Die einfache Antwort lautet: Schultes ist die schwäbische Variante von Schultheiß, einem alten Wort, das bis in die Zeiten der Völkerwanderung zurückreicht. Sculdhais nannten die ostgermanischen Langobarden im 6./7. Jahrhundert den Vorsteher eines Gemeinwesens, der die Schuld heischte, der also um es in modernerem Deutsch zu sagen für die Herrschaft die Abgaben einforderte.
Schon im Mittelalter wurde diese Bezeichnung auf den obersten Vertreter einer Ortschaft übertragen, um dann später auch zum Synonym für Bürgermeister zu werden, allerdings eher von Dörfern oder kleineren Städten.
Der Schultheiß hat übrigens auch kräftig auf unsere deutschen Familiennamen abgefärbt: Ob sie heute nun Schultheis, Schult, Schulte, Schulten, Schultes, Schulz, Schulze oder Schulten heißen, Scholz, Scholze oder Scholtes, Heiss oder Theiß sie alle dürften irgendjemand unter ihren Vorfahren gehabt haben, der einmal in seiner Gemeinde den Ton angab.
Im Schwabenland hat sich der Begriff des Schultheißen übrigens besonders lange gehalten. So wurden in Württemberg die Amtsbezeichnungen Schultheiß bzw. Stadtschultheiß für den Ortsvorsteher erst 1930 durch Bürgermeister und Oberbürgermeister ersetzt, und wohl deswegen spricht man hier noch ganz selbstverständlich vom Schultes nicht nur in der Mäulesmühle mit ihrem quadratschädligen Bürgermeister, der meistens von seinem knitzen Amtsboten Hannes ausgeschmiert wird, sondern flächendeckend.
Da wir allerdings in einem Bindestrich-Land leben, soll kurz noch der badische Kollege des württembergischen Schultes zu Wort kommen. Am Oberrhein und im Schwarzwald spricht man vom Vogt, meint aber genau dasselbe.
In diesem Jahr wird groß der 250. Geburtstag von Johann Peter Hebel gefeiert. Deswegen seien zum Schluss ein paar alemannische Verse des Dichtertheologen aus dem Markgräflerland gestattet:
Ne Trunk in Ehre,
wer will’s verwehre?
Trinkt’s Blüemli nit si Morgethau,
trinkt nit der Vogt si Schöppli au?
Und wer am Werchtig schafft, dem bringt der Rebesaft
am Sunntig neui Chraft.
Freuen wir uns auf Sonntag!
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