Solang das Deutsche Reich besteht, wird die Schraube rechts gedreht. Diese Eselsbrücke bemühen ältere Mitbürger gerne. Allerdings stimmt das heute nur noch zur Hälfte. Noch immer dreht man zwar etwas nach rechts herum zu, das Deutsche Reich aber gibt es nicht mehr. Dass es manchmal noch im Verborgenen weiterlebt, zum Beispiel in Abkürzungen, steht auf einem anderen Blatt.
Ein Beispiel: Alles neu macht der Mai, heißt es so schön im Sprichwort. Also nimmt man sich zurzeit das Holz am Haus vor, um ihm einen neuen Anstrich zu verpassen. Und welcher Farbton ist das genau? Schließlich fällt die Entscheidung für Grauweiß RAL 9002, ausgesucht aus dem Musterkatalog der RAL-Farben. Wobei dann die Frage auftaucht: Wofür steht eigentlich dieses RAL, das man im Zusammenhang mit Farben immer liest? RAL ist ganz einfach die Abkürzung von Reichsausschuss für Lieferbedingungen. Diese Institution wurde 1925, also während der Weimarer Republik, von Regierung und Wirtschaft gemeinsam gegründet, um über eine Art Gütesiegel die technischen und qualitativen Anforderungen der verschiedensten Produkte zu sichern. So kam es unter anderem schon 1927 zu einer Normung von 40 Farben, die dann 1940 in einem vierstelligen Nummernsystem erfasst wurden. Derzeit zählt man insgesamt 2328 weltweit beachtete RAL-Farbnuancen.
Und auch der RAL ist übrigens nicht verschwunden, sondern existiert weiter als RAL Deutsches Institut für Gütesicherung und Kennzeichnung e.V.
Nun gab es natürlich eine Vielzahl von Abkürzungen von Begriffen mit Reichs- - im Kaiserreich, während der Weimarer Republik und in der Nazi-Zeit. Manche sind auch heute noch im Gebrauch. Wenn die Eltern oder Großeltern vom Dritten Reich erzählen, ist schon mal die Rede vom RAD, also vom Reichsarbeitsdienst, den von 1935 an jeder junge Mann ableisten musste, mit Beginn des Weltkriegs auch die weibliche Jugend. Das ist völlig normal.
Gewisse Kürzel sind aber Gott sei Dank verschwunden oder allenfalls noch in der Fachliteratur zu finden: RKFdV für Reichskommissar für die Festigung deutschen Volkstums oder RMVP für Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda.
Andere Abkürzungen aus brauner Zeit tauchen dagegen in anderem Zusammenhang wieder auf, obwohl sie doch eigentlich mit einem absoluten Tabu belegt sein müssten. Aber weit gefehlt. So kann man im Internet auf unsägliche Debatten stoßen. Da wird auf dem Portal einer großen Familiencommunity doch allen Ernstes darüber räsoniert, warum es heute eigentlich anstößig sein soll, in Internet-Foren oder in SMS von SS oder KZ zu reden, wenn man Schwangerschaft und Kinderzimmer meint. Irgendwann müsse ja mal Schluss sein, schreibt da jemand, natürlich – wie in diesem Medium ja leider üblich – aus der Deckung der Anonymität heraus.
Nichts gegen die gebotene Kürze bei SMS – das heißt ja auch Short Message Service, also Kurznachrichtendienst. Aber um im SMS-Jargon zu bleiben: Wer so etwas absondert, gehört zu den DAU – zu den dümmsten anzunehmenden Usern.
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