Aus die Maus! So heißt das kleine Buch über skurrile Todesanzeigen, von dem an dieser Stelle vor Allerheiligen die Rede war. Nun wollte eine Leserin wissen, woher dieser Ausruf kommt, mit dem übrigens auch oft die "Sendung mit der Maus" endet. Da gibt es nur eine ehrliche Antwort: Man weiß es nicht genau. Ähnlich liegt der Fall bei ebenfalls eher sinnfreien Floskeln wie Schluss im Bus oder Ende Gelände.
Wahrscheinlich kommt hier ganz einfach die tief in uns schlummernde Lust am Reim zum Vorschein – man denke nur an ratzfatz, holterdiepolter, ruckizucki, Remmidemmi, Klimbim, Heckmeck, Kuddelmuddel, Schorlemorle... Die Liste solcher sprachspielerischen Zwillingsformeln ist beliebig verlängerbar.
Aber apropos Maus: Da gibt es eine Redensart, die alles andere als sinnfrei ist. Dass dich das Mäuslein beiß‘! So sagt man gerne mit scherzhaft drohendem Unterton. Der Hintergrund ist jedoch alles andere als lustig: Um 1200 erzählt Hartmann von Aue in seinem Versepos „Der arme Heinrich“ von einem edlen Ritter, der am Aussatz erkrankt und schwer mit seinem Schicksal hadert. Da hört er von einem probaten Heilmittel: dem Herzblut einer Jungfrau, die sich freiwillig opfert. Ein armes Bauernmädchen will das für ihn auch tun, aber nach manchen Irrungen und Wirrungen ist diese frühe Form der Organspende nicht mehr nötig – Heinrich wird durch ein Wunder geheilt, die beiden heiraten, und wenn sie nicht gestorben sind....
Warum dieser Schlenker? Weil bei Hartmann statt Aussatz mîselsucht steht – ein Wort, das auf lateinisch misellus = elend, erbärmlich zurückgeht. Denn diese Krankheit verlief – wie auch die Pest – in der Regel tödlich. Jemand die Miselsucht an den Hals zu wünschen, war also ein besonders übler Fluch – so ähnlich wie Hol dich der Teufel!, was früher ja unter gläubigen Menschen durchaus ernst gemeint sein konnte.
Weil aber dieses mîsel später zu meisel wurde, verstand man es irgendwann nicht mehr – und flugs wurde die Redensart auf Mäuslein umgemünzt. Manche Forscher meinen, dass auch das Wort mausetot aus dieser Wurzel entstanden ist. Eine solche Doppelung dient der Betonung, und in der Tat gilt jemand, wenn er mausetot ist, ja als richtig tot. Da beißt die Maus keinen Faden ab.
Und was heißt das nun wieder? Das ist eine andere Geschichte. Aber für heute reicht es.
Aus die Maus!