Am Mittwochmorgen ging es im SWR 1 um die alten, überholten Strukturen in der Kirche, die den Fortschritt behinderten. Und das - so meinte die Sprecherin - sei schwer zu verkraften, wenn man selbst viel Herzblut hineingesteckt habe. Nun kann man Herzblut vergießen, und man kann viel Geld in etwas hineinstecken. Aber viel Herzblut in etwas hineinstecken?
Das geht nicht. Hier sind schlichtweg zwei Metaphern, wie solche bildliche Übertragungen in der Sprache heißen, in der Schnelle durcheinandergeraten.
Nun gibt es den Bildbruch mit voller Absicht, also das gewollte Nebeneinander von eigentlich Unvereinbarem. Katachrese nennt man diese Sprachfigur (griechisch katachresis = Missbrauch), die schon die alten Hellenen mit Lust in der Komödie einsetzten.
Skurrile Sätze wie Das schlägt dem Fass die Krone ins Gesicht oder Der Finger Gottes hat schon manchem ein Bein gestellt hätten ihnen mit Sicherheit gefallen. Aber die meisten Stilbrüche dieser Art passieren eben nicht bewusst, sondern unfreiwillig. Ob beim Sprechen oder Schreiben, ob im privaten Bereich oder im Geschäftsleben.
Gerade Journalisten laufen andauernd Gefahr, im Bemühen um eine möglichst farbige, bilderreiche Sprache danebenzugreifen. Und seien wir ehrlich, auch in unserem Blatt. So war unlängst in der SZ anlässlich des Ackermann-Abschieds von der Baustelle die Rede, die der Deutsche-Bank-Chef seinen Nachfolgern mit dem Standbein Privatkunden hinterlasse…
Aber auch deutsche Großjournalistinnen sind dagegen nicht gefeit: Vor wenigen Tagen bekam die ZDF-"heute journal"-Moderatorin Marietta Slomka den Medienpreis für Sprachkultur der Gesellschaft für deutsche Sprache verliehen. Und was sagte die ansonsten so pointiert formulierende Dame in ihrer Dankesrede? "Aber es ist schon so, dass die Medien sich auf jeden Satz, jedes Wort stürzen, das aus der glattgefeilten Allgemein-Soße heraussticht."
Aua!
Was also tun? Bildliche Übertragungen aus anderen Wortebenen und bewusste Kombinationen von verschiedenen Bedeutungen sind – um hier nun ebenfalls bewusst eine etwas gewagte Metapher einzusetzen – das Salz in der Sprachsuppe. Aber wie bei der feinen Küche kommt es halt auf die Dosierung an. Und vor allem muss ständig ein Warnsignal blinken: Vorsicht bei Bildern, Blamage-Gefahr! Denn solche Metaphern-Missgriffe tun weh – dem Hörer, dem Leser und schließlich dem Autor, wenn über ihn gelacht wird.
Aber wenn dann jemand schon mal eine solche Stilblüte fabriziert hat, so lässt sich immerhin katachretisch Trost spenden: Möge der Zahn der Zeit, der schon so manche Träne trocknen ließ, auch über diese Wunde Gras wachsen lassen!
Freitag, 1. Juni 2012
Das Salz in der Sprachsuppe
Trackbacks
Trackback-URL für diesen Eintrag
Keine Trackbacks