Als Sprachplaudertasche steht man unter scharfer Beobachtung – auch wenn man einmal für andere SZ-Seiten schreibt. So rief jetzt ein Leser an, der sich – gelinde gesagt – befremdet zeigte, dass auch ich dieses "saublöde Modewort Gemengelage" benutze. Tatsächlich stand in meinem Text über die Zwangsehe von Gelbfüßlern und Sauschwoben für die Beilage zum 60. Geburtstag Baden-Württembergs der Satz: "Bei dieser Gemengelage wird jedes Räsonieren über bestimmte Mentalitäten letztlich problematisch."
Hier mein Versuch einer Rechtfertigung:
In der Tat wird heute geradezu inflationär von einer Gemengelage gesprochen – ob es um Kinderpsychologie geht oder um Hühnerzucht, um die Finanzkrise oder das Dschungelcamp. Und da schwingt wie bei allen Modewörtern immer eine gewisse Wichtigtuerei mit.
Aber im Zusammenhang mit dem Werden des Südweststaats war das Bild von der Gemengelage nicht ganz abwegig.
Was heißt das eigentlich genau?
Der Begriff – das Grundwort ist mengen = mischen – kommt aus der Landwirtschaft und steht für die Zerstreuung einzelner Grundstücke eines Besitzes über eine größere Fläche hinweg. Davon abgeleitet sind die übertragenen Bedeutungen Gemisch, Nebeneinander von Nicht-Zusammengehörendem, Durcheinander, Sammelsurium. Betrachtet man sich nun den landsmannschaftlichen Fleckerlteppich unseres Bundeslandes, so liegt es auf der Hand: Der Homo baden-württembergensis wurde nicht wie weiland Adam nur aus einem einzigen Klumpen Lehm erschaffen, sondern entstammt einer echten Gemengelage: Alemannen, Schwaben, Franken, Kurpfälzer – und dann schön zusammengebacken…
Bei diesem Wort Gemengelage können allerdings auch andere Probleme auftreten. Manche lesen zunächst einmal Gemen-Gelage – also mit falscher Betonung, so ähnlich wie beim uralten Pennälerwitz von der Blumentopferde. Wieder andere meinen gar, es sei ein französisches Wort, ringen sich breimäulig so etwas wie Schemangschelasch ab – und liegen dann total daneben.
Aber das mit dem Total-Daneben-Liegen geht auch anders herum: Wir hatten unlängst französische Freunde zu Gast, und da man ja nicht versuchen sollte, den Erfindern der Kochkunst mit pseudogallischen Genüssen imponieren zu wollen, sahen wir nur regionale Kost vor. Also Allgäuer Flädlesuppe vorneweg, dann ein Allgäuer Rehbraten, und schließlich sollte vor die Allgäuer Apfelküchle noch ein Allgäuer Käse eingeschoben werden. Kurz in die Käsetheke geschaut, und da lag auch das Passende. Argental stand auf der Packung. Ob aus dem Tal der Oberen Argen oder aus dem Tal der Unteren Argen, egal – allgäuerischer ging es gar nicht.
Es war dann meiner Frau vorbehalten, über ihren Einkäufer den Kopf zu schütteln. Ich hatte in der Schnelle nur die Hälfte gelesen. Der Käse war ein echter Franzose! Denn auch in Frankreich gibt es ein Argental – nur anders ausgesprochen, etwa wie Arschangtal.
Aber geschmeckt hat er trotzdem.
Freitag, 10. Februar 2012
Gemengelage im Argental
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