Ein Klacks Tomatchup
Diskussion mit einem Vierjährigen beim Mittagessen: "Warum ist da eine Tomate auf dem Ketchup?" - "Weil da Tomaten drin sind." - "Warum heißt es dann nicht Tomatchup?" Sprach's und klatschte sich eine ordentliche Portion auf seine Bratwurst.
So schnell wird man von einem Nachwuchslinguisten ad absurdum geführt. Der Knirps hat zudem den Kern des Problems angesprochen. Korrekt müsste man in der Tat Tomatenketchup sagen. Ketchup ist zunächst einmal nur der Name einer Würzsauce aus Fernost. Ob das Wort nun aus dem Chinesischen, Malaysischen oder Indischen stammt, ist unter Sprachforschern strittig.
Auch das französische escavèche für eine nordfranzösisch-wallonische Fischtunke auf Essigbasis ist schon als Wurzel bemüht worden, aus der sich dann über englisch caveach das Wort Ketchup entwickelt haben soll - was eher wenig überzeugend klingt. Der Etymologie-Duden hat sich klar für das malaysische kechap als Quelle entschieden, dem dort gängigen Begriff für eine gewürzte Fischsauce. So hätten wir es letztlich mit einem der vielen Exporte aus der asiatischen Küche zu tun, die nicht nur in unseren Kochtöpfen landen, sondern auch in unserer Sprache - vom Nahen über den Mittleren bis zum Fernen Osten, von Falafel über Pilaw, Bami Goreng und Chop Suey bis zu Sushi.
In Ketchup kann also naturgemäß allerlei eingelegt sein - ob Paprika, Gurken, Sojabohnen, Chilischoten, Nüsse, Zwiebeln, Schalentiere oder Fisch. Erst nach 1800 soll man in den USA begonnen haben, auch pürierte Tomaten beizumengen - wahrscheinlich angeregt durch die Vorliebe italienischer Einwanderer für Tomatensaucen jedweder Art. Und so begann der weltweite Siegeszug des tomato ketchup, bei uns heute allgemein abgekürzt zu Ketchup.
Noch ein Nachklapp zur Schreibweise: Ähnlich wie bei Mayonnaise/Majonäse, ist laut Duden seit der Rechtschreibreform von 2006 die eingedeutschte Variante Ketschup erlaubt - für viele ein Unding. Als man allerdings den Vorsitzenden des Rates für deutsche Rechtschreibung, den früheren bayerischen Kultusminister Hans Zehetmair, im Vorfeld fragte, ob man wirklich künftig Ketschup schreiben dürfe, ließ er eine gewisse Gleichgültigkeit erkennen. Da er das Produkt nicht möge, könne er sich da nicht ereifern. Es sei "ein grässliches Wort für eine grässliche Sache". - Der Vierjährige sieht das natürlich ganz anders.