Zurzeit ist eine Gemüsesorte in aller Munde – oder genau genommen gerade nicht in aller Munde, weil niemand sie mehr essen will: die Gurke. Und da es in dieser Rubrik oft um die Herkunft von Wörtern geht, wollen wir auch bei der Gurke mal die Wurzeln freilegen.
Nach Deutschland kam das Wort schon im 16. Jahrhundert aus dem Slawischen. Auf Russisch heißt das Kürbisgewächs ogurec, auf Polnisch ogorek, auf Tschechisch okurka. Allen gemein ist letztlich die Abstammung aus einem mittelgriechischen Wort aguros, das wiederum auf dem altgriechischen aoros beruht, was so viel heißt wie unreif. Die Gurke wurde so genannt, weil man sie grün, also quasi unreif, erntet.
Wenn nun die Engländer cucumber sagen, die Franzosen concombre und die Holländer komkommer, so kommt hier die zweite alte Sprache ins Spiel. In diesen Fällen hat das lateinische cucumer das Vorbild abgegeben. Aber nicht nur dort: Wenn die Alemannen in ihrem Dialekt noch Gugummere sagen, die Schwaben Gugommer und die Bayern Gukummer, so liegt das vielleicht daran, dass es die Römer waren, die ihnen einst diesseits des Limes den Gartenbau beibrachten.
Und nun noch ein Blick auf die Saure-Gurken-Zeit, also jene Zeit, in der sprichwörtlich die Geschäfte nicht gut laufen und die Journalisten kaum etwas zum Schreiben finden. In Lexika zum Thema Redensarten liest man eine aufs erste plausible Erklärung: Danach sollen Berliner Kaufleute diesen Ausdruck geprägt haben, weil just während der Zeit der Gurkenernte und der Ferien im Hochsommer ihr Umsatz einbrach.
Aber laut Experten für Jiddisch drängt sich auch eine andere Interpretation auf: So sollen hier auf dem Umweg über das Rotwelsche die beiden hebräischen Wörter sarot (Leiden) und jakrut (Teuerung) in deutsche Wörter umgemünzt worden sein. Die Saure-Gurken-Zeit wäre also die Zeit des Leidens und der Teuerung.
In der Tat: Für die Gemüsebauern sind diese Wochen eine echte Leidenszeit. Und wer jetzt die riesigen Halden der zum Unterpflügen aufgetürmten Gurken sieht, der leidet mit.
Freitag, 10. Juni 2011
Die Zeit der Gurken und der Leiden
Trackbacks
Trackback-URL für diesen Eintrag
Keine Trackbacks