"Was haben eure Fußballclubs eigentlich mit den Russen zu tun?", so fragte unlängst ein amerikanischer Freund, der sich bei Namen wie Borussia Dortmund oder Borussia Mönchengladbach immer verwundert die Augen reibt.
Aus seiner Sicht ist das ja nicht ganz abwegig: Russia heißt auf Englisch nun mal Russland. Aber natürlich stimmt es trotzdem nicht. Schuld an dieser Verwirrung ist eine Ansammlung von ähnlich klingenden Namen, die auch Deutschen manchmal zu schaffen machen.
Dass sich die Dortmunder Kicker bei der Clubgründung 1909 im Gasthaus Wildschütz den Namen Borussia gaben, muss man aus der Zeit heraus verstehen. Borussia war neben Prussia eine der beiden latinisierten Formen des Namens Preußen, das im damaligen Deutschen Reich eben von der Mosel bis an die Memel reichte und von Königsberg bis zur Kö. Rex Borussiae lautete demnach auch der Titel der preußischen Könige. Aber an die dachten die wackeren Fußballer wohl weniger. Die Legende will es, dass Bier aus der nahen Borussia-Brauerei ausgeschenkt wurde, als man zur Vereinstaufe schritt.
Nun tragen die Preußen allerdings gar keinen deutschen Namen. In der Region, die später zu Ostpreußen wurde, saßen im frühen Mittelalter zunächst einmal die Prußen oder Pruzzen, ein baltischer Stamm. Nach ihnen wurde das Land genannt, in das der Deutsche Orden nach 1200 vorstieß, und irgendwann färbte die Bezeichnung auch auf die neuen deutschen Siedler ab.
Überhaupt nichts mit den Preußen zu tun haben wiederum die Reußen, wie man bei uns früher die Russen nannte und was noch in der Redensart vom Herrscher aller Reußen weiterlebt – gerade dieser Tage wieder mehrfach zu hören, als Putin in pseudo-zaristischer Attitüde den dicken Gérard an die Brust nahm. Und jetzt wird es ganz kompliziert: Russen sind zwar Slawen, doch ihr Name nach dem mittelalterlichen Großreich Rus in der Mitte des heutigen Russland könnte skandinavischen Ursprungs sein. Bekanntlich stießen Wikinger vom 7. Jahrhundert an über die Flüsse nach Süden vor und zählten zur Oberschicht in Rus. Für diesen Namen Rus aber sollen Finnen gesorgt haben. Sie nannten jene Nordgermanen Ruotsi, abgeleitet aus einem germanischen Wort für Ruder.
All dies dem Freund aus den USA im Detail zu erklären, wäre vielleicht zu viel des Guten gewesen – aus seiner Perspektive. Dazu noch eine wahre Geschichte: Bei der Landung in Miami plauderten wir einst mit einem Mann vom Flughafen. Woher wir kämen, wollte er wissen. Aus Deutschland, sagten wir. Und da legte er freudig nach: Seine Vorfahren seien aus Toulouse – nicht weit weg von der russischen Grenze …
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