In den letzten Tagen hatte wieder ein Wort Hochkonjunktur, das a) noch recht jung ist und b) vor allem bei Fußballgroßturnieren benutzt wird: Schland.
Als ironischer Seitenhieb auf grölende deutschtümelnde Dumpfbacken in den Stadien tauchte es bei der WM 2006 in Stefan Raabs „TV total“ auf. Aber wie es halt manchmal so geht: Aus dem despektierlichen Kunstwort wurde ein Kultwort. Bei der WM 2010 sorgte „Schland o Schland“, gesungen von der Band "Uwu Lena" (Uwe Seeler + Vuvuzela + Lena), für eine witzige Persiflage auf Lenas Eurovision-Siegersong "Satellite". Zudem ist Schland ein geschütztes Markenzeichen von der Schland-Tasse bis zum Schland-T-Shirt – natürlich in Regie von Stefan Raab.
Aber hier soll uns dieses Schland aus einem ganz anderen Grund interessieren. An Wörtern fehlt es dem Deutschen ja nicht. Der Wortschatz unserer Standardsprache liegt bei rund 70 000. Nimmt man den Gesamtwortschatz, so tendiert die Zahl gegen 500 000. Aber was den Ausnutzungsgrad unserer Lautfolgen, also der möglichen Kombinationen von Vokalen und Konsonanten, angeht, so bleibt hier ein gigantisches Reservoir ungenutzt, was den meisten unter uns überhaupt nicht bewusst ist.
Um bei Schland zu bleiben: Bis 2006 war diese Buchstabenfolge als reguläres deutsches Wort unbesetzt. Den Schlund gab es zwar schon, aber Schlend, Schlind, Schlond, Schlönd und eben Schland waren noch ungehobene Schätze.
Weitere Beispiele mit wechselnden Vokalen: Den Schmand kennen wir auch. Aber was ist mit Schmind, Schmend, Schmönd, Schmond oder Schmund?
Wieso gibt es den Schrank, aber nicht den Schrunk, Schrink, Schrünk, Schrönk oder Schronk?
Warum lässt man im Standarddeutschen so schöne Kreationen wie Strampf, Strempf, Strimpf, Strompf oder Strömpf schnöde ungenutzt und begnügt sich mit Strumpf?
Und um mit Blick auf die Konsonanten den Spieß herumzudrehen: Wieso haben wir den Strand, aber nicht den Stranf, Strank, Stralf oder Strapf? Und wenn es schon Schland gibt, was ist dann mit Schlanf, Schmank, Schramd, Schnalp oder Schralf?
Allein dieser winzige Ausschnitt – nur einsilbige Wörter mit einem Sch-Laut am Anfang und dabei längst nicht alle Varianten – zeigt, welch weites Feld hier brachliegt. Aber die Sprachwissenschaft meint mit gutem Grund, wir bräuchten ja auch nicht mehr Wörter. Goethe hatte zwar einen Wortschatz von rund 90.000, aber der heutige Normalbürger kommt mit wesentlich weniger aus. Also können wir über Neuschöpfungen zwar immer nachdenken, aber uns ansonsten ruhig zurücklehnen. Die Flut wird sich aus sprachökonomischen Gründen in Grenzen halten.
Auch Schland dürfte nach der EM wieder an Attraktion verlieren. Aber eines ist sicher: Wir hatten eine stürke Nutianilmonnschift, eine stölke Modienulrannschuft, eine stimke Ritoniörlämstraft… Sie wissen schon!
Freitag, 22. Juni 2012
Die Griechen und der Bedo
Wenn die Deutschen heute Abend das EM-Viertelfinale bestreiten, ist die Taktik des Gegners schon ausgemacht: Quer durch alle Medien warnen die Sportreporter vor dem Beton, den die Defensivstrategen aus Griechenland wohl anrühren werden.
So weit, so klar. Aber wie spricht man den Namen dieses Materials aus der Abteilung Bau-Steine-Erden eigentlich korrekt aus? Beton ist ein im 18. Jahrhundert aus dem Französischen als béton zu uns gekommenes Fremdwort für die Mischung aus Zement, Sand und Wasser, übrigens urverwandt mit dem aus dem Keltischen stammenden Wort Bitumen, wie man zu Erdpech oder Naturasphalt sagt. Deswegen ist die vom Duden favorisierte Aussprache auch wie beim französischen Original Be’tõ, mit einem Nasal oder Nasenlaut am Ende und der Betonung auf der zweiten Silbe.
In großen Teilen Süddeutschlands sowie in Österreich findet sich allerdings auch die im Duden angegebene zweite, umgangssprachliche Variante Be’ton mit einem langen o am Ende. Andere halten es für schick, statt des Nasals einfach ein ong anzuhängen, also Be’tong zu sagen – ähnlich wie bei der Aussprache der ebenfalls von unseren gallischen Nachbarn übernommenen Wörtern Bal’kong, Fla‘kong und Fa‘ssong.
Diese Version Be’tong stand bis vor wenigen Jahren auch noch als Favorit im Duden, heute taucht sie nicht mehr auf. Dafür wird die schweizerdeutsche Variante erwähnt, die ‘Beton lautet, also mit der Betonung auf der ersten Silbe.
Manche Schwaben wiederum betonen zwar wie die Schweizer auf der ersten Silbe, aber sie weichen das t zu einem breimäuligen d auf: "Karle, mach et zviel Zement in de Bedo, der isch duier!"
Wie auch immer: Löw & Co. müssen sich heute etwas einfallen lassen gegen diesen griechischen Beton – ob mit oder ohne Nasal.
Vielleicht hilft da der Gedanke an eine Nebenbedeutung des Wortes Nasal: Ein Nasal oder Naseneisen war ein starkes Blech an antiken oder mittelalterlichen Helmen, um das Gesicht zu schützen. So liegt ein Schlachtruf für Danzig nahe: Nasalhelm auf zum Gefecht!
Aber war da nicht was mit Danzig und den Deutschen vor 73 Jahren? Da war was. Viel schöner wäre es also, wenn alles friedlich abginge zwischen den Germanen und den Hellenen in der Arena Gdansk ab 20.45 Uhr. Wir Deutsche haben ja aus jüngerer Zeit beste Erfahrungen als Betonmauerspechte.
Stetes Klopfen höhlt den Stein.
In diesem Sinne: Glückauf!
So weit, so klar. Aber wie spricht man den Namen dieses Materials aus der Abteilung Bau-Steine-Erden eigentlich korrekt aus? Beton ist ein im 18. Jahrhundert aus dem Französischen als béton zu uns gekommenes Fremdwort für die Mischung aus Zement, Sand und Wasser, übrigens urverwandt mit dem aus dem Keltischen stammenden Wort Bitumen, wie man zu Erdpech oder Naturasphalt sagt. Deswegen ist die vom Duden favorisierte Aussprache auch wie beim französischen Original Be’tõ, mit einem Nasal oder Nasenlaut am Ende und der Betonung auf der zweiten Silbe.
In großen Teilen Süddeutschlands sowie in Österreich findet sich allerdings auch die im Duden angegebene zweite, umgangssprachliche Variante Be’ton mit einem langen o am Ende. Andere halten es für schick, statt des Nasals einfach ein ong anzuhängen, also Be’tong zu sagen – ähnlich wie bei der Aussprache der ebenfalls von unseren gallischen Nachbarn übernommenen Wörtern Bal’kong, Fla‘kong und Fa‘ssong.
Diese Version Be’tong stand bis vor wenigen Jahren auch noch als Favorit im Duden, heute taucht sie nicht mehr auf. Dafür wird die schweizerdeutsche Variante erwähnt, die ‘Beton lautet, also mit der Betonung auf der ersten Silbe.
Manche Schwaben wiederum betonen zwar wie die Schweizer auf der ersten Silbe, aber sie weichen das t zu einem breimäuligen d auf: "Karle, mach et zviel Zement in de Bedo, der isch duier!"
Wie auch immer: Löw & Co. müssen sich heute etwas einfallen lassen gegen diesen griechischen Beton – ob mit oder ohne Nasal.
Vielleicht hilft da der Gedanke an eine Nebenbedeutung des Wortes Nasal: Ein Nasal oder Naseneisen war ein starkes Blech an antiken oder mittelalterlichen Helmen, um das Gesicht zu schützen. So liegt ein Schlachtruf für Danzig nahe: Nasalhelm auf zum Gefecht!
Aber war da nicht was mit Danzig und den Deutschen vor 73 Jahren? Da war was. Viel schöner wäre es also, wenn alles friedlich abginge zwischen den Germanen und den Hellenen in der Arena Gdansk ab 20.45 Uhr. Wir Deutsche haben ja aus jüngerer Zeit beste Erfahrungen als Betonmauerspechte.
Stetes Klopfen höhlt den Stein.
In diesem Sinne: Glückauf!
Freitag, 15. Juni 2012
Was Mario Gomez leid ist
Irgendwie tun einem die Holländer ja leid. Oder tun sie einem Leid?
Ein altes Problem, das durch die Rechtschreibreform mit ihrem Hang zu verwirrenden Variantenschreibungen nicht einfacher geworden ist. Auch unsere Leser werden davon anscheinend umgetrieben. Gerade dieser Tage schrieb eine Dame sinngemäß, sie fühle sich als Leidtragende, weil sie es leid sei, dass hier immer wieder Fehler gemacht würden. Sie habe langsam den Verdacht, man tue es ihr zu Leid, und deswegen tue sie sich mittlerweile selbst leid…
Zur Erinnerung: Alle Sturmläufe gegen die verhängnisvollen Variantenschreibungen in der Endphase der Rechtschreibreform waren bekanntlich vergebens. Da der Rechtschreibrat mit seinen 40 Mitgliedern aus sechs Nationen zur Einstimmigkeit verdammt war, sich aber sehr oft gerade nicht einigen konnte, erlaubte er bei strittigen Fragen einfach zwei verschiedene Formen. Irgendwann in weiter Ferne will man sich dann auf eine Form festlegen. Bis dahin aber grassiert die Unsicherheit, die leider auch zur Wurstigkeit führt.
"Wenn die Oberschlaumeier schon nicht wissen, was sie wollen, so kann mir das auch egal sein…" So sagt sich der frustrierte Otto Normalschreiber in seiner täglichen Not und schreibt einfach drauflos.
Einige Beispiele für fragwürdige Varianten gefällig? Beide Formen sind erlaubt bei Du hast recht/Recht oder jedem das seine/Seine oder auf das beste/Beste.
Im Fall von leid/Leid ist die Sache allerdings relativ klar geregelt. Generell großgeschrieben wird logischerweise in Verbindungen mit dem Substantiv Leid, also heißt es – um auf dem Fußballfeld zu bleiben – Hollands Trainer Bert von Marwijk klagte nach dem Spiel im Fernsehen sein Leid. Generell kleingeschrieben wird in Verbindungen mit dem Verb tun sowie dem Hilfsverb sein. Es heißt also Mario Gomez tat es leid, dass er nicht noch ein drittes Tor schoss und Mario Gomez ist es leid, von Journalisten immer abgewatscht zu werden.
Eine sanktionierte Variantenschreibung gibt es nur, wenn das Problem der Getrennt- oder Zusammenschreibung hinzukommt: Wenn Trainer Joachim Löw an Mario Gomez festhält, dann tut er es auch dessen Kritikern zuleid oder zu Leid. Und genau diese Wahlfreiheit reicht schon wieder, um Schreiber zu verunsichern.
Sicher ist dagegen, dass das deutsche Team den Holländern ein Leid angetan hat, ein großes Leid – und groß geschrieben.
Ein altes Problem, das durch die Rechtschreibreform mit ihrem Hang zu verwirrenden Variantenschreibungen nicht einfacher geworden ist. Auch unsere Leser werden davon anscheinend umgetrieben. Gerade dieser Tage schrieb eine Dame sinngemäß, sie fühle sich als Leidtragende, weil sie es leid sei, dass hier immer wieder Fehler gemacht würden. Sie habe langsam den Verdacht, man tue es ihr zu Leid, und deswegen tue sie sich mittlerweile selbst leid…
Zur Erinnerung: Alle Sturmläufe gegen die verhängnisvollen Variantenschreibungen in der Endphase der Rechtschreibreform waren bekanntlich vergebens. Da der Rechtschreibrat mit seinen 40 Mitgliedern aus sechs Nationen zur Einstimmigkeit verdammt war, sich aber sehr oft gerade nicht einigen konnte, erlaubte er bei strittigen Fragen einfach zwei verschiedene Formen. Irgendwann in weiter Ferne will man sich dann auf eine Form festlegen. Bis dahin aber grassiert die Unsicherheit, die leider auch zur Wurstigkeit führt.
"Wenn die Oberschlaumeier schon nicht wissen, was sie wollen, so kann mir das auch egal sein…" So sagt sich der frustrierte Otto Normalschreiber in seiner täglichen Not und schreibt einfach drauflos.
Einige Beispiele für fragwürdige Varianten gefällig? Beide Formen sind erlaubt bei Du hast recht/Recht oder jedem das seine/Seine oder auf das beste/Beste.
Im Fall von leid/Leid ist die Sache allerdings relativ klar geregelt. Generell großgeschrieben wird logischerweise in Verbindungen mit dem Substantiv Leid, also heißt es – um auf dem Fußballfeld zu bleiben – Hollands Trainer Bert von Marwijk klagte nach dem Spiel im Fernsehen sein Leid. Generell kleingeschrieben wird in Verbindungen mit dem Verb tun sowie dem Hilfsverb sein. Es heißt also Mario Gomez tat es leid, dass er nicht noch ein drittes Tor schoss und Mario Gomez ist es leid, von Journalisten immer abgewatscht zu werden.
Eine sanktionierte Variantenschreibung gibt es nur, wenn das Problem der Getrennt- oder Zusammenschreibung hinzukommt: Wenn Trainer Joachim Löw an Mario Gomez festhält, dann tut er es auch dessen Kritikern zuleid oder zu Leid. Und genau diese Wahlfreiheit reicht schon wieder, um Schreiber zu verunsichern.
Sicher ist dagegen, dass das deutsche Team den Holländern ein Leid angetan hat, ein großes Leid – und groß geschrieben.
Freitag, 8. Juni 2012
Gesetzt den Fall, beim EM-Auftaktspiel zwischen Polen und Griechenland steht es heute Abend nach einiger Zeit 0:1, so ist eines jetzt schon todsicher: Irgendjemand in Funk oder Fernsehen sagt dann bedeutungsschwer: Noch ist Polen nicht verloren.
Denn der Anfang der heutigen Nationalhymne unserer Nachbarn im Osten, eines 1797 als Reaktion auf die ständigen polnischen Teilungen durch Russland, Preußen und Österreich geschriebenen Militärmarschs, ist längst auch in unseren Sprachschatz aufgenommen.
Und welchen Niederschlag haben die anderen Nationen dieser EM im Fundus unserer Zitate und Redensarten gefunden? Bei Irland, Kroatien, Portugal, Tschechien und der Ukraine ist unseres Wissens Fehlanzeige. Auch England hat eigentlich keine Spuren hinterlassen – zieht man nicht jenes unsägliche Kampflied von 1939 hinzu, das von den Bomben, Bomben, Bomben auf Engelland schwadronierte und auch noch nach dem Krieg bei Treffs von Wehrmachtsveteranen geschmettert wurde.
Da wendet man sich doch lieber dem Beitrag Griechenlands zu: Und an dem Ufer steh ich lange Tage, das Land der Griechen mit der Seele suchend, so lässt Goethe seine Iphigenie auf Tauris klagen, die sich nach der Heimat sehnt. Und noch einmal dürfen wir den Herrn Geheimrat zitieren: Kennst du das Land, wo die Zitronen blühn singt die kleine Mignon schmachtend, und gemeint ist Italien.
Auf den Großen Kurfürsten soll der Ausruf vom Alten Schweden zurückgehen, womit man gerne seine Anerkennung für jemand ausdrückt.
Der Hintergrund: Nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieges setzte Friedrich Wilhelm erfahrene schwedische Soldaten als Ausbilder ein, die sich besonders gut auf militärischen Drill verstanden.
Über die Herkunft der Redensart Leben wie Gott in Frankreich streiten sich die Gelehrten. Angeblich ist sie aber schon im Mittelalter aufgekommen, als es der Geistlichkeit dort besonders gut ging.
Aus Shakespeares "Hamlet" stammt die Anmerkung Etwas ist faul im Staate Dänemark.
Stolz wie ein Spanier sagt man, weil der Stolz gemeinhin als herausstechende Charaktereigenschaft der Iberer gilt, was schon Schiller in seinem "Don Carlos" so sah.
Weil wiederum die Niederländer in der frühen Neuzeit sehr unter der spanischen Herrschaft litten, entstand wohl damals die Redensart von Holland in Not.
Und Deutschland?
Natürlich ist auch unsere Nation vertreten. Allerdings wollen wir nicht hoffen, dass uns morgen nach dem Portugal-Spiel der Nationalmannschaft allenfalls noch Heinrich Heine in den Sinn kommt: Denk ich an Deutschland in der Nacht, so bin ich um den Schlaf gebracht…
Denn der Anfang der heutigen Nationalhymne unserer Nachbarn im Osten, eines 1797 als Reaktion auf die ständigen polnischen Teilungen durch Russland, Preußen und Österreich geschriebenen Militärmarschs, ist längst auch in unseren Sprachschatz aufgenommen.
Und welchen Niederschlag haben die anderen Nationen dieser EM im Fundus unserer Zitate und Redensarten gefunden? Bei Irland, Kroatien, Portugal, Tschechien und der Ukraine ist unseres Wissens Fehlanzeige. Auch England hat eigentlich keine Spuren hinterlassen – zieht man nicht jenes unsägliche Kampflied von 1939 hinzu, das von den Bomben, Bomben, Bomben auf Engelland schwadronierte und auch noch nach dem Krieg bei Treffs von Wehrmachtsveteranen geschmettert wurde.
Da wendet man sich doch lieber dem Beitrag Griechenlands zu: Und an dem Ufer steh ich lange Tage, das Land der Griechen mit der Seele suchend, so lässt Goethe seine Iphigenie auf Tauris klagen, die sich nach der Heimat sehnt. Und noch einmal dürfen wir den Herrn Geheimrat zitieren: Kennst du das Land, wo die Zitronen blühn singt die kleine Mignon schmachtend, und gemeint ist Italien.
Auf den Großen Kurfürsten soll der Ausruf vom Alten Schweden zurückgehen, womit man gerne seine Anerkennung für jemand ausdrückt.
Der Hintergrund: Nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieges setzte Friedrich Wilhelm erfahrene schwedische Soldaten als Ausbilder ein, die sich besonders gut auf militärischen Drill verstanden.
Über die Herkunft der Redensart Leben wie Gott in Frankreich streiten sich die Gelehrten. Angeblich ist sie aber schon im Mittelalter aufgekommen, als es der Geistlichkeit dort besonders gut ging.
Aus Shakespeares "Hamlet" stammt die Anmerkung Etwas ist faul im Staate Dänemark.
Stolz wie ein Spanier sagt man, weil der Stolz gemeinhin als herausstechende Charaktereigenschaft der Iberer gilt, was schon Schiller in seinem "Don Carlos" so sah.
Weil wiederum die Niederländer in der frühen Neuzeit sehr unter der spanischen Herrschaft litten, entstand wohl damals die Redensart von Holland in Not.
Und Deutschland?
Natürlich ist auch unsere Nation vertreten. Allerdings wollen wir nicht hoffen, dass uns morgen nach dem Portugal-Spiel der Nationalmannschaft allenfalls noch Heinrich Heine in den Sinn kommt: Denk ich an Deutschland in der Nacht, so bin ich um den Schlaf gebracht…
Freitag, 1. Juni 2012
Das Salz in der Sprachsuppe
Am Mittwochmorgen ging es im SWR 1 um die alten, überholten Strukturen in der Kirche, die den Fortschritt behinderten. Und das - so meinte die Sprecherin - sei schwer zu verkraften, wenn man selbst viel Herzblut hineingesteckt habe. Nun kann man Herzblut vergießen, und man kann viel Geld in etwas hineinstecken. Aber viel Herzblut in etwas hineinstecken?
Das geht nicht. Hier sind schlichtweg zwei Metaphern, wie solche bildliche Übertragungen in der Sprache heißen, in der Schnelle durcheinandergeraten.
Nun gibt es den Bildbruch mit voller Absicht, also das gewollte Nebeneinander von eigentlich Unvereinbarem. Katachrese nennt man diese Sprachfigur (griechisch katachresis = Missbrauch), die schon die alten Hellenen mit Lust in der Komödie einsetzten.
Skurrile Sätze wie Das schlägt dem Fass die Krone ins Gesicht oder Der Finger Gottes hat schon manchem ein Bein gestellt hätten ihnen mit Sicherheit gefallen. Aber die meisten Stilbrüche dieser Art passieren eben nicht bewusst, sondern unfreiwillig. Ob beim Sprechen oder Schreiben, ob im privaten Bereich oder im Geschäftsleben.
Gerade Journalisten laufen andauernd Gefahr, im Bemühen um eine möglichst farbige, bilderreiche Sprache danebenzugreifen. Und seien wir ehrlich, auch in unserem Blatt. So war unlängst in der SZ anlässlich des Ackermann-Abschieds von der Baustelle die Rede, die der Deutsche-Bank-Chef seinen Nachfolgern mit dem Standbein Privatkunden hinterlasse…
Aber auch deutsche Großjournalistinnen sind dagegen nicht gefeit: Vor wenigen Tagen bekam die ZDF-"heute journal"-Moderatorin Marietta Slomka den Medienpreis für Sprachkultur der Gesellschaft für deutsche Sprache verliehen. Und was sagte die ansonsten so pointiert formulierende Dame in ihrer Dankesrede? "Aber es ist schon so, dass die Medien sich auf jeden Satz, jedes Wort stürzen, das aus der glattgefeilten Allgemein-Soße heraussticht."
Aua!
Was also tun? Bildliche Übertragungen aus anderen Wortebenen und bewusste Kombinationen von verschiedenen Bedeutungen sind – um hier nun ebenfalls bewusst eine etwas gewagte Metapher einzusetzen – das Salz in der Sprachsuppe. Aber wie bei der feinen Küche kommt es halt auf die Dosierung an. Und vor allem muss ständig ein Warnsignal blinken: Vorsicht bei Bildern, Blamage-Gefahr! Denn solche Metaphern-Missgriffe tun weh – dem Hörer, dem Leser und schließlich dem Autor, wenn über ihn gelacht wird.
Aber wenn dann jemand schon mal eine solche Stilblüte fabriziert hat, so lässt sich immerhin katachretisch Trost spenden: Möge der Zahn der Zeit, der schon so manche Träne trocknen ließ, auch über diese Wunde Gras wachsen lassen!
Das geht nicht. Hier sind schlichtweg zwei Metaphern, wie solche bildliche Übertragungen in der Sprache heißen, in der Schnelle durcheinandergeraten.
Nun gibt es den Bildbruch mit voller Absicht, also das gewollte Nebeneinander von eigentlich Unvereinbarem. Katachrese nennt man diese Sprachfigur (griechisch katachresis = Missbrauch), die schon die alten Hellenen mit Lust in der Komödie einsetzten.
Skurrile Sätze wie Das schlägt dem Fass die Krone ins Gesicht oder Der Finger Gottes hat schon manchem ein Bein gestellt hätten ihnen mit Sicherheit gefallen. Aber die meisten Stilbrüche dieser Art passieren eben nicht bewusst, sondern unfreiwillig. Ob beim Sprechen oder Schreiben, ob im privaten Bereich oder im Geschäftsleben.
Gerade Journalisten laufen andauernd Gefahr, im Bemühen um eine möglichst farbige, bilderreiche Sprache danebenzugreifen. Und seien wir ehrlich, auch in unserem Blatt. So war unlängst in der SZ anlässlich des Ackermann-Abschieds von der Baustelle die Rede, die der Deutsche-Bank-Chef seinen Nachfolgern mit dem Standbein Privatkunden hinterlasse…
Aber auch deutsche Großjournalistinnen sind dagegen nicht gefeit: Vor wenigen Tagen bekam die ZDF-"heute journal"-Moderatorin Marietta Slomka den Medienpreis für Sprachkultur der Gesellschaft für deutsche Sprache verliehen. Und was sagte die ansonsten so pointiert formulierende Dame in ihrer Dankesrede? "Aber es ist schon so, dass die Medien sich auf jeden Satz, jedes Wort stürzen, das aus der glattgefeilten Allgemein-Soße heraussticht."
Aua!
Was also tun? Bildliche Übertragungen aus anderen Wortebenen und bewusste Kombinationen von verschiedenen Bedeutungen sind – um hier nun ebenfalls bewusst eine etwas gewagte Metapher einzusetzen – das Salz in der Sprachsuppe. Aber wie bei der feinen Küche kommt es halt auf die Dosierung an. Und vor allem muss ständig ein Warnsignal blinken: Vorsicht bei Bildern, Blamage-Gefahr! Denn solche Metaphern-Missgriffe tun weh – dem Hörer, dem Leser und schließlich dem Autor, wenn über ihn gelacht wird.
Aber wenn dann jemand schon mal eine solche Stilblüte fabriziert hat, so lässt sich immerhin katachretisch Trost spenden: Möge der Zahn der Zeit, der schon so manche Träne trocknen ließ, auch über diese Wunde Gras wachsen lassen!
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