Früher nannten wir uns gerne das Volk der Dichter und Denker. In der letzten Zeit sind die Deutschen allerdings eher zu einem Volk von Köchen und Küchenkräften mutiert und frönen lustvoll ihrem neuen Nationalhobby: Sie holen sich Inspirationen in den zig TV-Kochsendungen, binden sich die Schürze um, hantieren wie wild mit Töpfen und Pfannen und versuchen sich an den ausgefallensten Rezepten. Kurz: Sie huldigen der Kulinarik. Was sogar auf die Sprache durchgeschlagen hat. Denn dieses Wort Kulinarik ist recht neu, tauchte erstmals im Duden von 2004 auf und wird von vielen PC-Rechtschreibprogrammen noch angemeckert.
Das bestätigt wieder einmal die alte These, wonach ein bislang unbekanntes Wort nur eine Weile von möglichst vielen Zeitgenossen hinausposaunt werden oder in Gazetten und auf Werbeprospekten auftauchen muss, und schon ist es zur Ehre der Duden-Altäre erhoben. Aber so funktioniert Sprache nun mal.
In diesem Fall lag der Neologismus auch nahe. Das Wort kulinarisch für die feine Küche betreffend, ist schon lange im Gebrauch und musste nur noch zum Substantiv umgemodelt werden. Die Kulinarik ist gleich die Kochkunst, so schnell geht das.
Wobei das Ganze nichts mit Lukullus oder lukullisch zu tun hat, was manche meinen könnten. Kulinarisch kommt vom lateinischen culinarius, und das geht auf culina = die Küche zurück.
An Lukullus denkt man wohl, weil dieser 57 v. Chr. gestorbene römische Feldherr und Konsul als einer der bekanntesten Feinschmecker der Geschichte gilt. Von sagenhaftem Reichtum, wurde er für seine erlesenen Gastmähler berühmt. Dass ausgerechnet dieser feinsinnige Gourmet zum Namensgeber für ein - mit Verlaub, jetzt wird es persönlich - recht einfallsloses Dessert wurde, verwundert etwas. Denn der Lukullus, ein Schichtkuchen aus Keksen und Schokolade, mag zwar in den ersten fettarmen Nachkriegsjahren als Offenbarung für unsere entwöhnten Gaumen durchgegangen sein.
Aber heute gibt es entschieden reizvollere Nachspeisen als einen kalten Hund, wie ein anderer Name für den Lukullus lautet. (Nur nebenbei gesagt: Dieser Name hat nichts mit gekühlten Tölen zu tun. Das Dessert wird zwar sehr kalt serviert, aber schreiben müsste man es hinten eigentlich mit einem t. Ein Hunt ist ein offener, kastenförmiger Förderwagen im Kohlebergbau, und nach ihm wurde wohl die Blechform für den Lukullus benannt.)
Hört man also jemand in NRW von lecker Lukullus schwärmen, so muss man da nicht unbedingt mitziehen.
Womit wir nochmals beim Thema Neologismen sind: Gäbe es einen speziellen süddeutschen Duden, so wäre bei lecker bis vor Kurzem noch Fehlanzeige gewesen. Denn dieses Wort kam erst in den letzten beiden Jahrzehnten wie ein Nordlicht über uns. Ob wir es nun südlich der Mainlinie benutzen, ist Geschmacksache - wie der Lukullus.
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