Vor wenigen Tagen stand im Lokalteil Leutkirch dieser Zeitung eine hübsche kleine Geschichte, die eine Verbreitung im ganzen Blatt verdient: Da saß eine SZ-Kollegenrunde beim Mittagessen in einem Straßencafé, als schwere Zweiräder mit schwarz gewandeten Gestalten vorbeidonnerten. "Den Kurort kenne ich gar nicht, der liegt wohl irgendwo im Norden", meinte die eine Mitarbeiterin. Sie hatte die englische Aufschrift Bad Seven auf den Nietenjacken schlichtweg in den falschen Hals gekriegt. Die Schlimme Sieben, eine nicht gerade bestens beleumundete Organisation von Motorradrockern, war ihr wohl kein Begriff – was ja überhaupt nicht gegen sie spricht.
Es darf gelacht werden. Aber bitte ohne Schadenfreude! Denn gegen diese Art von Fehlschaltung ist niemand gefeit. Sprachwissenschaftler sehen darin ein interessantes Phänomen. In ihrem Jargon gesagt: Der Leser stößt auf einen Code, den er dann nicht im Sinn des Absenders decodiert, sondern durch einen anderen ihm sinnvoll erscheinenden Code – in unserem Fall in einer anderen Sprache – ersetzt und dabei einem Irrtum aufsitzt. Tausende von Witzen funktionieren auf dieser Basis.
Das Ganze passiert natürlich auch anders herum: Bei fortschreitender Anreicherung unserer deutschen Sprache mit englischen Wörtern gibt es Leute, die bei Brathering ins Stutzen kommen, sich fragen, was englisch to brather heißt, und an einen Fisch schon gar nicht mehr denken.
Gegen Missverständnisse in der eigenen Sprache ist man zudem auch nicht gefeit: Mit Blumentopferde hat man uns schon als Grundschüler zum Lachen bringen wollen.
Wer bei Venengel zunächst mal an ein geflügeltes Himmelswesen denkt und nicht an eine Salbe für müde Füße, hat mildernde Umstände.
Und dass man beim Wort Altbaucharme in einer Zeitungsanzeige schon mal ins Grübeln kommen kann, ist auch nicht abwegig. Die Rechtschreibreform von 2006 ging zwar in weiten Teilen daneben. Dass sie allerdings für solche Fälle den Bindestrich als verständnisförderndes Element wärmstens empfahl, ist ihr hoch anzurechnen. Bei Altbau-Charme weiß jeder auf Anhieb Bescheid.
Schließlich kennen wir aber auch die tröstliche Umkehrfunktion, dass nämlich nicht der Leser etwas falsch versteht, sondern dass er Falsches richtig interpretiert. Wie dieses?
Bkenatlncih gbit es das Poähnemn, dsas scih der Snin eneis Txeets acuh sforot esrhcilßet, wnen nur jweelis der etsre und der lzette Bcusthbae eenis Wroets an der rcithgien Sltlee sehetn.
Verstanden?
Wenn ja, dann ist es der beste Beweis für diesen sogenannten Badewanneneffekt. Danach ragen Anfang und Ende eines Wortes erinnerungstechnisch heraus wie Kopf und Füße aus der Badewanne.
Das hat übrigens Sigmund Freud erkannt. Was der wohl zu Bad Seven gesagt hätte?
Freitag, 28. März 2014
Wo liegt Bad Seven?
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