Frankreich hat einen neuen Präsidenten, eine neue Première Dame – und die deutsche Journaille ein hörbares Problem. Wenn in Funk und Fernsehen von dieser Valérie Trierweiler die Rede ist, brechen sich die Sprecher fast die Zunge ab. Und herauskommt so etwas wie ein gallisch angehauchtes Triéweläär, obwohl doch die deutsche Aussprache hier eigentlich näherläge. Denn die Lebensgefährtin von François Hollande trägt noch den Namen ihres zweiten Ehemannes, des französischen Journalisten und Germanisten Denis Trierweiler, dessen Vorfahren wohl aus Rheinland-Pfalz kamen. Dort gibt es in der Nähe von Trier einen Ort namens Trierweiler.
Damit ist ein interessantes Phänomen angesprochen: Wir Deutsche neigen dazu, Namen von Personen aus einer anderen Nation möglichst korrekt auszusprechen, also so wie die Angehörigen dieser anderen Nation. Das ist an sich ja sehr löblich. Wenn diese Namen allerdings aus der eigenen Sprache stammen, signalisiert das oft eine eher verkrampfte Weltläufigkeit. Als der IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn vor einem Jahr in einem New Yorker Hotel die Selbstkontrolle verlor, wurde er bei uns flugs zu Stross-Kann – nur weil die Franzosen ihn so aussprechen. Und ein Beispiel aus der angloamerikanischen Abteilung: Auch bei Mark Zuckerberg, dem Gründer von Facebook, entbehrt das mit einem lang gezogenen, stimmhaften Säuseln anhebende Sackerböörg unserer Radio- oder TV-Moderatoren nicht der unfreiwilligen Komik.
Was hier passiert, wird erst so richtig im Umkehrschluss deutlich. Der analoge Fall wäre, wenn wir Deutsche erstens den aus dem Französischen stammenden Namen von Oskar Lafontaine einfach deutsch aussprächen, wenn sich also Lafontaine auf Wäscheleine reimte, und wenn dann zweitens die Franzosen bei einem Besuch des Linken-Politikers in Paris es genauso machten... Absurd.
Hier fehlt der Platz, um tiefer in diese Problematik der wechselseitigen Aussprache von Fremdwörtern einzusteigen. Aber wie oben gesagt: An sich ist es immer verdienstvoll, wenn man sich in fremden Sprachen bewegt. Obwohl es manchmal nichts nützt.
Freitag, 11. Mai 2012
Kaum eine Ausgabe unserer Zeitung erschien in den letzten Wochen, aus der nicht Jungen und Mädchen am Tag ihrer Erstkommunion oder Konfirmation schauten. Das ist auch die hohe Zeit der Paten und Patinnen oder – um es im Dialekt unserer Gefilde zu sagen – der Göttis und Gotten. Da sind die einst bei der Taufe ausgesuchten Onkel und Tanten oder Freunde und Freundinnen der Eltern schön in der Pflicht. "Kindle hebe isch e Ehr, doch es macht de Beutel leer", sagt man nicht umsonst.
In diesem Zusammenhang tauchen auch andere Fragen auf. "Haben Göttis und Gotten wirklich etwas mit Gott zu tun", wollte eine Freundin wissen. In der Tat. Man muss nur an den englischen Originaltitel von Mario Puzos Bestseller von 1969 denken: "The Godfather". Da steckt Gott drin. Allerdings heißt the Godfather nicht der Gottvater, was bei einem Mafia-Boss ohnehin schwer vorstellbar wäre, sondern der Pate. The Godmother ist logischerweise die Patin.
Und der Vollständigkeit halber: Gottvater heißt auf Englisch God the Father, und die Gottesmutter ist the Mother of God.
Aber wie ist das genau mit diesem Bezug zu Gott? Der Begriff Pate hängt zum einen zusammen mit dem lateinischen Wort patrinus, abgeleitet von pater = Vater, also in etwa der Mit-Vater, was so ähnlich auch in unserem alten deutschen Wort Gevatter für Pate anklingt. Zum anderen geht der Pate auf den Pater spiritualis zurück, den geistlichen Vater, wie man den Taufzeugen nannte. Ein anderer deutscher Ausdruck für diesen Pater spiritualis war – analog zum Englischen – der Vater in Gott und die weibliche Form entsprechend Mutter in Gott. Daraus haben sich Formen wie Götti und Gotte entwickelt, die in Baden-Württemberg stark differieren – von Geddi und Gedda über Dede und Dode bis zu Dodle und Dodi.
Nebenbei lässt sich noch etwas klären: Wie heißen die Schwiegereltern der eigenen Kinder? Im normalen Duden taucht der Begriff nicht auf. Doch nimmt man den zehnbändigen Duden zur Hand, so findet sich: Gegenschwiegereltern oder kurz Gegenschwieger. Allerdings mit dem Zusatz: landschaftlich. Das kann Schwaben nicht verwundern. Hier sagt man schon immer Gegeschwäher.
In diesem Zusammenhang tauchen auch andere Fragen auf. "Haben Göttis und Gotten wirklich etwas mit Gott zu tun", wollte eine Freundin wissen. In der Tat. Man muss nur an den englischen Originaltitel von Mario Puzos Bestseller von 1969 denken: "The Godfather". Da steckt Gott drin. Allerdings heißt the Godfather nicht der Gottvater, was bei einem Mafia-Boss ohnehin schwer vorstellbar wäre, sondern der Pate. The Godmother ist logischerweise die Patin.
Und der Vollständigkeit halber: Gottvater heißt auf Englisch God the Father, und die Gottesmutter ist the Mother of God.
Aber wie ist das genau mit diesem Bezug zu Gott? Der Begriff Pate hängt zum einen zusammen mit dem lateinischen Wort patrinus, abgeleitet von pater = Vater, also in etwa der Mit-Vater, was so ähnlich auch in unserem alten deutschen Wort Gevatter für Pate anklingt. Zum anderen geht der Pate auf den Pater spiritualis zurück, den geistlichen Vater, wie man den Taufzeugen nannte. Ein anderer deutscher Ausdruck für diesen Pater spiritualis war – analog zum Englischen – der Vater in Gott und die weibliche Form entsprechend Mutter in Gott. Daraus haben sich Formen wie Götti und Gotte entwickelt, die in Baden-Württemberg stark differieren – von Geddi und Gedda über Dede und Dode bis zu Dodle und Dodi.
Nebenbei lässt sich noch etwas klären: Wie heißen die Schwiegereltern der eigenen Kinder? Im normalen Duden taucht der Begriff nicht auf. Doch nimmt man den zehnbändigen Duden zur Hand, so findet sich: Gegenschwiegereltern oder kurz Gegenschwieger. Allerdings mit dem Zusatz: landschaftlich. Das kann Schwaben nicht verwundern. Hier sagt man schon immer Gegeschwäher.
Freitag, 4. Mai 2012
Schlag nach bei Johannes (Ausrufezeichen!)
Letzte Woche wurde in Freiburg die Große Landesausstellung zum 60. Geburtstag Baden-Württembergs eröffnet. Ihr Titel: Liebe deinen Nachbarn – Beziehungsgeschichten aus dem Dreiländereck. Das Ausrufezeichen nach Nachbarn fehlt. Warum?
Ein Blick in die alte Schulgrammatik aus den 50ern beweist wieder einmal, um wie viel einschichtiger das Leben damals war – zumindest für Schüler: Steht ein Verb im Imperativ, also in der Befehlsform, so wird der Satz durch ein Ausrufezeichen abgeschlossen. So lernten wir es. Und auf unser Beispiel übertragen, hätte das geheißen: Liebe deinen Nachbarn! Mit Ausrufezeichen!
Nach dem neuesten Orthografie-Regelwerk stellt sich der Fall komplexer dar: Ein Ausrufezeichen steht nach reinen Ausrufen oder Interjektionen wie Ach! oder Bravo! oder Pfui! Außerdem setzt man es nach Wunschsätzen (Hoffentlich sehen wir uns bald wieder!), nach Ausrufesätzen (Was erlaubst du dir!) und nach Aufforderungssätzen (Schließen Sie die Türe!). Bei Aufforderungen, denen man keinen besonderen Nachdruck verleihen will, kann man das Ausrufezeichen auch weglassen. Auf unser Beispiel übertragen hieße das: Liebe deinen Nachbarn. Sprich: Du musst es ja nicht gleich übertreiben.
Mit Verlaub: Was soll das! Leider haben wir hier wieder einmal den Fall, dass Wahlfreiheit – ähnlich wie bei den Variantenschreibungen nach der Rechtschreibreform (mit Hilfe oder mithilfe, beides ist richtig) – verwirrend wirkt. Warum soll ich mir den Kopf über richtige Interpunktion zerbrechen, denkt sich der Schreiber – und wurstelt irgendwie drauflos.
Nehmen wir einmal an, ein Ehepaar bekommt abends Krach, worauf er an seinen Stammtisch flüchtet. Bei der Heimkehr findet er einen Zettel: „Schlafe im Gästezimmer.“ Heißt das nun, dass sie ausgezogen ist und er allein ins verwaiste Ehebett steigen muss? Oder heißt es, dass er sie nicht mehr behelligen soll und gleich ins Gästezimmer ziehen? Hier sorgt ein Ausrufezeichen für Klarheit.
Und für die Versöhnung am nächsten Morgen gibt es ja eine wunderbare Losung: Johannesevangelium 15, 17. Liebet einander! Mit Ausrufezeichen!
Ein Blick in die alte Schulgrammatik aus den 50ern beweist wieder einmal, um wie viel einschichtiger das Leben damals war – zumindest für Schüler: Steht ein Verb im Imperativ, also in der Befehlsform, so wird der Satz durch ein Ausrufezeichen abgeschlossen. So lernten wir es. Und auf unser Beispiel übertragen, hätte das geheißen: Liebe deinen Nachbarn! Mit Ausrufezeichen!
Nach dem neuesten Orthografie-Regelwerk stellt sich der Fall komplexer dar: Ein Ausrufezeichen steht nach reinen Ausrufen oder Interjektionen wie Ach! oder Bravo! oder Pfui! Außerdem setzt man es nach Wunschsätzen (Hoffentlich sehen wir uns bald wieder!), nach Ausrufesätzen (Was erlaubst du dir!) und nach Aufforderungssätzen (Schließen Sie die Türe!). Bei Aufforderungen, denen man keinen besonderen Nachdruck verleihen will, kann man das Ausrufezeichen auch weglassen. Auf unser Beispiel übertragen hieße das: Liebe deinen Nachbarn. Sprich: Du musst es ja nicht gleich übertreiben.
Mit Verlaub: Was soll das! Leider haben wir hier wieder einmal den Fall, dass Wahlfreiheit – ähnlich wie bei den Variantenschreibungen nach der Rechtschreibreform (mit Hilfe oder mithilfe, beides ist richtig) – verwirrend wirkt. Warum soll ich mir den Kopf über richtige Interpunktion zerbrechen, denkt sich der Schreiber – und wurstelt irgendwie drauflos.
Nehmen wir einmal an, ein Ehepaar bekommt abends Krach, worauf er an seinen Stammtisch flüchtet. Bei der Heimkehr findet er einen Zettel: „Schlafe im Gästezimmer.“ Heißt das nun, dass sie ausgezogen ist und er allein ins verwaiste Ehebett steigen muss? Oder heißt es, dass er sie nicht mehr behelligen soll und gleich ins Gästezimmer ziehen? Hier sorgt ein Ausrufezeichen für Klarheit.
Und für die Versöhnung am nächsten Morgen gibt es ja eine wunderbare Losung: Johannesevangelium 15, 17. Liebet einander! Mit Ausrufezeichen!
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