Auch diese Rubrik ist den Gesetzen der IT-Gesellschaft unterworfen. So erreichen uns Reaktionen heute fast ausschließlich per Mail. Aber manchmal flattert auch noch ein Brief auf den Tisch.
Dieses flattert liefert uns nun das Stichwort: Eine Dame schrieb unlängst, sie wundere sich immer wieder aufs Neue über das Wort Schmetterling. Warum dieses harte Schmettern? Warum dürfe ein so zartes, zauberhaftes Wesen nicht von Blüte zu Blüte flattern statt schmettern? Sie habe jedenfalls für sich die Konsequenzen gezogen und spreche nicht mehr von Schmetterling, sondern nur noch von Flatterling.
Eine hübsche Neuschöpfung! Aber woher die Aversion der Leserin? Hat sie einen Horror vor Schmetterbällen beim Tennis, die dem Gegner mit über 200 km/h um die Ohren pfeifen? Oder mag sie keine Blasmusik – vorwärts die Rosse traben, lustig schmettert das Horn?
Wie auch immer, das Ganze ist nicht ohne Reiz. Beweist es doch, dass eine Abfolge von Buchstaben und Lauten nicht immer die Bedeutung hat, die man ihr auf die Schnelle zumisst. Das um 1500 in unserer Schriftsprache aufgetauchte Wort Schmetterling hat nichts mit dem Verb schmettern zu tun, sondern geht auf ein ostmitteldeutsches Schmetten zurück, das seinerseits vom tschechischen smetana herstammt, und das heißt Sahne, Rahm. Schmetterlingen wird nachgesagt, dass sie wie magisch vom Buttermachen angezogen werden. So heißen sie in manchen Gegenden auch Milchdieb, Molkenstehler, Schmandlecker oder Buttervogel, und spätestens hier fällt uns natürlich das englische Wort für den Schmetterling ein: butterfly, wörtlich übersetzt: Butterfliege.
Aber apropos magisch: Im Volksglauben galt der Schmetterling als sehr zwielichtiges Wesen. Lange hielt sich die Vorstellung, Hexen würden sich in Schmetterlinge verwandeln, um nächtens Milch zu stehlen oder sie gar zu vergiften. Helle Tagfalter galten zwar als Glücksbringer, aber dunkle Nachtfalter waren verschrien als Krankheitsdämonen und Todesboten…
Da loben wir uns doch die alten Griechen: Sie nannten den Schmetterling psyché, was so viel heißt wie Hauch, Atem, Seele. Und diese Idee finden wir auch im Christentum: Wenn auf alten Darstellungen des Paradieses ein bunter Falter auf den gerade erschaffenen Adam zufliegt, so ist es die von Gottvater gesandte Seele.
Nun kurz noch zum Falter: Diese Bezeichnung hat nichts mit falten zu tun, was man ja denken könnte, sondern ist in der Tat mit flattern verwandt. Althochdeutsch fifaltra war also der Flatterer, wobei mit dieser Verdoppelung der Stammsilbe in fifaltra eine schnelle Bewegung angedeutet werden sollte.
Dazu passt farfalla, wie die Italiener für Schmetterling sagen. Und hier schließt sich der Kreis: Was machte Steffi Graf außer Schmettern auf dem Tennisplatz mit Vorliebe? Werbung für Flatternudeln namens Farfalle.