"Soviel du brauchst". Kein deutscher Satz wurde wohl letzte Woche mehr zitiert als dieses Motto des Evangelischen Kirchentags in Hamburg mit seinen Hunderttausenden von Besuchern. Es war mit seiner Anspielung auf die christliche Verpflichtung zum Maßhalten sehr sinnfällig. Es war griffig.
Und es war falsch - wenn man es durch die Rechtschreibbrille anschaut. "So viel du brauchst", also getrennt geschrieben, wäre richtig gewesen. Die Kirchentagsoberen erwiesen sich wohl als bibelfest, als sie dieses Zitat nach dem 2. Buch Mose, Kapitel 16, Vers 18, aussuchten, aber nicht als dudenfest. Jedes gute Rechtschreib- und Grammatikprogramm im PC meckert die Zusammenschreibung von soviel in diesem Kontext an. Aber irgendwie scheint das untergegangen zu sein. Oder man reagierte im Unterbewusstsein – Luther lässt sich nicht anmeckern.
Darin liegt das Versehen wohl auch begründet. Luther selbst hatte in "Die gantze Heilige Schrifft: Deudsch" von 1545 so viel zwar noch getrennt. Später aber bürgerte sich die Zusammenschreibung ein, und in den Bibeln des letzten Jahrhunderts findet sich durchgehend soviel, was nach Konrad Dudens alter Rechtschreibung auch völlig korrekt war. Gerade bei einem so sakrosankten Werk wie Luthers Bibelübersetzung mag dann aber anlässlich der Rechtschreib-Revision nach 1996 die Tendenz zum Übersehen alter Schreibweisen besonders groß gewesen sein. Deswegen sollte man hier christliche Milde walten lassen.
Klar ist allerdings: Seit dem Inkrafttreten der Reform muss so viel in diesem Zusammenhang getrennt geschrieben werden. Was im Gegensatz zu vielen anderen höchst fragwürdigen und hirnrissigen Neuregelungen auch nicht ohne Logik ist. Wenn soviel als Konjunktion eingesetzt wird, schreibt man zusammen. Ein Beispiel: "Soviel ich weiß, kennt er die Bibel sehr genau." In allen anderen Verbindungen aber wird getrennt: "Er weiß so viel, dass man ihn bei Fragen zur Bibel kaum schlagen kann."
Diese Regel gilt auch für andere Verbindungen mit so, und weil hier bei vielen Schreibern – ob beruflich oder privat – ebenfalls eine merkliche Unsicherheit zu herrschen scheint, seien noch einige angeführt.
Eine ähnliche Bedeutung wie soviel hat soweit, und auch hier gilt: Bei der Konjunktion wird zusammengeschrieben, in allen anderen Fällen nicht. "Soweit ich weiß, studiert er Theologie." Aber: "Seine Eltern warten gespannt, bis er so weit ist mit seinem Studium."
Auch bei solange greift diese Unterscheidung: "Solange er noch an der Universität ist, müssen ihn die Eltern unterstützen." Aber: "Er hat so lange bis zum Examen gebraucht, weil das Theologiestudium so schwer ist."
Ein weiteres Exemplar dieser Spezies: "Sooft man ihn abends auch anruft, er sitzt immer über der Bibel." Aber: "Er geht so oft in die Bibliothek, weil er dort mehr Ruhe hat."
Und schließlich ein letzter Fall: "Sosehr man seinen Studieneifer auch bewundern mag, er sollte sich manchmal eine Pause gönnen." Aber: "Er legt sich bei seinem Studium so sehr ins Zeug, damit ihm auf jeden Fall ein gutes Examen gelingt."
Eingangs war von der christlichen Verpflichtung zum Maßhalten die Rede. Deswegen machen wir jetzt Schluss. So viel für heute.
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