Mit Klunker auf die Wiesn
Da steht man wie gebannt vor einem Gemälde, staunt über die Farben - und landet in der Wunderwelt der Edelsteine. So geschehen dieser Tage auf Schloss Achberg bei Wangen, wo derzeit feine Plein-Air-Kunst um 1900 zu erleben ist. Betörend blau schimmert das Wasser im Bild "Der Moorgraben" von Heinrich Vogeler -Lapislazuli pur. Was für ein Name! Da klingt schon etwas an von der Magie der Juwelen quer durch die Kulturgeschichte, von der geheimnisvollen Aura dieser jahrmillionenalten Launen der Chemie.
Der Name Lapislazuli spiegelt die Herkunft aus dem Orient. Lapis ist zwar lateinisch und heißt Stein. Aber lazuli geht auf das arabische Wort azul für himmelblau zurück, das wiederum aus dem Persischen entlehnt ist. Dieselbe Wurzel steckt in Lasurit, einem anderen Namen für den Lapislazuli. Unser Wort azurblau ist davon abgeleitet, ebenso spanisch azul für blau. Côte d'Azur nennen die Franzosen ihre Mittelmeerküste, und Azzurri heißen Italiens Kicker, weil sie in blauen Trikots spielen.
Auch bei anderen Edelsteinen klingt schon in ihren exotischen Namen an, dass sie aus den sagenhaften Ländern des Ostens stammen, aus den Tempeln, Serails und Schatzkammern der Priester, Sultane und Moguln. Der tiefblaue Saphir - einer der zwölf Grundsteine der Mauern des himmlischen Jerusalem in der Geheimen Offenbarung - wurde wohl von den alten Israeliten so benannt. Turmalin ist ein ceylonesisches Wort für eine ganze Familie von bunten Edelsteinen. Der Beryll - bekannteste Spielarten sind der grüne Smaragd und der blassblaue Aquamarin - hat eine aus dem Altindischen stammende Bezeichnung, auf die übrigens auch unser Wort Brille zurückgeht.
Aber auch der Opal mit seinem irisierenden Leuchten sowie der Topas in seinen Variationen von Blau bis Goldgelb haben Namen aus dem Sanskrit.
In Rubin dagegen lebt ein mittellateinisches Wort für rot weiter. Dass er in den alten Kulturen unter vielerlei Namen als Stein der Steine galt, lag wohl auch an seinem symbolträchtigen, intensiven Blutrot. Blut war halt schon immer ein besonderer Saft.
Bevor wir aber nun die Schmuckschatulle wieder zuklappen, noch kurz zu einem sehr beliebten Juwel: dem Amethyst. Sein Name ist Programm. Amethystos heißt nicht berauscht. Die violette Farbe erinnerte die alten Griechen wohl an mit Wasser gemischten Rotwein, von dem man nicht so schnell beschwipst war. Und so meinten sie auch, der Amethyst schütze vor Trunkenheit.
Unzählige Zeitgenossen glauben heute noch an die Heilkraft der Steine. Am Sonntag geht das Oktoberfest zu Ende. Wäre interessant zu wissen, wie viele auf der Wiesn mit einem violetten Klunker unterwegs waren.