Am vergangenen Sonntag war Reformationsfest. Da fiel in einer Rundfunkpredigt der Name Philipp Melanchthon – ein schöner, ein wohlklingender Name, doch nicht echt, wenn man so will. Denn der 1497 geborene Reformator an Martin Luthers Seite hieß ursprünglich Schwarzerdt. Aber wie es Mode war in jener Zeit des Humanismus mit seiner Rückbesinnung auf das antike Erbe, hatte er seinen Nachnamen gräzisiert, also ins Altgriechische übersetzt: schwarz = melas, Erde = chthon.
Auch das Fachwort für diesen Vorgang stammt aus dem Griechischen: Metonomasie (Umbenennung) nennt man die Veränderung eines Namens durch die Übersetzung in eine andere Sprache.
Beispiele gibt es zuhauf: Jener Mönch Martin Waldseemüller, dessen Eintrag auf einer Weltkarte von 1507 Amerika den Namen gab, nannte sich – ebenfalls gräzisierend – Hylocomylos.
Der aus Leutkirch stammende Wiener Bischof der Reformationszeit hieß eigentlich Johannes Heigerlin, aber nannte sich nach dem Beruf seines Vaters Faber oder Fabri – lateinisch faber = Schmied.
Auf Latein griffen auch Träger der Namen Bauer, Schneider, Bäcker oder Fischer zurück und lebten als Agricola, Sartorius, Pistorius oder Piscator weiter.
Und noch ein schönes Beispiel für eine Gräzisierung: Den Neandertaler kennt heute jeder. Weniger bekannt ist die Herkunft seines Namens. Im 17. Jahrhundert war ein hoch angesehener Pastor so oft durch das Tal der Düssel im Rheinland gestreift, dass man einen Teil nach ihm benannte. Neumann hatte er zunächst geheißen, sich aber – neos = neu und andros = Mann – selbst in das entschieden feiner klingende Neander umgetauft.
Und wie sieht das heute aus? Änderungen des Familiennamens sind laut Gesetz nur "aus wichtigem Grund" möglich – unter anderem bei sehr anstößigen oder extrem komplizierten Namen aus anderen Sprachen. Irgendwelche Moden als Änderungsgrund sind ausgeschlossen.
Aber wird da so bleiben? Noch bis heute Abend läuft auf SWR 1 die Hitparade der knapp 700 beliebtesten Musiknummern im Sendegebiet. Dabei dürfte der Anteil der deutschsprachigen Beiträge wohl noch weiter gegen null marschieren als schon in den Jahren zuvor – 2009 war unter den ersten zwanzig Titeln kein deutscher mehr, unter den ersten 100 fanden sich gerade mal zehn.
Und was passiert, wenn diese geballte Amerikanisierung fortschreitet? Werden dann die Herren und Frauen Bauer, Schneider, Bäcker oder Fischer irgendwann einmal lieber Farmer, Tailor, Baker oder Fisher heißen wollen?
Zugegeben, etwas überspitzt gefragt. Was mich betrifft, so weiß ich allerdings: Ich werde nicht als Ralph Woodbird enden.
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