Seit der Eishockey-Niederlage der Russen gegen die Finnen ist die Sbornaja in aller Medien Munde: Die Sbornaja geschlagen, die Sbornaja am Boden, die Sbornaja blamiert...
Die Sbornaja?
Es ist leider so ähnlich wie bei den Anglizismen: Man weiß in etwa, was gemeint ist, und gefällt sich dann im Nachplappern. Was das Wort genau heißt, wird zur Nebensache.
Also mal nachgefragt bei jemand, der Russisch spricht: Sbornaja ist die Kurzform von Sbornaja Komanda, und das bedeutet in etwa Sammelkommando, ausgewählte Mannschaft. So nennen die Russen liebevoll ihre Nationalteams im Fußball und im Eishockey – wobei die Liebe zum letzteren nun etwas abgekühlt sein dürfte. Da half wahrscheinlich nicht mal mehr der Wodka weiter.
Womit wir bei den Russizismen wären, also Wörtern, die aus dem Russischen ins Deutsche entlehnt wurden. Wodka gehört dazu, was eigentlich Wässerchen heißt und damit – wie bei uns übrigens hochprozentiges Kirschwasser – alle Kriterien der Verharmlosung erfüllt. Wenn einer mit der Troika (Dreigespann) zu seiner Datsche (Gartenhaus) fährt, dort den Samowar (Selbstkocher) anstellt und dann für die Babuschka (Oma) in seine Balalaika (Zupfinstrument) greift, so hat er gleich fünf Russizismen abgehakt.
Der Kosmonaut (wörtlich Weltall-Seefahrer) gehört ebenfalls dazu, der Ukas (Befehl, Erlass), der Samisdat (wörtlich Selbstverlag, speziell für systemkritische Literatur) und der Pogrom (eigentlich Verwüstung, heute der Fachausdruck für Übergriff auf Juden).
Außerdem kennen wir den Ausruf Dawai!, nicht wegzudenken aus unzähligen Weltkriegsfilmen. Wörtlich übersetzt heißt das Gib!, im übertragenen Sinne aber Mach schon!, Schneller! oder Beeil dich!
Nun hat ein russischer Sprachwissenschaftler angeblich herausgefunden, dass das Wort aus dem Deutschen stammt. Danach sollen deutsche Kutscher, die einst in Russland unterwegs waren, ihre Pferde mit Weiter, weiter! angetrieben haben, und die Russen hätten dann daraus in Umdrehung der Silben Dawai, dawai! gemacht.
Zu weit hergeholt?
Es gibt solche Phänomene in der Sprache. Zum Beispiel die Metathese, wie man die Umstellung von Lauten nennt. Deutsch brennen ist englisch burn, Ross ist horse und durch ist thru. Hier haben also jeweils ein Vokal und der Konsonant r ihre Plätze vertauscht.
Auch innerhalb des Deutschen kennen wir diese Erscheinung: Während der Westfale in Paderborn wohnt, ist der Schwabe in Maulbronn zu Hause.
Und schließlich gibt es die Metathese im Verhältnis von Standardsprache und Dialekt. Bayerisch-österreichisch sagt man zur Wespe auch Wepse, und wepsig steht für unruhig, angespannt, aufgeregt, nervös.
Wir dürfen annehmen, dass die armen Tröpfe der Sbornaja zurzeit ziemlich wepsig sind.
Freitag, 21. Februar 2014
Ein Wepsennest namens Sbornaja
Trackbacks
Trackback-URL für diesen Eintrag
Keine Trackbacks