Damit ist ein altes Problem angesprochen, das wir jetzt hier und heute am Heiligabend – um den Weihnachtsfrieden nicht zu gefährden – unter Hintanstellung gewichtigerer Themen aufgreifen wollen: Alles Zanken ist müßig. Dialekte sperren sich nun mal gegen exakte Schreibweisen, weil die Aussprache von bestimmten Begriffen manchmal sogar von Dorf zu Dorf variiert und sich damit – geschwollen ausgedrückt – die Laut-Buchstaben-Zuordnung verkompliziert. In unserem speziellen Fall ist je nach Landschaft im Süden vieles möglich: von Brötle über Brötla, Brötli, Bretle, Bretla, Bretli, Bredle, Bredla bis Bredli.
Aber noch viel mehr ist möglich, wenn es generell um die Benennung von Weihnachtsgebäck geht. Denn wir kennen ja nicht nur die Bredla. Es gibt Landstriche, in denen man von Gutsle (Guatsle, Gutsele, Gutsi) spricht – und auch schnell Glaubenskriege ausbrechen, weil die einen darunter nur Bonbons verstehen, die anderen aber Bonbons und Weihnachtsgebäck, kurz: alles, was süß ist und vor allem gut. Deswegen Gutsle.
Während hier die Herleitung des Wortes einfach ist, wird es beim Plätzchen schwieriger. Und bevor jetzt manche Südlichter aufschreien, weil das Plätzchen ja ohnehin von nördlich der Mainlinie komme und deswegen in diese Erörterung nicht hineingehöre, sei festgehalten: Es gibt auch schwäbische Regionen, in denen man von Plätzle spricht. Ob dieses Wort nun von Platz = flacher, runder Kuchen und damit von lateinisch placenta = Kuchen herrührt oder eine Verkleinerungsform von Platz im Sinn von runder Fleck ist, was auch im ordinären schwäbischen Bletz steckt, lässt sich allerdings nicht klar sagen.
Klar ist wiederum, dass Plätzchen keine Teilchen sind, was man als Süddeutscher ja mutmaßen könnte. Kollegen mit rheinischem Migrationshintergrund erklären einem gerne, dass es sich bei Teilchen – trotz des irreführenden Diminutivs – eher um etwas größere Gebäckstücke handelt, größer allemal als alle jene beliebten Vertreter aus der Plätzchenfamilie von den Anisbrötchen über die Vanillekipferl, Springerle, Spekulatius und Kokosmakronen bis zu den Zimtsternen.
Wobei eines noch am Rande erwähnt sei: Bei einem Teilchenbeschleuniger handelt es sich natürlich nicht um eine Maschine, in der süßes Naschwerk auf aberwitzige Umlaufbahnen gejagt wird. Da geht es vielmehr um Elementarteilchen, um Ionen, Elektronen, Protonen, Neutronen – und nicht um Makronen.
Weitere elementare Anmerkungen zur Etymologie des vorweihnachtlichen Backens müssen jetzt aus Platzgründen unterbleiben. Biskuits, Kekse, Konfekt, Printen – ein weites Kochfeld. Aber ein wichtiges Thema sei zumindest kurz angesprochen: Schmecken soll das Ganze ja auch noch. Und das bringt Eduard Mörike am Ende eines längeren Gedichts über die Herstellung von Frankfurter Printen auf den Punkt:
"Zuletzt – das wird der Sache frommenGuten Appetit!
den Bäcker scharf in Pflicht genommen,
dass sie schön gelb vom Ofen kommen!"
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