In der Tat. Der Trend zum schwachen Verb mit seinen einfacheren und damit sprachökonomischeren Formen ist wohl unaufhaltsam.
Nur ein Beispiel: Neben buk, früher die allein richtige Imperfekt-Form des starken Verbs backen, ist längst die schwache Form backte getreten.
Aber daraus schon eine Gesetzmäßigkeit abzuleiten, wäre falsch. Noch immer sind die vielen diesbezüglichen Fehler schlichtweg Verstöße gegen den gängigen Sprachgebrauch. Auch in dieser Zeitung - so viel Selbstkritik muss sein - wird man fündig: Die Blumen sprießten - statt sprossen. Die Sportler fechteten - statt fochten.
Und gerade erst entdeckt: Er bittete - statt bat.
Aber keine Regel ohne Ausnahme: Beim schwachen Verb winken scheint das früher verpönte starke Partizip Perfekt gewunken immer salonfähiger zu werden.
Auch hier ein paar hauseigene Beispiele: Da werden Wirtschaftspläne, Abwassergebühren, Schulprojekte, neue Parkzeiten und kuriose Vornamen einfach durchgewunken.
Winken – winkte – gewinkt, umgangssprachlich oder scherzhaft: gewunken - so stand es noch klar im Großen Duden von 1981. Der normale Duden von 1980 fasste sich ganz kurz: winken, gewinkt. Der Duden von 1996 hob dann sogar den Zeigefinger: winken, gewinkt (nicht korrekt: gewunken).
Aber was geht den heutigen Duden der Zeigefinger von 1996 an. Die Version 2014 heißt: winken, gewinkt (häufig auch gewunken). Der Internet-Duden dagegen wird hier konkreter: winken, 2. Partizip gewinkt, auch, besonders umgangssprachlich: gewunken. Da soll man nicht konfus werden.
Nun scheint das Ganze allerdings bereits vor fast 200 Jahren ein Problem gewesen zu sein, wie eine hübsche Anekdote beweist: Da stritten sich bei einer Soirée zwei Damen, ob es gewinkt oder gewunken heißt, und baten schließlich Arthur Schopenhauer, er solle den Schiedsrichter spielen. Der alte Philosoph antwortete in Versen:
"Weil gar so schön im Glas der Wein geblunken,
hat sich der Hans dick voll getrinkt.
Drauf ist im Zickzack er nach Haus gehunken,
und seiner Grete in den Arm gesinkt.
Die aber hat ganz zornig abgewunken,
und hinter ihm die Türe zugeklunken."
Zum Thema Partizip Perfekt noch eine aktuelle Anmerkung: In Facebook gibt es bekanntlich die Funktion Gefällt mir. So steht es da auf Deutsch, wohlgemerkt, nicht Like it wie im US-Original. In einem ZDF-Beitrag zum Zehnjährigen des Mediums vor drei Tagen räsonierte der Reporter nun allerdings darüber, was von den Nutzern so alles gelikt werde…
Gelikt! Was hätte Schopenhauer da wohl gedichtet!
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