik auch für ihren Arbeitskampf ein. To strike heißt eigentlich streichen, und seine übertragene Bedeutung entwickelte sich wohl aus der Formulierung to strike work, auf Deutsch die Arbeit streichen im Sinn von das Arbeitsgerät weglegen. Man denke nur an die Redewendung die Segel streichen.
Nun streichen also die Lokführer die Segel - ein schiefes Bild.
Aber wenn wir es schon von bildlichen Begriffen haben: Auf Französisch heißt streiken faire la grève, und die Geschichte, die hinter dieser Formulierung steckt, lohnt einen kurzen Abstecher über den Rhein. Grève heißt eigentlich Kies- oder Sandstrand. Nun gab es an der Seine in Paris früher einen Uferabschnitt, nach dem der anliegende Platz Place de Grève genannt wurde, heute Place de l'Hôtel-de-Ville. Dort traf man sich zu Volksfesten, auch Hinrichtungen soll es gegeben haben. Im 19. Jahrhundert war es dann vor allem der Ort, wo sich Arbeitslose einfanden und Unternehmer nach Arbeitskräften Ausschau hielten. Später verkehrte sich das allerdings ins Gegenteil. Auf der Place de Grève versammelten sich fortan just jene Berufstätigen, die - warum auch immer - die Arbeit niederlegen wollten. Ils faisaient la grève - sie zogen den Sandstrand vor, wenn man so will…
Auf Italienisch heißt streiken unter anderem fare le bizze, auch zu übersetzen mit bockig, ein sturer Bock sein. Hat da jemand was von Weselsky gesagt?
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