Jetzt rollt sie wieder, die Ferienwelle. Aber das kann nicht ausbleiben, wenn sich alle vom Acker machen.
Vom Acker? Arbeiten die denn alle in der Landwirtschaft?
Natürlich nicht, aber streng genommen, wird hier genau das behauptet. Wir benutzen in unserer Sprache eben andauernd Bilder, Metaphern, sprichwörtliche Redensarten, ohne groß darüber nachzudenken. Gerade die Begriffe für das Weggehen, Sich Fortbewegen, Sich Entfernen sind ein weites, in allen Schattierungen schillerndes Feld, das ein näheres Hinschauen lohnt. Denn nicht selten transportieren solche Redewendungen ja einen gewissen Sprachwitz, spiegeln soziale Unterschiede oder geben Einblicke in vergangene Welten.
Statt vom Acker machen bieten sich je nach Sprachebene an: abhauen, sich davon machen, das Weite suchen, die Kurve kratzen, die Biege machen, sich verziehen, abdampfen, sich abseilen, sich trollen, abschwirren, die Mücke, Fliege oder Flatter machen, sich verdünnisieren, verkrümeln, von der Bildfläche verschwinden, Leine ziehen…
Oft klingt ein Moment der schnellen Flucht an. So hat uns die Jagdsprache Ausdruck wie in die Büsche schlagen gebracht oder – besonders hübsch – das Hasenpanier ergreifen. Hier wird auf das Schwänzchen angespielt, das der Feldhase beim eiligen Davonhoppeln wie ein Panier, also ein Banner, hochreckt.
Viele dieser Redensarten drücken zudem etwas Unrechtmäßiges, Heimliches aus: sich davon stehlen, verduften, oder türmen, was nichts anderes bedeutet, als aus dem Turm, also dem Gefängnis, entfliehen.
Interessant ist eine Formulierung wie Fersengeld geben, wobei sich die Sprachwissenschaftler über deren Ursprung nicht ganz sicher sind. Wahrscheinlich war damit gemeint, dass einer statt seine Zeche zu zahlen, sein Heil in der Flucht suchte, und man dann statt Münzen nur noch seine Fersen sah.
Auch bei stiften gehen ist die Wurzel unklar. Vieles spricht allerdings dafür, dass es mit dem alten Wort stieben, also durch schnelles Laufen Staub aufwirbeln, zu tun hat.
Und apropos Staub: Wer sich aus dem Staub machte, der nützte den dichten Staub, der im Schlachtengetümmel aufstieg, um sich unbemerkt von der Truppe zu entfernen.
Wir machen uns jetzt auch aus dem Staub, aber nicht heimlich, sondern mit Ansage: Wenn sich alle vom Acker machen, wollen wir das auch tun. Anfang September kehren wir dann aufs Feld zurück, spucken in die Hände und greifen zur Spitzhacke – bildlich gesprochen.
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