Bei Aldi ist gerade französische Woche. Was bestens zu den Feierlichkeiten passt, mit denen jetzt am Wochenende der legendären Rede General de Gaulles an die deutsche Jugend in Ludwigsburg vor 50 Jahren gedacht wird. Immerhin geben sich Staatspräsident François Hollande und Kanzlerin Angela Merkel morgen höchstselbst die Ehre, um an die Bedeutung jenes Meilensteins auf dem Weg zur Aussöhnung der beiden Völker zu erinnern.
Nun spielte bei all diesen Bemühungen um Normalität nach drei fürchterlichen Kriegen zwischen 1870 und 1945 die Beherrschung der Sprache immer eine maßgebliche Rolle. Und da gilt Französisch aus deutscher Sicht ja nicht gerade als leicht zu lernen. Das fängt schon bei der Aussprache an. Womit wir noch einmal im Aldi wären: Da taten sich vor den Regalen mit den Köstlichkeiten von Loup de mer à la provençale bis Crémant de Bourgogne auch viele Fragen auf. Zum Beispiel: Spricht man das s am Ende von Calvados? Oder spricht man es nicht – so wie das t bei Merlot?
Um es gleich klarzustellen: Man spricht es, und schon hat man einen Reim auf Adelsspross.
Damit fällt aber auch ein Licht auf eine Eigenheit des Französischen. Dessen Schriftbild spiegelt oft frühere Zustände, die von der Aussprache längst überholt wurden. Oder anders gesagt: Die Académie Française, altehrwürdige Hüterin französischer Sprachgewohnheiten, hat orthografische Vereinfachungen wie etwa bei uns durch Konrad Duden gegen 1900 aus Gründen der Traditionspflege immer eher blockiert.
Als Paradebeispiel können die verschiedenen Schreibweisen für den Laut o gelten. Hier sind mal 18 Varianten – aber ohne den Anspruch auf Vollzähligkeit: o (wie in oreille = Ohr), oc (l‘accroc = Riss), oo (le zoo = der Zoo), op (trop = zu viel), od (im Namen des Apéritifs Pernod), os (gros = dick), ot (le lot = das Los), ô (le dôme = die Kuppel), au (aussi = auch), aud (chaud = warm), aul (l’aulne = die Erle), auld (im Namen des Schriftstellers La Rochefoucauld), ault (im Namen der Automarke Renault), aut ( le saut = der Sprung), aux (faux = falsch), eau (l’eau = das Wasser), eaux (im Namen der Stadt Bordeaux), eaulx (im Adelsnamen Des Eaulx) …
Immer spricht man nur ein o, auch wenn bis zu fünf Buchstaben dafür bemüht werden.
Da sei das Englische doch entschieden einfacher, hört man gerne in diesem Zusammenhang. Aber weit gefehlt. Denken wir nur mal an Wörter wie though (obwohl), cough (husten), hiccough (Schluckauf), brought (brachte), plough (Pflug), thorough (gründlich) oder through (durch). In allen taucht dieses ough auf – und jedes Mal wird es anders ausgesprochen…
Nun sollen die beiden Sprachen hier nicht gegeneinander ausgespielt werden, aber eines ist eh unbestritten: Englisch erscheint nur vordergründig die leichtere Sprache zu sein, weil man schneller auf ein halbwegs passables Level kommt. Aber um es perfekt zu beherrschen, tut man sich letztlich schwerer als bei dem zunächst einmal komplizierteren Französisch.
Wie auch immer: Hollande und Merkel werden mit Sicherheit wieder darauf hinweisen, wie wichtig das Lernen der Sprache des anderen ist. Man muss es dann nur noch beherzigen.
Allons enfants!
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