Milde belächelt wurde vor einigen Jahren eine Bewegung, die sich die Rettung von bedrohten Wörtern auf die Fahnen geschrieben hatte. Sie gab eigens eine Rote Liste von Begriffen heraus, für die man – wie bei aussterbenden Tierarten – unbedingt etwas tun müsse.
Nun ist das gar nicht so abwegig. Es finden sich durchaus Bereiche, in denen Wörter aus dem kollektiven Gedächtnis zu verschwinden drohen, weil sich der Bereich selbst ändert. Nehmen wir einmal die Landwirtschaft. Erstens gibt es weniger Bauern, und zweitens arbeiten sie anders als früher. So trifft man immer mehr junge Leute, die Wörter wie Schober (Scheune für Heu oder Stroh), Flegel (Gerät zum Dreschen), Kummet (Halsgeschirr für Zugtiere), Brache (zeitweilig unbestelltes Grundstück), Egge (Eisengitter mit Zinken zum Zerkleinern der Scholle), Heinze (Gerüst zum Heutrocknen) kaum mehr verstehen – und dann beim Lesen älterer Texte leider schnell an Grenzen kommen.
Bei manchen landwirtschaftlichen Geräten scheint zudem die Schreibweise für Verwirrung zu sorgen. So finden sich für den Häcksler oder (vom Duden auch noch akzeptierten) Häckseler, also jene Maschine, mit der man Stroh, Holz oder auch Gartenabfälle zerhackt, häufig auch die falschen Varianten Häxler, Hächseler, Heckseler, Hechsler, Hechseler…
Und in unserer Zeitung ist dieser Tage noch eine besonders aparte Form hinzugekommen: die Hexelmaschine. Aber Häckseln ist nun mal kein Hexenwerk. Mit dem Zerkleinern von zauberkundigen Weibsleuten hat das Wort überhaupt nichts zu tun. Das Verb ist abgeleitet vom Substantiv Häcksel = klein geschnittenes Stroh, das wiederum ähnlich wie Anhängsel, Mitbringsel oder Überbleibsel aus dem Verb hacken gebildet wurde.
Aber apropos hacken: „Android macht das Hacken leicht“ stand gestern groß über dem SZ-Wirtschaftsteil. Noch vor rund 20 Jahren wäre dieser Titel gründlich missverstanden worden. Die Leser hätten allenfalls gemeint, hier sei von einem neuen Holzspalter der Firma Android die Rede – und nicht von den Schwachstellen eines Computerprogramms, das ein fremdes Eindringen in den PC ermöglicht. Selbst Englisch-Lexika jener Zeit verzeichneten das Verb to hack – unser deutsches hacken – noch nicht in der heutigen Nebenbedeutung to hack into a system = unberechtigt in ein fremdes System einsteigen. To hack one’s way through something heißt sich einen Weg durch etwas schlagen.
Wahrscheinlich hat diese Redewendung zu dem Spezialbegriff der Computerbranche geführt, den wir nun – weil kurz und griffig – wie selbstverständlich aus dem Englischen übernommen haben. Dabei gibt es allerdings das Problem, dass wir zum sofortigen Verstehen ein gesprochenes ä mitdenken müssen.
Beim Hackepeter müssen wir das nicht. Das ist einfach eine feine Berliner Spezialität aus Gehacktem – und es wäre verhext, wenn dieser Hackepeter irgendwann auf irgendeine Rote Liste käme.
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