Kurze Diskussion in der Familie während der Feiertage: Heißen die Musikgruppen, die vor allem in Oberschwaben zwischen Weihnachten und Dreikönig von Haus zu Haus ziehen und den Leuten aufspielen, nun Schnurranten oder Schnorranten?
Schnurranten ist richtig. Aber miteinander zu tun haben die beiden Wörter schon.
Gebildet ist der Begriff Schnurranten wie Musikanten, als ob er auch aus dem Lateinischen käme. Doch das Grundwort Schnurre ist urdeutsch.
Es hat allerdings zwei Bedeutungen: Zum einen steht es – vor allem im alemannisch-schwäbischen Raum – für Schnauze oder Maul bei manchen Tieren, was dann aber auch auf den Menschen übertragen werden kann. Der hot e freche Schnurre! Das sagt sich schon mal despektierlich über jemand, der ein loses Mundwerk hat.
Zum anderen war eine Schnurre eine Art Brummkreisel, der tiefe schnurrende, schnarrende Töne von sich gab, und Schnurrpfeife sagte man zum Dudelsack, weil dessen Gebrumme in den unteren Tonlagen ähnlich klang. Mit solchen Schnurren oder Schnurrpfeifen zogen fahrende Musikanten von Jahrmarkt zu Jahrmarkt, und irgendwann bürgerte sich für sie der Ausdruck Schnurranten ein. Da sie meist auch Possenreißer waren, kam es noch zu der übertragenen Bedeutung Schnurre oder Schnurrpfeifereien für kurze Erzählungen oder Späße der komischen Art. Weil diese Spielleute aber oft bettelnd durch die Lande zogen, entwickelte sich aus der jiddischen Nebenform schnorren für schnurren die heutige Bedeutung schnorren = unverschämt anbetteln. So ist ein Schnorrer ein Zeitgenosse, der andere immer wieder um Kleinigkeiten – zum Beispiel um eine Zigarette – angeht oder sich immer wieder in der Wirtschaft freihalten lässt, ohne zu einer Gegenleistung bereit zu sein.
Nun sind Schnurranten beileibe keine Schnorrer, doch dieses Ziehen von Haus zu Haus hat natürlich etwas von alten Heischebräuchen. Man musiziert, singt, bläst, geigt, trommelt – zum Vergnügen für die Dorfgemeinschaft, aber manchmal verbunden mit dem Wunsch einer Spende für einen guten Zweck. Einem kleinen Umtrunk obendrein sind die Musikanten nicht abhold.
Weil eine Schnurranten-Tour länger dauern kann, wird der Alkohol letztlich zur Last. Mancher Hausherr mit der Schnapsflasche in der Hand hört die flehentliche Bitte: "Aber nur noch e kleins Schnürrle voll!"