"Anstöße" heißt eine verdienstvolle SWR 1-Sendung, in der es jeden Morgen um 6.57 Uhr vor den Nachrichten drei Minuten lang um Gott und die Welt geht. Mal kurz innehalten zwischen Pop und Politik, das schadet niemandem.
Und Anstöße gibt es obendrein. Gestern drehte es sich um Gottes Namen. Im Alten Testament habe Gott sich Mose als Jahwe vorgestellt, erklärte der evangelische Pfarrer. Dieses hebräische Wort bedeute übersetzt Ich bin für euch da. Das ist allerdings schon eine Interpretation der Stelle im 2. Buch Mose (3, 14). Da nennt sich Gott laut Einheitsübersetzung Ich bin der "Ich-bin-da". Luther übersetzt Ich werde sein, der ich sein werde. Aus diesem Futur hat man dann wohl den Gedanken des Hilfsangebots abgeleitet: Ich werde für euch da sein.
Allemal ist das eine komplizierte Materie, die die Bibelexegeten seit Jahrhunderten umtreibt.
Nun wird an Weihnachten weltweit der Geburtstag Jesu gefeiert, und dann ist dieser Name wieder in aller Munde. Aber was bedeutet Jesus eigentlich?
Jesus ist die lateinische Version der aramäischen Kurzform Jeschua des hebräischen männlichen Vornamens Jehoschua. Und schon sind wir wieder bei Jahwe: Denn dieser Name Jehoschua soll auf eine Verschmelzung des Gottesnamens Jahwe mit dem Verb jascha = retten, helfen zurückgehen. Gestützt wird diese These durch das Matthäus-Evangelium (1,21). Da kündigt der Engel dem grübelnden Josef die Niederkunft Marias an: Sie wird einen Sohn gebären; ihm sollst du den Namen Jesus geben; denn er wird sein Volk von seinen Sünden erlösen. So die Einheitsübersetzung.
Jehoschua war übrigens ein sehr verbreiteter Vorname. Bekannt ist er in der Kurzform Josua durch jenen Gefährten von Moses, der als Kundschafter nach Kanaan geschickt wurde und mit Kaleb zusammen eine Riesentraube zurückbrachte – als Symbol für die Fruchtbarkeit des Gelobten Landes. Später wurde er zum Anführer der Israeliten und machte durch eine spektakuläre Aktion von sich reden: Vor der Stadtbefestigung von Jericho ließ er in die sprichwörtlichen Trompeten blasen – und schon stürzten die Mauern ein. Dass es wohl keine Blechtrompeten im heutigen Sinne waren, sondern Schofaroth, also Widderhörner, sei angemerkt. Hauptsache, sie erfüllten ihren Zweck, und der Weg war frei.
Jericho-Trompeten nannte man übrigens jene Sirenen, die im Zweiten Weltkrieg am Fahrwerk deutscher Sturzkampfflugzeuge befestigt waren. Sie wurden über kleine Propeller vom Fahrtwind betrieben, sobald die Stukas schnell nach unten stießen. Ihr einziger Zweck: Als Element der psychologischen Kriegsführung sollten sie den Gegner einschüchtern...
Aber jetzt Schluss mit unchristlichen Gedanken! Bald ist Heiligabend.
So viel zu Anstößen am frühen Morgen.