Vor einigen Tagen wurde das Wort des Jahres bekannt gegeben. Dabei belegte Arabellion hinter Stresstest (1. Platz) und hebeln (2. Platz) den dritten Rang. Nun ist dieser von der FAZ geprägte Begriff für den Wandel in Nordafrika und dem Vorderen Orient nicht nur eine intelligente Neuschöpfung an sich, sondern auch ein prägnantes Beispiel für die ebenso griffige wie witzige Verschmelzung von Wörtern.
Und was landete bei dieser Wahl der Gesellschaft für deutsche Sprache auf Platz 4? Merkozy – ebenfalls ein Neologismus, und zwar durch Zusammenziehung von Merkel und Sarkozy als Synonym für internationale Politik im Gleichschritt. Gleich zwei Gründe, um sich mit dem Phänomen des Blendings zu beschäftigen, wie man das Vermischen von Wörtern – ähnlich wie bei Wein oder Kaffee – auch nennt.
Solche Kofferwörter – weil da wie in einem Koffer mehrere Sachen zusammengepackt werden – gibt es häufiger, als man denkt. Manche sind schon sehr alt, wie zum Beispiel der Attentäter, bei dem das aus dem Lateinischen stammende Wort Attentat für einen meist politisch motivierten Mordanschlag mit unserem deutschen Wort Täter verschmolzen wurde.
Bekannte Beispiele für kreativen Mischmasch aus den letzten Jahrzehnten sind Motel (Motor + Hotel), Kurlaub (Kur + Urlaub), Politesse (Polizei + Hostesse) und denglisch (deutsch + englisch).
Gleich zwei Wortspielereien gibt es für die Stadt Frankfurt: Mainhattan (Main + Manhattan) sowie Bankfurt (Bank + Frankfurt).
Auch der Teuro (teuer + Euro) gehört hierher, obwohl er ja laut jüngsten Berichten nie einer war; die Missbrauchsdiskussion hat uns den Zölibazi beschert, eine Mischung aus Zölibat (Ehelosigkeit) und Bazi (bayerisch für Gauner);
und Kahnsinn (Oliver Kahn + Wahnsinn) war schlichtweg ein journalistischer Geniestreich, um die multiple Psyche dieses Torhüters zu umreißen. Bollywood (Bombay + Hollywood) für die indische Filmindustrie und Netiquette (Net + Etiquette) für anständige Umgangsformen im Internet sind zwei weitere hübsche Kofferwörter aus dem Englischen.
Noch zwei Beispiele für deutschen Wortwitz: Schachverstand, gebildet aus Schach und Sachverstand, spricht für sich, und bei Lustballon, wohl lustvoll zusammengebastelt aus Lust und Luftballon, muss man auch nicht lange überlegen, was damit gemeint ist.
Morgen ist der 31. Dezember, und da lädt unser aller Andy Borg in Graz zum Silvesterstadl, jener vor über 20 Jahren aus Silvester und Musikantenstadl verschmolzenen Alpengaudi. Wer darauf nicht stehen sollte, kann sich ja einen satanarchäolügenialkohöllischen Wunschpunsch zusammenbrauen. Mit diesem Cocktail aus Satan, Anarchie, Archäologie, Lüge, Genie, Alkohol und Hölle hat uns Michael Ende vor ebenfalls etwas über 20 Jahren ein Prachtexemplar von literarischem Kofferwort beschert.
Doch Vorsicht bei dieser irrwitzigen Rezeptur! Sonst wird es nichts mit dem Brunch am Neujahrsmorgen, auch ein berühmter Wortmix aus Breakfast und Lunch. Und statt der Araber rebelliert der Magen.
Freitag, 23. Dezember 2011
Wanikiya tonpi wowiyuskin
Wenn dieser Tage Weihnachtskarten von überall her eintrudeln, staunt man immer wieder über die Segenswünsche in anderen Sprachen – von Geseënde Kerfees! in Afrikaans bis Sinifesela Ukhisimusi Omuhle! in Zulu. Ein weites Feld, das wir aus gegebenem Anlass kurz beackern wollen.
Eines vorneweg: Unser Wort Weihnachten tanzt durchaus aus der Reihe und taucht – außer im Jiddischen Vaynakhtn – nirgendwo anders auf. Zum ersten Mal um 1170 beim Dichter Spervogel als Wihnacht belegt, hat es natürlich mit unserem heutigen weihen zu tun.
Althochdeutsch wih bedeutete heilig. Daher Heilige Nacht. Wer daraus nun aber eine christliche Wurzel dieses Namens ableitet, liegt falsch. Anders als bei den eher norddeutschen Bezeichnungen Christnacht oder Christfest, wo der Bezug auf die Geburt Christi klar ist, geht das eher süd- und mitteldeutsche Wort Weihnachten aller Wahrscheinlichkeit nach auf die Zeit zurück, als die Germanen noch gar nicht christianisiert waren. Schon damals galten die Nächte nach der Wintersonnenwende als heilige Nächte, in denen unsere Vorfahren mit allerlei wilden Riten den Abschied vom alten und die Ankunft des neuen Jahres feierten. Die Mönche des Mittelalters aber münzten solche heidnischen Bräuche schlichtweg für ihre christlichen Zwecke um.
Da sind Bezeichnungen in anderen Sprachen näher am christlichen Erbe. Bei englisch Christmas, niederländisch Kersfeest, aber auch bei Kristnaskon in der Kunstsprache Esperanto scheint überall wie bei Christfest der Namen Christi auf, und selbst im Nepalesischen Weihnachtsgruß Krist Yesu Ko Shuva Janma Utsav Ko Upalaxhma Hardik Shuva weist schon das erste Wort den Weg.
Spanisch navidad, italienisch natale, rätoromanisch nadal sowie französisch Noel dagegen gehen auf das lateinische Adjektiv natalis zurück, zur Geburt gehörend – dies natalis heißt Geburtstag.
Überhaupt nicht in dieses Schema passt Jul, wie Norweger, Dänen und Schweden unisono zu Weihnachten sagen? Interessanterweise geht es ebenso wie unser Wort auf ein vorchristliches, germanisches Fest zur Wintersonnenwende zurück, wobei die genaue Bedeutung im Dunkeln liegt. Unsere skandinavischen Nachbarn im Norden sind ihm jedenfalls treu geblieben. Die unsäglichen Versuche der Nazis aber, unser Weihnachtsfest in ihrem Germanenwahn zur Julfeier umzudeuten, waren spätestens 1945 gescheitert.
Und was ist mit all den anderen Sprachen? Der Platz verbietet uns, hier noch mehr Beispiele zu zitieren, auf die Hobbyetymologen abfahren könnten. Aber ein kleiner Schlenker sei noch gestattet: Wanikiya tonpi wowiyuskin heißt der Weihnachtsgruß, den sich die Lakota-Indianer, ein Volk der großen Sioux-Familie, morgen entbieten. Leider ist es uns nicht gelungen, auf die Schnelle einen Experten für Lakota zu finden. Und so müssen wir die Aufklärung schuldig bleiben, wie das genau zu übersetzen wäre.
Aber Weihnachten ist ja das Fest der kleinen Geheimnisse.
Eines vorneweg: Unser Wort Weihnachten tanzt durchaus aus der Reihe und taucht – außer im Jiddischen Vaynakhtn – nirgendwo anders auf. Zum ersten Mal um 1170 beim Dichter Spervogel als Wihnacht belegt, hat es natürlich mit unserem heutigen weihen zu tun.
Althochdeutsch wih bedeutete heilig. Daher Heilige Nacht. Wer daraus nun aber eine christliche Wurzel dieses Namens ableitet, liegt falsch. Anders als bei den eher norddeutschen Bezeichnungen Christnacht oder Christfest, wo der Bezug auf die Geburt Christi klar ist, geht das eher süd- und mitteldeutsche Wort Weihnachten aller Wahrscheinlichkeit nach auf die Zeit zurück, als die Germanen noch gar nicht christianisiert waren. Schon damals galten die Nächte nach der Wintersonnenwende als heilige Nächte, in denen unsere Vorfahren mit allerlei wilden Riten den Abschied vom alten und die Ankunft des neuen Jahres feierten. Die Mönche des Mittelalters aber münzten solche heidnischen Bräuche schlichtweg für ihre christlichen Zwecke um.
Da sind Bezeichnungen in anderen Sprachen näher am christlichen Erbe. Bei englisch Christmas, niederländisch Kersfeest, aber auch bei Kristnaskon in der Kunstsprache Esperanto scheint überall wie bei Christfest der Namen Christi auf, und selbst im Nepalesischen Weihnachtsgruß Krist Yesu Ko Shuva Janma Utsav Ko Upalaxhma Hardik Shuva weist schon das erste Wort den Weg.
Spanisch navidad, italienisch natale, rätoromanisch nadal sowie französisch Noel dagegen gehen auf das lateinische Adjektiv natalis zurück, zur Geburt gehörend – dies natalis heißt Geburtstag.
Überhaupt nicht in dieses Schema passt Jul, wie Norweger, Dänen und Schweden unisono zu Weihnachten sagen? Interessanterweise geht es ebenso wie unser Wort auf ein vorchristliches, germanisches Fest zur Wintersonnenwende zurück, wobei die genaue Bedeutung im Dunkeln liegt. Unsere skandinavischen Nachbarn im Norden sind ihm jedenfalls treu geblieben. Die unsäglichen Versuche der Nazis aber, unser Weihnachtsfest in ihrem Germanenwahn zur Julfeier umzudeuten, waren spätestens 1945 gescheitert.
Und was ist mit all den anderen Sprachen? Der Platz verbietet uns, hier noch mehr Beispiele zu zitieren, auf die Hobbyetymologen abfahren könnten. Aber ein kleiner Schlenker sei noch gestattet: Wanikiya tonpi wowiyuskin heißt der Weihnachtsgruß, den sich die Lakota-Indianer, ein Volk der großen Sioux-Familie, morgen entbieten. Leider ist es uns nicht gelungen, auf die Schnelle einen Experten für Lakota zu finden. Und so müssen wir die Aufklärung schuldig bleiben, wie das genau zu übersetzen wäre.
Aber Weihnachten ist ja das Fest der kleinen Geheimnisse.
Freitag, 16. Dezember 2011
Das ist doch für die Katz. So sagt man schnell dahin, wenn etwas nutzlos ist, zwecklos, vergeblich, umsonst. Jeder weiß, was gemeint ist, aber woher kommt das eigentlich?
Die meisten Redensarten rund um die Katze – und es gibt sehr viele davon – erklären sich eigentlich von selbst. Da beißt sich die Katze in den Schwanz, die Katze im Sack kaufen, die Katze aus dem Sack lassen, mit jemandem Katz und Maus spielen, um etwas herumschleichen wie die Katze um den heißen Brei, die Katze lässt das Mausen nicht, wie Hund und Katze leben, das hat die Katze gefressen, wenn die Katze aus dem Haus ist, tanzen die Mäuse – bei alledem muss man nicht lange nachdenken.
Dagegen wird der Hintergrund von der Katze die Schelle umhängen kaum ersichtlich, wenn man sich nicht gut in alten Tierfabeln auskennt. Da gibt es die Geschichte von den Mäusen, die der Katze – um immer vorgewarnt zu werden – eine Schelle um den Hals binden wollten. Allerdings traute sich dann keine… Die Redensart steht also zum einen für jemanden warnen, zum anderen für eine heikle Aufgabe übernehmen. Später wurde ihre Bedeutung noch erweitert: So kann sie auch ausdrücken, dass man eine Heimlichkeit offenbart oder ein Gerücht ausstreut.
Ein bisschen um die Ecke denken muss man auch, wenn etwas für die Katz ist, also wertlos. Über Jahrhunderte hinweg galten Katzen meist nur als lästige Mitesser, und so warf man ihnen minderwertige Reste hin.
An diesem Beispiel kann man übri-gens auch schön erkennen, dass die meisten unserer Redensarten längst vergangene Zeiten spiegeln. Denn wie sieht denn heute die Ernährungslage von Katzen aus? Schauen wir nur einmal kurz auf eine der unzähligen Internet-Seiten für Tiernahrung in vorweihnachtlichen Tagen:
Da läuft einem in Zeiten wachsender Armut die Galle über. Aber gegen diesen Wahnwitz noch angehen zu wollen, ist leider auch für die Katz.
Die meisten Redensarten rund um die Katze – und es gibt sehr viele davon – erklären sich eigentlich von selbst. Da beißt sich die Katze in den Schwanz, die Katze im Sack kaufen, die Katze aus dem Sack lassen, mit jemandem Katz und Maus spielen, um etwas herumschleichen wie die Katze um den heißen Brei, die Katze lässt das Mausen nicht, wie Hund und Katze leben, das hat die Katze gefressen, wenn die Katze aus dem Haus ist, tanzen die Mäuse – bei alledem muss man nicht lange nachdenken.
Dagegen wird der Hintergrund von der Katze die Schelle umhängen kaum ersichtlich, wenn man sich nicht gut in alten Tierfabeln auskennt. Da gibt es die Geschichte von den Mäusen, die der Katze – um immer vorgewarnt zu werden – eine Schelle um den Hals binden wollten. Allerdings traute sich dann keine… Die Redensart steht also zum einen für jemanden warnen, zum anderen für eine heikle Aufgabe übernehmen. Später wurde ihre Bedeutung noch erweitert: So kann sie auch ausdrücken, dass man eine Heimlichkeit offenbart oder ein Gerücht ausstreut.
Ein bisschen um die Ecke denken muss man auch, wenn etwas für die Katz ist, also wertlos. Über Jahrhunderte hinweg galten Katzen meist nur als lästige Mitesser, und so warf man ihnen minderwertige Reste hin.
An diesem Beispiel kann man übri-gens auch schön erkennen, dass die meisten unserer Redensarten längst vergangene Zeiten spiegeln. Denn wie sieht denn heute die Ernährungslage von Katzen aus? Schauen wir nur einmal kurz auf eine der unzähligen Internet-Seiten für Tiernahrung in vorweihnachtlichen Tagen:
"Katzen bietet die ,Winter Selection‘ einen raffinierten Gaumenschmaus mit Lachs und Apfelstückchen. ,Wild und Geflügelherzen mit Birne und Haselnuss‘ oder ,Ente und Garnelen mit Kürbis und Sesam‘ sind die weihnachtlichen Spezialitäten von real nature Winterzauber. Und auch beim Wurstsnack mit Lamm und Leber läuft der Samtpfote das Wasser im Maul zusammen."…
Da läuft einem in Zeiten wachsender Armut die Galle über. Aber gegen diesen Wahnwitz noch angehen zu wollen, ist leider auch für die Katz.
Freitag, 9. Dezember 2011
Als es vor zwei Wochen an dieser Stelle um Jugendsprache ging, tauchte auch das Wort rubbeldiekatz auf, was bei unserem Nachwuchs so viel heißt wie ganz schnell.
Jetzt steht es schon wieder in der Zeitung, allerdings als Titel eines neuen Films von Detlev Buck, der am 15. Dezember in den Kinos anläuft.
Detlev Buck? Ah ja, der hat doch "Karniggels" gemacht und "Männerpension". Aber wie hießen noch mal seine anderen Filme? Schnell auf Wikipedia gegoogelt, und da steht dann ein Satz, den man – so viel Ehrlichkeit muss sein – schlichtweg nicht kapiert: "Buck hat in seinen Filmen oft auch Cameo-Auftritte". Aha.
Weil Bildungslücken dazu da sind, geschlossen zu werden, schaut man halt nach: Ein Cameo-Auftritt oder nur Cameo ist das kurze Auftauchen eines Prominenten in einem Film. Das kann der Regisseur selbst sein, der – wie es einst Alfred Hitchcock mit Vorliebe tat – eine Mini-Szene mit sich selbst in seinen Film einbaut. Oder ein bekannter Politiker spielt einen Augenblick mit. So hatte Gerhard Schröder – damals noch Ministerpräsident von Niedersachsen – bei Dieter Wedels TV-Saga "Der große Bellheim" einen kleinen Gastauftritt in seiner echten Funktion.
Natürlich will der Liebhaber wortgeschichtlicher Hintergründe nun auch noch wissen, woher dieses Cameo stammt. Entlehnt haben wir es – bei dem Primat der US-Filmindustrie kein Wunder – aus dem amerikanischen Englisch. Seine nicht näher definierbaren Wurzeln reichen aber bis in uralte Sprachen zurück – über das Italienische und das Lateinische wohl bis zum Altpersischen. Wir Deutsche sagen und schreiben Kamee und meinen damit einen Edelstein mit einer erhaben geschnittenen figürlichen Darstellung. In der Antike waren das neben Göttern vor allem die Köpfe von Herrschern. Weil deren Bekanntheitsgrad sehr hoch war, wusste jeder sofort, wer auf der Kamee abgebildet war – und daher stammt die heutige übertragene Bedeutung.
Das Gegenteil der Kamee ist übrigens die Gemme. Bei ihr ragt das Motiv nicht konvex hervor, sondern ist konkav in den Schmuckstein graviert.
Und apropos konkav und konvex: Weil diese beiden Begriffe so oft verwechselt werden, hier ein alter Spruch:
Jetzt steht es schon wieder in der Zeitung, allerdings als Titel eines neuen Films von Detlev Buck, der am 15. Dezember in den Kinos anläuft.
Detlev Buck? Ah ja, der hat doch "Karniggels" gemacht und "Männerpension". Aber wie hießen noch mal seine anderen Filme? Schnell auf Wikipedia gegoogelt, und da steht dann ein Satz, den man – so viel Ehrlichkeit muss sein – schlichtweg nicht kapiert: "Buck hat in seinen Filmen oft auch Cameo-Auftritte". Aha.
Weil Bildungslücken dazu da sind, geschlossen zu werden, schaut man halt nach: Ein Cameo-Auftritt oder nur Cameo ist das kurze Auftauchen eines Prominenten in einem Film. Das kann der Regisseur selbst sein, der – wie es einst Alfred Hitchcock mit Vorliebe tat – eine Mini-Szene mit sich selbst in seinen Film einbaut. Oder ein bekannter Politiker spielt einen Augenblick mit. So hatte Gerhard Schröder – damals noch Ministerpräsident von Niedersachsen – bei Dieter Wedels TV-Saga "Der große Bellheim" einen kleinen Gastauftritt in seiner echten Funktion.
Natürlich will der Liebhaber wortgeschichtlicher Hintergründe nun auch noch wissen, woher dieses Cameo stammt. Entlehnt haben wir es – bei dem Primat der US-Filmindustrie kein Wunder – aus dem amerikanischen Englisch. Seine nicht näher definierbaren Wurzeln reichen aber bis in uralte Sprachen zurück – über das Italienische und das Lateinische wohl bis zum Altpersischen. Wir Deutsche sagen und schreiben Kamee und meinen damit einen Edelstein mit einer erhaben geschnittenen figürlichen Darstellung. In der Antike waren das neben Göttern vor allem die Köpfe von Herrschern. Weil deren Bekanntheitsgrad sehr hoch war, wusste jeder sofort, wer auf der Kamee abgebildet war – und daher stammt die heutige übertragene Bedeutung.
Das Gegenteil der Kamee ist übrigens die Gemme. Bei ihr ragt das Motiv nicht konvex hervor, sondern ist konkav in den Schmuckstein graviert.
Und apropos konkav und konvex: Weil diese beiden Begriffe so oft verwechselt werden, hier ein alter Spruch:
"War das Mädchen brav, so ist sein Bauch konkav. Ist sein Bauch konvex, dann hatte es wohl Sex."Das ist zwar – zugegeben – etwas frivol. Aber man weiß ja nie, wann man rubbeldiekatz mal eine solche Eselsbrücke braucht.
Freitag, 2. Dezember 2011
Neulich fand sich in einer Polizeimeldung der SZ folgender Satz: "Er verlor die Kontrolle über sein Fahrzeug und schanzte über eine Verkehrsinsel."
Schön bildlich ausgedrückt, aber außergewöhnlich. Denn dieses Wort schanzen in der Bedeutung über etwas hinwegspringen steht noch in keinem Nachschlagewerk. Ganz neu ist es allerdings auch wieder nicht – zumindest aus Kindermund hörte man es schon länger: Wenn unsere halbwüchsigen Söhne vor zehn, zwanzig Jahren mit hochroten Backen vom Skifahren kamen, erzählten sie stolz, über wie viele Hügel sie geschanzt waren – und wir schmunzelten. Dass dieser Begriff einmal zum Sprung in die Journalistensprache ansetzen würde, hätten wir damals nicht gedacht.
Nun ist es aber so, und wir haben hier einen schlagenden Beweis dafür, wie Wörter ihren Weg machen. Googelt man nach dem Satz er schanzte über, so finden sich zwar erst 68 Belege im Internet – aber dabei wird es sicher nicht bleiben. Auch auf www.schwaebische.de, dem Internetportal der SZ, wird schon munter geschanzt – allein 20 Mal seit Anfang des Jahres. Wobei diese Neuschöpfung ja nicht verwundert: Wir haben das Wort Schanze im Sinn von Sprungschanze, und da ist es nicht ganz abwegig, dass in der Umgangssprache anstatt springen irgendwann schanzen als Synonym auftaucht.
Auch dieser Begriff Schanze beim Skispringen ist schließlich durch eine Bedeutungserweiterung entstanden. Eine Schanze war ursprünglich ein mittels Schanzen – ein altes Wort für Reisigbündel – aufgeworfener Erdwall zur Verteidigung. Und aus diesem militärischen Umfeld stammt auch das alte Verb schanzen im Sinn von mit dem Spaten einen Geschützgraben ausheben – wohl für alle Soldaten eine unangenehme Erinnerung.
Um nun die Sache noch etwas zu komplizieren: Wir kennen ja auch das Verb zuschanzen, doch das steht auf einem ganz anderen Blatt. Im Mittelhochdeutschen gab es ein Wort Schanze, das aus dem altfranzösischen cheance abgeleitet war und letztlich auf das lateinische cadentia = der Würfelfall zurückging. Später wurde es dann auch beim Kartenspiel verwendet, und jemanden etwas zuzuschanzen hieß schlicht, ihm heimlich einen Tipp zu geben oder ihm gar eine Karte zuzustecken.
Übrigens haben wir später dieses französische Wort ein zweites Mal entlehnt – diesmal in der Form chance, und das steht für Glück, glücklicher Zufall, günstige Gelegenheit, Wahrscheinlichkeit.
Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, dass jener wilde Verkehrsinsel-Schanzer relativ glimpflich davonkam. Er prallte gegen einen Baum und blieb unverletzt. Das Auto aber war nicht zu retten – keine Chance.
Schön bildlich ausgedrückt, aber außergewöhnlich. Denn dieses Wort schanzen in der Bedeutung über etwas hinwegspringen steht noch in keinem Nachschlagewerk. Ganz neu ist es allerdings auch wieder nicht – zumindest aus Kindermund hörte man es schon länger: Wenn unsere halbwüchsigen Söhne vor zehn, zwanzig Jahren mit hochroten Backen vom Skifahren kamen, erzählten sie stolz, über wie viele Hügel sie geschanzt waren – und wir schmunzelten. Dass dieser Begriff einmal zum Sprung in die Journalistensprache ansetzen würde, hätten wir damals nicht gedacht.
Nun ist es aber so, und wir haben hier einen schlagenden Beweis dafür, wie Wörter ihren Weg machen. Googelt man nach dem Satz er schanzte über, so finden sich zwar erst 68 Belege im Internet – aber dabei wird es sicher nicht bleiben. Auch auf www.schwaebische.de, dem Internetportal der SZ, wird schon munter geschanzt – allein 20 Mal seit Anfang des Jahres. Wobei diese Neuschöpfung ja nicht verwundert: Wir haben das Wort Schanze im Sinn von Sprungschanze, und da ist es nicht ganz abwegig, dass in der Umgangssprache anstatt springen irgendwann schanzen als Synonym auftaucht.
Auch dieser Begriff Schanze beim Skispringen ist schließlich durch eine Bedeutungserweiterung entstanden. Eine Schanze war ursprünglich ein mittels Schanzen – ein altes Wort für Reisigbündel – aufgeworfener Erdwall zur Verteidigung. Und aus diesem militärischen Umfeld stammt auch das alte Verb schanzen im Sinn von mit dem Spaten einen Geschützgraben ausheben – wohl für alle Soldaten eine unangenehme Erinnerung.
Um nun die Sache noch etwas zu komplizieren: Wir kennen ja auch das Verb zuschanzen, doch das steht auf einem ganz anderen Blatt. Im Mittelhochdeutschen gab es ein Wort Schanze, das aus dem altfranzösischen cheance abgeleitet war und letztlich auf das lateinische cadentia = der Würfelfall zurückging. Später wurde es dann auch beim Kartenspiel verwendet, und jemanden etwas zuzuschanzen hieß schlicht, ihm heimlich einen Tipp zu geben oder ihm gar eine Karte zuzustecken.
Übrigens haben wir später dieses französische Wort ein zweites Mal entlehnt – diesmal in der Form chance, und das steht für Glück, glücklicher Zufall, günstige Gelegenheit, Wahrscheinlichkeit.
Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, dass jener wilde Verkehrsinsel-Schanzer relativ glimpflich davonkam. Er prallte gegen einen Baum und blieb unverletzt. Das Auto aber war nicht zu retten – keine Chance.
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