Gassi gehen mit Frau Merkel
Diesmal soll es um Tiernamen gehen, und so lassen wir noch einmal den Krambambuli von der Leine. 1883 schrieb Marie von Ebner-Eschenbach ihre Novelle - und war damit ihrer Zeit weit voraus. Denn nach einem Wacholderschnaps benannte man damals eigentlich keinen Hund. Damit fällt ein Schlaglicht auf die Zoonomastik, sprich: Tiernamenforschung, die sich eines wachsenden Interesses erfreut.
Wohl hatten Hunde früher Namen. Man denke nur an die Windspiele des Alten Fritz: Biche, Superbe, Alcmene ... Das ebbt auch noch nach in den illuster klingenden Namen, die sich Züchter für ihre reinrassigen Zöglinge ausdenken - Marke Aristo vom Eulenforst, was einen kleinen Dackel doch etwas hoch greift. Beim gemeinen Haus- und Hofhund war die Namensgebung eher einfallslos. Viele trugen gar keinen Namen, oder es reichte gerade mal für Bello, weil ein Hund ja schließlich bellt.
Das hat sich geändert. Unbenannte Hunde gibt es fast keine mehr. Fast 60 Prozent tragen heute Personennamen. Aber nicht mehr Rex oder Hasso, Hella oder Senta. Heute gilt: je individueller, ausgefallener, witziger, desto besser. Man geht mit Schröder Gassi, mit Mr. Bean, Einstein, Lagerfeld oder Clooney, und eine Bulldoggen-Dame namens Frau Merkel soll es auch schon geben. Aber auch jedwedes Ding scheint zum Hundenamen zu taugen, von Moped bis Müsli, und nicht zuletzt - wie bei Krambambuli - alle Arten von Alkoholika. Whisky, Barolo, Riesling. Ökonomisch ging einst eine Verwandte vor: Ihre Zwergpudel hießen Cherry und Brandy. Rief sie Cherry Brandy, kamen beide.
Bei Nutztieren gibt es eine gegenläufige Entwicklung. In der Bio-Landwirtschaft verzichten viele Höfe auf die Namensgebung. Einerseits werben sie damit, nicht das Fleisch anonymer Rinder aus Massenzucht zu verkaufen, andererseits befürchten sie Vorbehalte bei der Kundschaft, wenn die Tiere benannt sind. Alma oder Zenzi isst man nicht. Und so kommt die Lende von Rind II/3 auf den Tisch.
Doch tierische Medienstars springen in die Bresche: Krake Paul, Schildkröte Lotti, Kaiman Sammy - und der nächste Problembär kommt bestimmt.