Jeder kennt die Rechtschreibfehler, die sich ganz einfach einschleichen, teils aus Unaufmerksamkeit, teils aus Unkenntnis. Gradwanderung statt Gratwanderung, Koma statt Komma, auf Trapp statt auf Trab, Wehmutstropfen statt Wermutstropfen, Imbus-Schlüssel statt Inbus-Schlüssel, begleiten statt bekleiden, Stehgreif statt Stegreif – an Beispielen ist wahrhaft kein Mangel.
Und ein hübscher Dauerbrenner dieser Art fand sich dieser Tage auch in unserem Blatt: Da war im Zusammenhang mit der Berufstätigkeit von Müttern wieder einmal von der Kindergrippe die Rede. Nun bleiben unsere Kinder zwar nicht von Erkältungskrankheiten verschont, aber hier hätte es natürlich Kinderkrippe heißen müssen.
Verwandt sind die beiden Wörter Grippe und Krippe nicht. Grippe kam in der ursprünglichen Bedeutung Laune im 18. Jahrhundert aus Frankreich und wurde auf die Krankheit übertragen, weil sie den Menschen wie eine Laune ganz plötzlich ergreift.
Ergreift ist dabei das Schlüsselwort: Denn das französische Verb gripper geht auf eine germanische Wurzel zurück, die auch in unserem Wort greifen steckt. Die Grippe greift zu, und dann geht es uns schlicht und ergreifend schlecht.
Krippe wiederum hat sprachgeschichtlich etwas mit Kringel zu tun und bedeutet eigentlich Flechtwerk. Zunächst war damit ein geflochtener Heubehälter gemeint. Später übertrug man den Begriff auf Futtertröge jedweder Art, also auch aus Holz oder Stein. Weil es im Lukas-Evangelium heißt, dass Maria ihr Kind in einem armseligen Stall zur Welt brachte und in eine Krippe legte, wurde dieser Begriff bald auch für die gesamte Szenerie verwandt, und die Weihnachtskrippe begann ihren Siegeszug durch die christliche Welt.
In Anlehnung an dieses Bild vom behüteten Jesuskind nannte man im Frankreich des 19. Jahrhunderts die ersten Heimstätten für Säuglinge crèche pour enfants, was dann – wörtlich übersetzt – bei uns als Kinderkrippe auftauchte. Wenn man heute allerdings eher von Kindertagesstätte spricht, so hat das wohl mit der Abkürzung zu tun: Kita sagt sich halt leichter als Kikri...
Von der – wenn man so will – berühmtesten aller Kindernachtstätten wird in den nächsten Tagen sehr viel gesungen und geredet. Schon jetzt bereiten viele Eltern und Großeltern die Kinder auf die Krippe vor, die bald unterm Christbaum steht. Was manchmal nicht zu fruchten scheint: Eine befreundete Oma nahm sich den ganzen Advent über ihre kleinen Enkelinnen vor, zeigte ihnen Bilder von Krippen, klärte sie auf, wie eine solche Krippe aussieht, was alles zu einer Krippe gehört, wer in einer Krippe zu finden ist… Dann war es endlich soweit. "Und was steht jetzt unter dem Christbaum?", wollte die Oma wissen: "Ein Vogelhäusle!"
So isch no au wiedr, sagt da der Schwabe.