"Im Quempas stehen die alle drin“, befand die Gattin, als wir uns dieser Tage über Weihnachtslieder unterhielten. In der Tat, im Quempas stehen die alle drin.
Aber was versteht man unter Quempas? Und woher kommt dieser eigentümliche Name? Weil zurzeit auf allen Radiokanälen eher "Driving home for Christmas" durchgedudelt wird, wollen wir uns hier mal antizyklisch unserem altehrwürdigen Liedgut der Weihnachtszeit zuwenden. Und ganz nebenbei kann einem dabei wieder einmal bewusst werden, wie quicklebendig das totgesagte Latein im Sprachgebrauch noch immer ist.
Quempas sind die beiden ersten Silben des lateinischen Weihnachtsliedes Quem pastores laudavere. Sehr bekannt wurde es nach 1600 unter dem wörtlich übersetzten Titel Den die Hirten lobeten sehre in der hübschen Version von Michael Prätorius. Im evangelischen Mitteldeutschland erwuchs aus dem Quempas-Singen oder Quempas-Laufen im Gottesdienst und auf den Straßen ein fester Brauch, der bald auf andere Teile Deutschlands übergriff. Und als vier Musikfreunde 1930 im Bärenreiter-Verlag ein Büchlein mit rund 40 alten deutschen Weihnachtsliedern herausbrachten, nannten sie es Das Quempas-Heft. Um den Erfolg brauchten sie sich nicht zu sorgen: Bis heute hat die kleine Sammlung – seit 1962 unter dem Namen Das Quempas-Buch vertrieben – eine sensationelle Auflage von weit über drei Millionen Exemplaren erreicht.
Auch der Name der in katholischen Gegenden so beliebten, stimmungsvollen Rorate-Messfeiern an den Werktagmorgen im Advent geht auf einen lateinischen Text zurück: Rorate coeli desuper et nubes pluant iustum heißt es im Buch Jesaja des Alten Testaments, und dieses sehnsuchtsvolle Flehen um die Ankunft des Herrn findet sich im Text eines sehr bekannten Adventsliedes wieder: Tauet Himmel den Gerechten, Wolken, regnet ihn herab! Aber auch die zweite Strophe von Oh Heiland, reiß die Himmel auf ist Jesaja pur: O Gott, ein Tau vom Himmel gieß! / Im Tau herab, o Heiland, fließ! / Ihr Wolken, brecht und regnet aus / Den König über Jakobs Haus!
Schließlich wurde auch für den alten Brauch des ebenfalls ursprünglich aus dem evangelischen Mitteldeutschland stammenden Kurrende-Singens ein lateinisches Wort bemüht. Currere heißt laufen, wobei es anfangs Schüler in schwarzen Mänteln und kleinen Zylinderhüten waren, die weihnachtsliedersingend durch die Ortschaften liefen. Und was sangen sie? Natürlich den Quempas.
Übrigens gibt es solche aufs erste rätselhaft klingenden Abkürzungen auch im Deutschen. Wenn unsere Söhne alle Jahre wieder für ein Mini-Konzert am Heiligabend ihre Blasinstrumente reaktivieren, steht eine bestimmte Weihnachtsmelodie unbedingt auf dem Programm: ODF. Und wir haben mittlerweile gelernt, was das heißt: O du fröhliche.
Freitag, 7. Dezember 2012
Die hohe Zeit des Quempas
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